Grußwort von Nuntius Eterovic beim Empfang der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel für das Diplomatische Corps

Schloß Meseberg, 9. Juli 2019

Exzellenz!
Verehrte Frau Bundeskanzlerin!

Im Namen des in der Bundesrepublik Deutschland akkreditierten Diplomatischen Corps danke ich Ihnen für die Einladung zur Begegnung hier in Schloss Meseberg, was nunmehr zu einer jährlich wiederkehrenden Tradition geworden ist. Ich freue mich, Ihnen in besonderer Weise die herzlichen Grüße von siebenunddreißig Kolleginnen und Kollegen Botschafter zu übermitteln, die zum ersten Mal an diesem Empfang teilnehmen. Ihrer Exzellenz bin ich dankbar für die Informationen zu den wichtigen Punkten der Innen- und Außenpolitik der von Ihnen so weise geführten Regierung der Bundesrepublik Deutschland. Sie sind für unsere diplomatische Mission hilfreich, denn wir sind daran interessiert, die politische und soziale Situation des Landes, in welchem wir unseren Dienst ausüben, gut zu verstehen. Je besser wir das können, umso mehr sind wir auch in der Lage, unseren Beitrag zur Stärkung der gegenseitigen Beziehungen auf bilateraler und multilateraler Ebene zu leisten. Wir sind uns dabei der wichtigen Rolle bewußt, die Deutschland im Kreis der Nationen und insbesondere in der Europäischen Union einnimmt.

Innenpolitik: Mit Blick auf die Innenpolitik werden von den Botschaftern die demokratischen Wahlen mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt. Hierbei zeichnet sich Deutschland besonders durch seine föderale Struktur aus. Wie bei allen Ländern der Europäischen Union haben wir die Ergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament des vergangenen Mai in Deutschland verfolgt. Damit verbindet sich die nicht einfache Aufgabe, die führenden Funktionen der Europäischen Union für die kommenden fünf Jahre neu zu besetzen. Bei den Ländern haben wir das Wahlergebnis in Bremen zur Kenntnis genommen. In den kommenden Monaten wird es Wahlen in den Bundesländern Brandenburg und Sachsen am 1. September, in Thüringen am 17. Oktober und in Hamburg am 23. Februar 2020 geben.

Die Wahlergebnisse bestimmen die Bildung der Regierungen der einzelnen Länder, haben aber auch Einfluss auf die Bundesebene. Es braucht weitere Anstrengungen im Dialog, im gegenseitigen Respekt und im Kampf gegen jede Form von Extremismus, um solch‘ tragische Ereignisse wie die Ermordung des Regierungspräsidenten von Kassel, Herrn Walter Lübcke, zukünftig zu verhindern. Dafür müssen jede Form von Intoleranz und Gewalt, wie auch jede Art von Antisemitismus und der Phobien vor dem Christentum und dem Islam mit der Wurzel ausgerissen werden. Um dies zu erreichen, müssen alle sozialen, politischen und religiösen Kräfte zusammenarbeiten.

Die Phänomene von Intoleranz und Gewalt, die bisher nicht flächendeckend überall auftreten, stehen nicht im Zusammenhang mit der ökonomischen Situation, die sich in Deutschland positiv darstellt. Das zeigen die statistischen Daten. So ist zum Beispiel nach Angaben des Statistischen Bundesamtes das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2019 um 0,9 Prozent gestiegen. Die Arbeitslosenquote betrug im Juni 2019 4,9 Prozent.

Außenpolitik: Was die Außenpolitik angeht, so muss man festhalten, daß Deutschland auch weiterhin eine bedeutende Rolle bei der Förderung des Friedens in der Welt spielt. Ein konkretes Zeichen hierfür ist die Zahl von 3.100 Soldatinnen und Soldaten, sowie 190 Polizisten, Männer und Frauen, die bei verschiedenen Friedensmissionen im Einsatz sind. Dieses Engagement wurde intensiviert, seit Deutschland nichtständiges Mitglied im Weltsicherheitsrat ist. Mit Blick darauf danke ich im Namen aller Damen und Herren Kollegen für den Einsatz Deutschlands bei der Suche nach der Lösung von bereits bestehenden oder jüngst entstandenen Konflikten. Hier lassen sich für die einzelnen Kontinente einige erwähnen: in Amerika zum Beispiel Venezuela, in Europa die Ukraine, in Afrika Libyen, im Mittleren Osten die Kriege in Syrien und dem Jemen und in Asien der Iran. Eine der grundlegenden Bedingungen für die Stabilisierung des Friedens ist die Achtung des Internationalen Rechts, wie auch die Einhaltung bestehender Vereinbarungen gemäß dem lateinischen Grundsatz: Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten. Einseitige Beschlüsse, vor allem mit Gewalt aufgezwungene, verursachen vielfachen Schaden, nicht zuletzt auf multilateraler Ebene, besonders in einer immer mehr globalisierten Welt.

Die Folgen von Gewalt und Krieg sind unter anderem die Destabilisierung benachbarter Länder oder ganzer Regionen, aber auch das Phänomen der erzwungenen Migration. Daher wäre es dringend geboten, eine politische Lösung für diese Länder und zum Wohl ganzer Regionen zu finden. Das hätte auch positive Auswirkungen für die europäischen Länder, insofern man die Flüchtlingsströme besser kontrollieren und den Menschenhandel und somit die Tragödie so vieler Toter im Mittelmeer vermindern könnte. Nach Angaben des Hohen Kommissars für Flüchtlinge der Vereinten Nationen (UNHCR) sind im Jahr 2018 2.275 Menschen im Mittelmeer umgekommen. Das sind etwa sechs Menschen pro Tag! Im UNHCR-Bericht zu Weltflüchtlingszahlen für das Jahr 2018 (Global Trends. Forced Displacement) werden weltweit 70,8 Millionen Migranten aufgeführt, von denen 41,3 Millionen im jeweils eigenen Land auf der Flucht sind, während 3,5 Millionen Asyl beantragen. Hinsichtlich der Herkunftsländer kommen 67 Prozent der Flüchtlinge aus fünf Ländern: Syrien (6,7 Millionen), Afghanistan (2,7 Millionen), dem Süd-Sudan (2,3 Millionen), Myanmar (1,1 Millionen) und Somalia (900.000). Die Länder, die am meisten Flüchtlinge aufgenommen haben, sind: die Türkei (3,7 Millionen), Pakistan (1,4 Millionen), Uganda (1,2 Millionen), der Sudan (1,1 Millionen) und Deutschland (1,1 Millionen). Mit 949.666 aufgenommenen Flüchtlingen hat der Libanon die meisten Menschen im Vergleich zur Einwohnerzahl aufgenommen: auf 1.000 Einwohner kommen 156 Flüchtlinge. Auch diese statistischen Angaben zeigen, daß es sich um ein weltweites Problem handelt, mit dem alle Länder konfrontiert werden müssen, um angemessene Lösungen zu finden.

Verehrte Frau Bundeskanzlerin, ich möchte nicht enden, ohne Ihnen persönlich und der deutschen Bundesregierung für die weitere Konkretisierung des Marshallplans mit Afrika zu danken, der zu einer ganzheitlichen Entwicklung des großen afrikanischen Kontinents beitragen soll. Ebenso gilt unser Dank dem Einsatz im Kampf gegen die Erderwärmung, sei es auf deutscher, auf europäischer oder weltweiter Ebene.

Im Namen der Mitglieder des Diplomatischen Corps wünsche ich Ihnen und der Regierung, der Sie vorstehen, Erfolg bei der edlen Mission, die immer wesentlicher angesichts der Komplexität der heutigen Welt wird. Auf nationaler Ebene wünschen wir, daß der materielle Wohlstand begleitet werde von einem erneuerten Dialog aller gesellschaftlichen Kräfte, um jede Diskriminierung, Intoleranz und Gewalt an den Rand zu drängen. Der Außenpolitik sei in der Förderung des Friedens Erfolg beschieden, insbesondere bei der Lösung der schweren Krisen in der gegenwärtigen Welt. Dies möge in Zusammenarbeit mit anderen Ländern, vor allem mit denen der Europäischen Union, erreicht werden. Bitte übermitteln Sie dies auch den Mitgliedern der Bundesregierung. Über Sie, Exzellenz, wenden wir uns an alle Bürger und Bewohner dieses großen Landes und wünschen ihnen allen Wohlfahrt im materiellen und spirituellen Sinn und vor und über allem den Segen Gottes.

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