Ansprache von Nuntius Eterovic beim Festakt zum 475-jährigen Gründungsjubiläums des Collegium ecclesiasticum Sancti Hieronymi in Dillingen
Goldener Saal in Dillingen, 13. April 2024
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
mit Freude bin ich der Einladung in das schöne Dillingen an der Donau gefolgt, um an die Gründung des Collegiums Sancti Hieronymi vor 475 Jahren zu erinnern, woraus die zu ihrer Zeit bekannte Universität wurde, die bis zum Jahre 1803 existierte. Die Gründung der Universität durch Papst Julius III. im Jahr 1551 und die Bestätigung durch Kaiser Karl V. im Jahr 1553 zeigt die Bedeutung, die diese akademische Einrichtung hatte und als erste Volluniversität der Jesuiten auf dem Boden des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation einmal erlangen sollte. Der Goldene Saal, wo wir zu diesem Festakt zusammengekommen sind, gibt in der Pracht des Rokoko davon Zeugnis. Es ist daher ein schönes Zeichen der Verbundenheit, wenn der heutige Hausherr der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung, Herr Dr. Alfred Kotter, uns hier willkommen heißt.
Die Stadt Dillingen in Schwaben gehörte bis ins Jahr 1802 zum Hochstift Augsburg, weswegen der Bischof von Augsburg, Kardinal Otto Truchseß von Waldburg, das Collegium des heiligen Hieronymus in dieser Stadt gegründet hat. Ich bin dem Oberbürgermeister von Dillingen, Herrn Franz Kunz, dankbar, dass ich heute in Ihrer schönen Stadt sein darf. In diesen Dank schließe ich herzlich die Regierungspräsidentin von Schwaben, Frau Barbara Schretter, ein. Ich bin nicht zum ersten Mal in diesem bedeutenden Regierungsbezirk von Bayern, sondern war auch im Jahr 2022 in Bad Wörishofen, um Pfarrer Sebastian Kneipp zu ehren.
Nachdem die Universität Dillingen im Zuge der Säkularisation im Jahr 1803 aufgelöst und sodann vom Landesherrn, Kurfürst Maximilian IV., als akademisches Lyzeum neu gegründet wurde, folgte diesem im Jahr 1923 die Philosophisch-Theologische Hochschule Dillingen, die im Jahr 1971 im Katholisch-Theologischen Fachbereich der neugegründeten Universität Augsburg aufging. Wenn heute der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät in Augsburg, Herr Prof. Dr. Wolfgang Vogl, unter uns ist, zeigt dies, wie sehr die Suche nach der Wahrheit auch unter allen strukturellen und örtlichen Veränderungen kontinuierlich betrieben wird.
Die Gründungszeit des Kollegs und späteren Universität Dillingen fällt in eine bewegte Zeit. Die Reformation in Deutschland machte darauf aufmerksam, wie wenig der Klerus geistig und geistlich gebildet war. Insofern war die Priesterbildung dem Konzil von Trient ein Anliegen, dem Kardinal von Waldburg Rechnung getragen hatte, indem er diese Bildungseinrichtung ins Leben gerufen hat. Dass ich heute hier bin, verdanke ich der Einladung von Hochwürdigen Herrn Stadtpfarrer und Domkapitular Mons. Harald Heinrich. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken.
Nachdem wir eben in der Studienkirche Mariä Himmelfahrt und somit nahe des Grabes von Kardinal von Waldburg die Feier der Vesper gehalten haben, möchte ich nunmehr einen Gedanken aufgreifen, der mir beim Betrachten des Wappens der Universität Dillingen in den Sinn kam und wofür ich als Überschrift ein Wort aus der Offenbarung des Johannes gewählt habe, das heißt:
„Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an“ (Offb 3,20).
Das Wort an die Gemeinde in Laodizea erinnert an den Hammer im Wappen der Universität Dillingen. Dieses ungewöhnliche Werkzeug in einem universitären Wappen weist hin auf die Eröffnung des Heiligen Jahres im Jahr 1550. Den Hammer, den Papst Julius III. dabei benutzt hat, schenkte er dem Stifter der Universität Dillingen, Kardinal Otto Truchseß von Waldburg. Für feierliche Anlässe wurde dieser Hammer der Universität überlassen. Hierzu passt sodann das Schriftwort im oberen Teil des Wappens, das auf den Heiligen Geist anspielt, und dem Propheten Jeremia entnommen ist: „Ist nicht mein Wort so: wie Feuer - Spruch des Herrn - und wie ein Hammer, der Felsen zerschmettert?“ (Jer 23,29).
Der heilige Hieronymus, der Patron des Kollegs in Dillingen, ist bis heute der zeitlose Zeuge einer Liebe zum Wort Gottes, das er zu seiner Zeit in die Sprache des Volkes übersetzt hatte – in die lateinische Sprache. Der heilige Hieronymus wurde in meiner Heimat Dalmatien geboren, was heute eine Provinz Kroatiens ist, und wird bis heute als Dalmatiens großer Schutzpatron verehrt. Seit meiner Jugend fasziniert mich dieser große Heilige mit seinem starken Charakter, denn er ist auch der Patron meiner Heimatpfarrkirche in Pučišća auf der Insel Brač. Diese Nähe zum heiligen Kirchenlehrer eint mich umso mehr mit Euch und mit dieser so bedeutsamen akademischen Einrichtung. Der Heilige Vater Franziskus hat aus Anlass seines 1.600 Todestages im Jahre 2020 in einem Apostolischen Schreiben hervorgehoben: „Der besondere Wesenszug der geistlichen Gestalt des heiligen Hieronymus ist und bleibt zweifellos seine leidenschaftliche Liebe zum Wort Gottes, das der Kirche in der Heiligen Schrift überliefert ist“ (Papst Franziskus, Scripturae Sacrae Affectus, 30. September 2020). Seine Hingabe an das Wort Gottes ist der Liebe zum dreifaltigen Gott geschuldet, der im Logos Fleisch geworden ist. Die Liebe zu Christus, dem fleischgewordenen Wort, gibt ihm die Kraft mit prophetischer Leidenschaft für die Wahrheit einzutreten, worauf Papst Franziskus hinweist und sagt: „In der Intensität der Worte und der Bilder kommt der Mut des Dieners zum Ausdruck, der nicht den Menschen, sondern ausschließlich seinem Herrn gefallen will“ (a.a.O.ebd.).
Ein Jahr nach dem Heiligen Jahr 1550 erhebt Papst Julius III. das Dillinger Kolleg zur Universität. Wenn wir in diesem Jahr der Gründung vor 475 Jahren gedenken, so befinden wir uns in der Vorbereitung auf das Heilige Jahr 2025, das der Heilige Vater Franziskus in der Heiligen Nacht zum Hohen Weihnachtsfest 2024 in St. Peter in Rom eröffnen wird. Unter dem Leitwort Pilger der Hoffnung sind die katholischen Christen in besonderer Weise eingeladen, nach Rom zu pilgern und die dortigen Gnadenorte aufzusuchen. Der Hammer im Wappen der Universität Dillingen könnten also das Symbol für den sein, der an der Tür steht und anklopft und dazu auffordert: „Mach also Ernst und kehr um“ (Offb 3,19). Und die Hoffnung der Pilgerschaft liegt dann darin, dass Ihm, der anklopft, die Tür geöffnet wird, weil seine Stimme erkannt wurde. “Bei dem werde ich eintreten und Mahl mit ihm halten und er mit mir“ (Offb 3,20).
Das 475-jährige Jubiläum der Gründung des Collegium Sancti Hieronymi und die wechselvolle Geschichte der dann bedeutenden Universität des Jesuitenordens lässt uns innewerden, dass es letztlich nicht um Orte oder Strukturen geht, sondern um die Suche nach Wahrheit in Weisheit. Die Universität Dillingen war hierfür ein exzellenter Ort. Dafür können wir dankbar sein.
Lassen Sie mich zum Ende ein Wort des Heiligen Vaters Franziskus aufgreifen, wenn es um das Ziel einer christlichen Berufung geht. Sie besteht nach den Worten des Papstes darin: „Männer und Frauen der Hoffnung zu werden“ und dieses Jahr als Vorbereitung auf das Heilige Jahr 2025 zu nutzen: „In diesem Jahr 2024, das eben dem Gebet zur Vorbereitung des Jubiläums gewidmet ist, sind wir aufgerufen, das unschätzbare Geschenk wiederzuentdecken, mit dem Herrn von Herz zu Herz in Dialog treten zu können und so zu Pilgern der Hoffnung zu werden, denn das Gebet ist die erste Kraft der Hoffnung. Du betest, und die Hoffnung wächst, sie geht voran. Ich würde sagen, dass das Gebet die Tür zur Hoffnung öffnet. Die Hoffnung ist da, aber mit meinem Gebet öffne ich die Tür“ (Papst Franziskus, Botschaft zum 61. Weltgebetstag um geistliche Berufungen, 21. April 2024).
In diesem Sinne, meine sehr geehrten Damen und Herren, wollen wir unsere Herzen öffnen, wie auch die Tore dieser verehrten Stadt Dillingen, um auf das Wort des auferstandenen Herrn zu hören: „Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an“ (Offb 3,20). Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.