Ansprache von Nuntius Eterovic beim Empfang anlässlich des siebten Jahrestages der Wahl von Papst Franziskus

Apostolische Nuntiatur, 10. März 2019

Exzellenzen,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Brüder und Schwestern!

„Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt 16,16).

Mit diesen Worten hat Simon Petrus auf die Frage des Herrn Jesus über seine Identität geantwortet: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ (Mt 16,15). In den Worten des Apostels Petrus ist seine Aufgabe und die seiner Nachfolger mit eingeschlossen. Sie sind dazu berufen, das Glaubensbekenntnis an Jesus Christus, den Menschen und Gott, im Namen der Kirche und vor der Welt zu erneuern. Unermüdlich erfüllt Papst Franziskus, der 266. Bischof von Rom, diese Aufgabe seit er am 13. März 2013 gewählt wurde. Daher sind wir Gott für den siebten Jahrestag seines fruchtbaren Pontifikats dankbar und erbitten für sein achtes Jahr im Hirtendienst der Universalkirche die Fülle des göttlichen Segens.

Die Mission eines Papstes ist wesentlich religiös, hat aber relevante soziale, kulturelle und auch politische Bezüge. Das zeigen die Initiativen, die Papst Franziskus angestoßen hat und welche die Grenzen der Katholischen Kirche übersteigen. In meinen kurzen Ausführungen möchte ich vier Aktivitäten aufzeigen.

1. Die menschliche Brüderlichkeit

Der Heilige Vater Franziskus möchte diese Wahrheit, die auf der Lehre der Bibel gründet, daß Gott den Menschen nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen hat (vgl. Gen 1,27-28), allen Menschen guten Willens vorschlagen, damit die große Würde der menschlichen Person stets neu bedacht wird. In diesem Zusammenhang ist die Unterzeichnung der Erklärung der Brüderlichkeit aller Menschen – Für ein friedliches Zusammenleben in der Welt von großer Bedeutung. Papst Franziskus und der Groß-Imam Ahmad Al-Tayyeb haben sie gemeinsam am 4. Februar 2019 in Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, unterzeichnet. Mit diesem Dokument verpflichten sich beide Seite, gemeinsam daran zu arbeiten, den Frieden in der Welt zu fördern, damit die künftigen Generationen die Möglichkeit haben, trotz aller Unterschiede in Religion, Kultur, Sprache und Herkunft in einem Klima gegenseitigen Respekts und eines gesunden Miteinanders zu leben. Ein Jahr nach der Unterzeichnung der Erklärung wurde ein Lenkungsausschuss zur Durchführung der Erklärung der Brüderlichkeit aller Menschen gebildet, dem jüdische, muslimische und christliche Mitglieder angehören. Dieser Ausschuss hat die Aufgabe, die Verwirklichung der im Dokument ins Wort gebrachten Ziele zu sichern, damit auf regionaler und internationaler Ebene die Umsetzung folgen kann. Aus diesem Grund treffen sich seine Mitglieder mit Religionsführern, den Verantwortlichen internationaler Organisationen und anderen, die wichtige Aufgaben in der Welt erfüllen. Als konkrete Initiative hat der Ausschuss unter anderem die Gründung eines Abrahamic Family House ins Auge gefasst, wo des historischen Besuches von Papst Franziskus und des Groß-Imam von Al Azhar in Abu Dhabi gedacht werden soll.

2. Globale Bildung

Der Heilige Vater Franziskus unterstützt in der Frage von Bildung und Erziehung den Education Global Compact, ein weltweiter Pakt, der dazu dienen soll, eine große Allianz von religiösen und zivilen Einrichtungen zu bilden, um die künftigen Generationen umfassend zu bilden. Ein solcher weltweiter Bildungspakt sollte in der Lage sein, „reife Menschen zu formen, die in der Lage sind, Spaltungen und Gegensätze zu überwinden und das Gefüge der Beziehungen für eine geschwisterlichere Menschheit wiederherzustellen“. Der Pakt sollte auf die Herausforderungen des epochalen Wandels, den wir erleben, Antworten geben können. „Doch jede Veränderung braucht einen Bildungsprozess, der alle einbezieht. Aus diesem Grund ist es notwendig, eine Bildungsgemeinschaft als ein ‚Dorf der Bildung‘ zu errichten, in dem wir in Vielfalt die Verpflichtung teilen, ein Netzwerk von offenen menschlichen Beziehungen aufzubauen. … In einem solchen Dorf ist es einfacher, eine globale Verständigung zu finden für eine Bildung, die in der Lage ist, eine Verbundenheit herzustellen zwischen allen Aspekten der Person: zwischen Studium und Leben; zwischen den Generationen; zwischen Lehrenden und Studierenden, zwischen den Familien und der Zivilgesellschaft mit ihren intellektuellen, wissenschaftlichen, künstlerischen, sportlichen, politischen, unternehmerischen und solidarischen Ausdrucksformen. Eine Allianz zwischen den Bewohnern der Erde und dem ‚gemeinsamen Haus‘, dem wir Sorge und Respekt schulden. Eine Allianz, die Frieden, Gerechtigkeit und Akzeptanz unter allen Völkern der Menschheitsfamilie sowie den Dialog zwischen den Religionen schafft“ (Franziskus, Botschaft zum Start des Bildungspakts, 12. September 2019). Auf Weisung des Heiligen Vaters wird die Kongregation für das katholische Bildungswesen vom 11. bis 18. Oktober 2020 eine Woche des weltweiten Bildungspaktes organisieren, zu denen Vertreter aller an diesem großen Projekt interessierten Organisationen ungeachtet ihrer nationalen, religiösen, kulturellen oder politischen Zugehörigkeit eingeladen werden.

3. Eine gerechtere und integrativere Wirtschaft

Von Beginn seines Pontifikates an hat der Heilige Vater Franziskus einen bestimmten Typ der Ökonomie kritisiert, der die schon Reichen noch reicher auf Kosten einer immer größer werdenden Zahl von Menschen macht, die in Armut leben müssen. Im Apostolischen Schreiben Evangelii gaudium schreibt er: „Ebenso wie das Gebot ‚du sollst nicht töten‘ eine deutliche Grenze setzt, um den Wert des menschlichen Lebens zu sichern, müssen wir heute ein ‚Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung und der Disparität der Einkommen‘ sagen. Diese Wirtschaft tötet“ (EG 53). Indem er sich an die Politiker wendet, fährt Papst Franziskus fort: „Eine Finanzreform, welche die Ethik nicht ignoriert, würde einen energischen Wechsel der Grundeinstellung der politischen Führungskräfte erfordern, die ich aufrufe, diese Herausforderung mit Entschiedenheit und Weitblick anzunehmen, natürlich ohne die Besonderheit eines jeden Kontextes zu übersehen. Das Geld muss dienen und nicht regieren! Der Papst liebt alle, Reiche und Arme, doch im Namen Christi hat er die Pflicht daran zu erinnern, dass die Reichen den Armen helfen, sie achten und fördern müssen. Ich ermahne euch zur uneigennützigen Solidarität und zu einer Rückkehr von Wirtschaft und Finanzleben zu einer Ethik zugunsten des Menschen“ (EG 58). Der Bischof von Rom belässt es nicht dabei, das Wirtschaftssystem, das so viel Ungerechtigkeit hervorbringt, zu kritisieren, sondern er möchte auch tätig werden. Aus diesem Grund hat er Experten zu einem Treffen nach Assisi eingeladen, um nach gangbaren neuen Wegen auf wirtschaftlichem Gebiet zu suchen. In seiner Botschaft zur Fastenzeit 2020 schreibt Papst Franziskus: „Auch heute ist es wichtig, alle Männer und Frauen guten Willens aufzurufen, etwas von ihrem Besitz an die Bedürftigsten weiterzugeben. Solche Almosen sind eine Form der persönlichen Teilnahme am Aufbau einer gerechteren Welt. Das Teilen aufgrund der Nächstenliebe macht den Menschen menschlicher; das Anhäufen droht ihn hässlich zu machen, weil es ihn in seinem Egoismus einschließt. Angesichts der strukturellen Dimensionen der Wirtschaft können und müssen wir noch weitergehen“ (Nr. 4). Nach diesem Aufruf erläutert Seine Heiligkeit die Initiative von Assisi zum 21. November 2020, denn er hat „junge Ökonomen, Unternehmer und Changemakers nach Assisi eingeladen, um zum Entwurf einer Wirtschaft beizutragen, die gerechter und integrativer als die derzeitige ist. Wie das kirchliche Lehramt mehrfach wiederholt hat, ist die Politik eine herausragende Form der Nächstenliebe (vgl. Pius XI., Ansprache an die FUCI [Federazione Universitaria Cattolica Italiana], 18. Dezember 1927). Dasselbe wird man von der Wirtschaft sagen können, wenn sie sich auf eben diesen Geist des Evangeliums einlässt, auf den Geist der Seligpreisungen“ (ebd.).

4. Integrative Ökologie

Dem Thema der Ökologie hat Papst Franziskus die Enzyklika Laudato si‘ gewidmet, die am 24. Mai 2015 veröffentlicht wurde. Erneut hat er dieses Thema im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Querida Amazonia vom 2. Februar 2020 aufgegriffen. Dabei werden die Ergebnisse der Bischofssynode vom 6. bis 27. Oktober 2019 in Rom zum Thema: Amazonien - neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie aufgegriffen. In Querida Amazonia entwickelt der Heilige Vater vier Visionen: sozial, kulturell, ökologisch und kirchlich. Das Dokument hat an erster Stelle das Amazonasbecken im Blick, das neun Länder umfaßt: Brasilien, Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Guyana, Peru, Surinam, Venezuela und Französisch Guyana. Doch es ist für die ganze Welt aktuell, insbesondere mit Blick auf die Ökologie. Hierzu zitiert Papst Franziskus seinen Vorgänger Benedikt XVI., um aufzuzeigen, daß die Sorge um die Schöpfung das kirchliche Lehramt schon länger beschäftigt: „In Amazonien versteht man die Worte Benedikts XVI. besser, als er sagte: »Neben der Ökologie der Natur gibt es also auch eine — wie man es ausdrücken könnte — ‚Humanökologie‘, die ihrerseits eine ‚Sozialökologie‘ erfordert. Und das bedeutet, dass sich die Menschheit […] die bestehenden Verbindungen zwischen der Natur-Ökologie — also der Rücksicht auf die Natur — und der auf den Menschen bezogenen Ökologie immer mehr vor Augen halten muss.« Das Beharren darauf, dass »alles miteinander verbunden ist«, gilt besonders für ein Gebiet wie Amazonien“ (QA 41). „Das Gleichgewicht des Planeten“, so Papst Franziskus, „hängt auch von der Gesundheit Amazoniens ab. Zusammen mit den Biomen in Kongo und Borneo beeindruckt es durch die Diversität seiner Wälder, von denen auch die Regenzyklen abhängen, das Gleichgewicht des Klimas und eine große Vielfalt von Lebewesen. Es funktioniert als ein großer Kohlendioxydfilter, der hilft, die Erderwärmung zu vermeiden. Zum großen Teil ist der Boden arm an Humus, weshalb der Wald »in Wirklichkeit auf dem Boden und nicht aus dem Boden wächst«. Wenn der Wald abgeholzt wird, ist er nicht zu ersetzen, es bleibt ein Gebiet mit wenigen Nährstoffen zurück, das sich in ein wüstenartiges und vegetationsarmes Areal verwandelt. Das ist schwerwiegend, weil im Inneren des Amazonaswaldes unzählige Ressourcen bestehen, die für die Behandlung von Krankheiten unverzichtbar sein könnten. Seine Fische, Früchte und die anderen üppigen Gaben bereichern die menschliche Ernährung. Darüber hinaus erweist sich in einem Ökosystem wie dem Amazoniens der Beitrag jedes einzelnen Bestandteils in der Bewahrung des Gesamten als unerlässlich. Auch die Küstenregionen und die Meeresvegetation bedürfen der Nährstoffe, die der Amazonas herbeischwemmt“ (QA 48). Das bedeutet, wer Amazonasregion zu bewahren hilft, der wirkt daran mit, einen unverzichtbaren Teil des Ökosystems unserer Welt zu retten.

Es handelt sich hierbei um eine komplexe Aufgabe, welche die Mitarbeit von Verantwortlichen verschiedenster Ebenen braucht. Doch eine ganzheitliche Ökologie erfordert nicht nur politische Entscheidungen oder technische, rechtliche und soziale Lösungen. „Die große Ökologie bezieht immer einen erzieherischen Aspekt ein, der die Entwicklung von neuen Haltungen in den Personen und Menschengruppen anregt. Leider haben viele Bewohner Amazoniens Gewohnheiten angenommen, die für die Großstädte typisch sind, wo der Konsumismus und die Wegwerfkultur schon sehr verwurzelt sind. Es wird keine gesunde und nachhaltige Ökologie geben, die fähig ist, etwas zu verändern, wenn die Personen sich nicht ändern, wenn man sie nicht dazu anspornt, einen anderen Lebensstil anzunehmen, der weniger unersättlich ist, ruhiger, respektvoller, weniger ängstlich besorgt und brüderlicher“ (QA 58).

Die Katholische Kirche ist bereit, beginnend mit Amazonien, ihren Beitrag zur Umsetzung einer ganzheitlichen Ökologie zu leisten. Hierzu schreibt Papst Franziskus: „Die Kirche wünscht mit ihrer langen geistlichen Erfahrung, mit ihrem erneuerten Bewusstsein über den Wert der Schöpfung, mit ihrer Sorge um die Gerechtigkeit, mit ihrer Option für die Geringsten, mit ihrer erzieherischen Tradition und ihrer Geschichte der Inkarnation in so verschiedenen Kulturen auf der ganzen Welt ebenso ihren Beitrag zur Bewahrung Amazoniens und zu seinem Wachstum zu leisten“ (QA 60).

Exzellenzen, meine Damen und Herren, ich danke Ihnen, daß Sie der Einladung zu diesem Empfang zu Ehren des Heiligen Vaters Franziskus gefolgt sind. Ich möchte Sie ermuntern, sich bei der Verwirklichung dieser vier Projekte, die Papst Franziskus am Herzen liegen, je nach Ihrer Verantwortung und Ihren Möglichkeiten einzusetzen. Denn wir alle brauchen die menschliche Brüderlichkeit, vor allem für die Gläubigen, die unterschiedlichen Religionen angehören; die weltweite Bildung, die maßgeblich für die großen Herausforderungen der heutigen Welt sein wird; eine gerechtere und integrativere Wirtschaft, um die große Kluft zwischen wenigen Reichen und vielen Armen radikal zu vermindern, und eine ganzheitliche Ökologie, die beim Menschen als Mitte der Schöpfung beginnen und sich dann auf die ganze Welt hin ausbreiten sollte, denn die Erde ist das gemeinsame Haus aller Menschen (vgl. Laudato si‘ 1).

„Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt 16,16). Das Glaubensbekenntnis des Apostels Petrus und seiner Nachfolger hat nicht nur eine religiöse Dimension. Dies hat sie an erster Stelle. Doch lassen sich hieraus, wie schon gesagt, auch wichtige Indikatoren sozialer und politischer Art ziehen. Nicht zuletzt gilt zu bemerken, daß sich die Soziallehre der Kirche auf die Offenbarung Gottes gründet, die in der Bibel und in der lebendigen kirchlichen Tradition aufbewahrt ist. So wollen wir dem dreieinen Gott für das Geschenk danken, das er der Kirche in der Person des Heiligen Vaters Franziskus gemacht hat. Beten wir, daß er seine wichtige Mission in Kirche und Welt mit immer neuer Kraft erfüllen kann.
Erheben Sie mit mir Ihr Glas und trinken wir auf das Wohl von Papst Franziskus: ad multos annos.



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