Ansprache von Nuntius Eterovic beim Empfang anlässlich des elften Jahrestages der Wahl Seiner Heiligkeit Papst Franziskus zum Nachfolger Petri

Apostolische Nuntiatur, 13. März 2024

Exzellenzen,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Brüder und Schwestern!

„Es gibt ein Wort, das an den beiden wichtigsten christlichen Festen in besonderer Weise erklingt. Wir hören es im Gesang der Engel, die in der Nacht die Geburt des Erlösers verkünden, und wir vernehmen es aus dem Mund des auferstandenen Jesus: Es ist das Wort „Frieden“. Er ist in erster Linie ein Geschenk Gottes. Er ist es, der uns seinen Frieden hinterlässt (vgl. Joh 14,27); aber gleichzeitig liegt er auch in unserer Verantwortung: »Selig, die Frieden stiften« (Mt 5,9). Arbeiten für den Frieden. Ein Wort, das so zerbrechlich und gleichzeitig so anspruchsvoll und bedeutsam ist. Ihm möchte ich unsere heutige Betrachtung widmen, in einem Moment der Geschichte, in dem er zunehmend bedroht, geschwächt und zum Teil verloren ist. Schließlich ist es die Aufgabe des Heiligen Stuhls, innerhalb der internationalen Gemeinschaft eine prophetische Stimme zu sein und an das Gewissen zu appellieren“ . So hat sich Papst Franziskus vor den Mitgliedern des Diplomatischen Corps beim Heiligen Stuhl am 8. Januar 2024 geäußert. Der Friede ist also ein Geschenk Gottes, aber auch eine allen Menschen guten Willens anvertraute Aufgabe. Leider scheinen in der gegenwärtigen Welt die Kriegshetzer, die Rufer nach den Waffen und nach Gewaltanwendung lauter als die Mahner zum Frieden, zur Abrüstung und zum Dialog zu sein. Papst Franziskus und der Heilige Stuhl geben der Kriegsmentalität nicht nach und hören nicht auf, das Evangelium des Friedens „ob gelegen oder ungelegen“ (2 Tim 4,2) zu verkünden. Angesichts so viel Gewalt, zahlreicher Konflikte und Kriege weltweit setzt sich Papst Franziskus seit elf Jahren auch über die Arbeit des Heiligen Stuhls in Respekt vor den Menschenrechten und den Rechten der Nationen im Kontext des Völkerrechts für den Frieden ein.

Die Zahl kriegerischer Auseinandersetzungen geben leider Papst Franziskus recht, wenn er feststellt: „Die Welt wird von immer mehr Konflikten heimgesucht, die das, was ich wiederholt als ‚dritten Weltkrieg in Stücken‘ bezeichnet habe, langsam in einen echten globalen Konflikt verwandeln“ (a.a.O., ebd.). Wir könnten inzwischen von einer Weltkarte der Konflikte sprechen. Einige, wie jene in Ukraine und dem Nahen Osten, ziehen größere Aufmerksamkeit auf sich, während andere leider von weniger Interesse für die weltweiten Kommunikationsmittel sind.

Dem Gedankengang von Papst Franziskus folgend, möchte ich einige Konflikte der jeweiligen Kontinente nennen.

Asien. Über die Situation im Nahen Osten hinaus muss an Armenien und Aserbaidschan erinnert werden. Der Papst hat hierzu seine Besorgnis geäußert „über die angespannte Situation im Südkaukasus zwischen Armenien und Aserbaidschan.“ Er fordert „die Parteien auf, zur Unterzeichnung eines Friedensvertrags zu gelangen. Es ist dringend notwendig, eine Lösung für die dramatische humanitäre Situation der Bewohner dieser Region zu finden, die Rückkehr der Vertriebenen in ihre Heimat auf legale und sichere Weise zu ermöglichen und die Andachtsstätten der verschiedenen dort ansässigen Religionsgemeinschaften zu achten. Solche Schritte könnten dazu beitragen, im Hinblick auf den lang ersehnten Frieden ein Klima des Vertrauens zwischen den beiden Ländern zu schaffen“ (a.a.O., ebd.).

Mit Blick auf den asiatischen Kontinent lenkt Papst Franziskus die Aufmerksamkeit auch auf Myanmar und bittet darum, „dass alle Anstrengungen unternommen werden, um diesem Gebiet Hoffnung zu geben und den jungen Generationen eine würdige Zukunft zu ermöglichen, ohne dabei die humanitäre Notlage zu vergessen, von der die Rohingya immer noch betroffen sind“ (a.a.O., ebd.).

Afrika. Der Heilige Vater Franziskus führt an erster Stelle „das Leid von Millionen von Menschen vor Augen, die unter den vielfältigen humanitären Krisen leiden, in denen sich verschiedene Länder südlich der Sahara befinden. Diese sind bedingt durch den internationalen Terrorismus, die komplexen soziopolitischen Probleme und die verheerenden Auswirkungen, die vom Klimawandel hervorgerufen wurden, zu denen noch die Folgen von Militärputschen in einigen Ländern und von bestimmten Wahlprozessen kommen, die von Korruption, Einschüchterung und Gewalt geprägt sind“ (a.a.O. ebd.).

In der Folge bekräftigt er seinen Appell „für ein ernsthaftes Engagement aller Beteiligten bei der Umsetzung des Abkommens von Pretoria vom November 2022, das die Kämpfe in Tigray beendete, und ebenso bei der Suche nach friedlichen Lösungen für die Spannungen und die Gewalt in Äthiopien sowie für den Dialog, den Frieden und Stabilität zwischen den Ländern am Horn von Afrika“ (a.a.O., ebd.).

Der Papst versäumt nicht, „an die dramatischen Ereignisse im Sudan [zu] erinnern, wo es nach Monaten des Bürgerkriegs leider immer noch keinen Ausweg gibt, sowie an die Situation der Vertriebenen in Kamerun, Mosambik, der Demokratischen Republik Kongo und im Südsudan“ (a.a.O., ebd.).

Amerika. Mit Blick auf diesen Kontinent bemerkt Papst Franziskus: „Obwohl es auf dem amerikanischen Kontinent keine offenen Kriege gibt, herrschen zwischen einigen Ländern starke Spannungen, z.B. zwischen Venezuela und Guyana, während wir in anderen Ländern, wie z.B. Peru, eine Polarisierung beobachten, die den sozialen Frieden gefährdet und die demokratischen Institutionen schwächt“ (a.a.O., ebd.).

Der Papst lenkt den Blick vor allem auf Nicaragua, auf ein Land, dessen Situation Anlass zur Sorge gibt, denn es herrscht dort „eine anhaltende Krise mit schmerzhaften Folgen für die gesamte nicaraguanische Gesellschaft und insbesondere für die katholische Kirche. Der Heilige Stuhl hört nicht auf, zu einem respektvollen diplomatischen Dialog zum Wohle der Katholiken und der gesamten Bevölkerung aufzurufen“ (a.a.O., ebd.).

Zwei Situationen erfüllen den Heiligen Stuhl mit besonderer Sorge:

Europa. Vor allem der Krieg in Ukraine erfüllt mit Besorgnis. Hierzu sagte Papst Franziskus: „Leider hat nach fast zwei Jahren des groß angelegten Krieges der Russischen Föderation gegen die Ukraine der ersehnte Frieden immer noch nicht den Weg in die Köpfe und Herzen gefunden, trotz der zahlreichen Opfer und der enormen Zerstörung. Einen Konflikt, der sich zum Nachteil von Millionen von Menschen immer mehr verfestigt, kann man nicht weiter andauern lassen, sondern man muss dieser Tragödie unter Beachtung des Völkerrechts auf dem Verhandlungsweg ein Ende setzen“ (a.a.O., ebd.).

Naher Osten. Die Sorge des Heiligen Stuhls gilt sodann dem Nahen Osten. Der Heilige Stuhl hat die grauenhaften Attentate auf die Zivilbevölkerung in Israel vom 7. Oktober 2023 verurteilt, auf die eine harte militärische Antwort Israels folgte. Hierzu sagte Papst Franziskus: „Ich kann an dieser Stelle nicht umhin, erneut meine Besorgnis über die Geschehnisse in Palästina und Israel zum Ausdruck zu bringen. Wir alle waren schockiert über den Terroranschlag gegen die Bevölkerung in Israel am 7. Oktober, bei dem so viele unschuldige Menschen auf grausame Art und Weise verletzt, misshandelt und getötet und viele als Geiseln genommen wurden. Ich wiederhole meine Verurteilung dieser Aktion und aller Formen des Terrorismus und Extremismus: Dadurch werden die Probleme zwischen den Völkern nicht gelöst, sondern vielmehr verschärft, was überall Leid verursacht. Tatsächlich hat dies eine starke militärische Reaktion Israels im Gazastreifen hervorgerufen, die zum Tod von Zehntausenden von Palästinenserinnen und Palästinensern, zumeist Zivilistinnen und Zivilisten, darunter viele Kinder, Jugendliche und junge Menschen, geführt und eine äußerst ernste humanitäre Situation mit unvorstellbarem Leid verursacht hat“ (a.a.O., ebd.). In Anerkennung des Rechtes der Selbstverteidigung seitens des Staates Israel ruft der Heilige Stuhl die beiden Seiten zur Mäßigung und vor allem zum Frieden auf, wobei die sofortige Freilassung der Geiseln und die humanitäre Hilfe für die erschöpfte Bevölkerung helfen könnten, eine Waffenruhe zu vereinbaren. Mit Blick darauf äußerte sich Papst Franziskus: „Ich wiederhole meinen Appell an alle beteiligten Parteien für einen Waffenstillstand an allen Fronten, auch im Libanon, und für die sofortige Freilassung aller Geiseln in Gaza. Ich rufe dazu auf, der palästinensischen Bevölkerung humanitäre Hilfe zukommen zu lassen und Krankenhäusern, Schulen und religiösen Stätten jeden notwendigen Schutz zu gewähren“ (a.a.O., ebd.). Papst Franziskus schlägt eine Konfliktbewältigung mittels Dialog und Achtung des Völkerrechtes vor. „Ich hoffe, dass die Internationale Gemeinschaft entschlossen die Zwei-Staaten-Lösung, einen israelischen und einen palästinensischen Staat sowie einen international garantierten Sonderstatus für die Stadt Jerusalem, verfolgen wird, damit Israelis und Palästinenser endlich in Frieden und Sicherheit leben können“ (a.a.O., ebd.). Eine solche Friedenslösung hätte zwangsläufig einen positiven Einfluss auf die ganze Region. Dazu führte der Papst weiter aus: „Der derzeitige Konflikt in Gaza führt zu einer weiteren Destabilisierung einer fragilen und spannungsgeladenen Region. Insbesondere darf man das syrische Volk nicht vergessen, das in einer wirtschaftlich und politisch instabilen Situation lebt, die durch das Erdbeben im Februar 2023 noch verschlimmert wurde. Die internationale Gemeinschaft sollte die beteiligten Parteien dazu ermutigen, einen konstruktiven und ernsthaften Dialog zu führen und nach neuen Lösungen zu suchen, damit das syrische Volk nicht länger unter den internationalen Sanktionen leiden muss. Außerdem bringe ich mein Mitgefühl für die Millionen syrischer Flüchtlinge zum Ausdruck, die sich noch immer in den Nachbarländern wie Jordanien und Libanon aufhalten“ (a.a.O., ebd.).

Über die große materielle Zerstörung hinaus verursachen Kriege vor allem Opfer an Menschen. Man darf nicht vergessen, dass hinter dieser Geografie der Gewalt „vor allem Millionen von Menschen (verborgen sind) – Männer, Frauen, Väter, Mütter, Kinder - deren Gesichter uns meist unbekannt sind und die wir oft vergessen“ (a.a.O., ebd.).

Es ist außerdem unabdingbar zu unterstreichen, dass auch in Zeiten von Krieg das humanitäre Völkerrecht zu respektieren ist. „Wo die Unterscheidung zwischen militärischen und zivilen Zielen nicht mehr beachtet zu werden scheint, gibt es keinen Konflikt, der nicht am Ende auf die ein oder andere Weise unterschiedslos die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft zieht. Die Ereignisse in der Ukraine und im Gazastreifen sind ein klarer Beweis dafür. Wir dürfen nicht vergessen, dass die schweren Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht Kriegsverbrechen sind und dass es nicht ausreicht, sie aufzudecken, sondern dass es notwendig ist, sie zu verhindern. Die internationale Gemeinschaft muss sich daher stärker für den Schutz und die Umsetzung des humanitären Völkerrechts einsetzen, da dies der einzige Weg ist, die Menschenwürde in kriegerischen Konfliktsituationen zu schützen“ (a.a.O., ebd.).

Wie auch schon seine Vorgänger, setzt sich der 266. Bischof von Rom persönlich und mit dem Heiligen Stuhl für die Verkündigung des hohen Wertes des Friedens ein, vor allem mittels Bildung und Erziehung zum Frieden der Gläubigen, wie auch für die Förderung von weltweiten Friedensbemühungen. Er erinnert an erprobte Instrumente, Kontroversen zwischen Ländern zu lösen und den Frieden zu erhalten, womit gemeint ist, das Völkerrecht in gutem Glauben zu achten. Der Heilige Stuhl steht weiterhin als Vermittler zur Verfügung sofern es die Konfliktparteien wünschen. Hinsichtlich der Beziehung zwischen Ukraine und der Russischen Föderation gab es durch die Bemühungen des Heiligen Stuhls positive Zeichen durch den Austausch von Kriegsgefangenen und die Rückkehr von einigen nach Russland verbrachten ukrainischen Kindern zu ihren Eltern. Angesichts der immensen spirituellen und materiellen Bedürfnisse gibt der Heilige Stuhl sein Bestes, vor allem durch persönlichen Einsatz und Strukturen der Katholischen Kirche vor Ort, im geistlichen Beistand, oder die Verteilung von humanitären Hilfslieferungen, besonders zugunsten von schwachen und hilfsbedürftigen Menschen.

Exzellenzen, liebe Freunde, ich danke Ihnen für Ihr Kommen zu diesem Empfang zu Ehren von Papst Franziskus. Danken wir dem guten und barmherzigen Gott für den elften Jahrestag seines fruchtbaren päpstlichen Wirkens, und erbitten wir die Fülle des göttlichen Segens zu Beginn seines zwölften Jahres im Dienst als Hirte der Universalkirche, damit er mit neuer Dynamik seine wichtige Mission in Kirche und Welt fortsetzen kann. Wir alle hier wollen uns im Sinn des Evangeliums und nach dem Beispiel von Papst Franziskus immer mehr im Rahmen der Möglichkeiten und unserer Verantwortung in der Förderung für den Frieden auf allen Ebenen einsetzen.

Erheben Sie mit mir das Glas, und stoßen wir an auf das Wohl von Papst Franziskus und wünschen wir ihm noch viele Jahre. Ad multos annos.

Und so freue ich mich, sagen zu können: Das Buffet ist eröffnet. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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