Predigt des Nuntius bei der 95. Wallfahrt der Eichsfelder nach Bochum-Stiepel

(Dtn 4,32-34.39-40; Ps 33; Röm 8,14-17; Mt 28,16-20)

Dreifaltigkeitssonntag
95. Wallfahrt der Eichsfelder in der Fremde

„Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.“

 

Liebe Brüder und Schwestern!

Der Dreifaltigkeitssonntag führt uns hinein in das Geheimnis von Gott dem Vater, Sohn und Heiligem Geist. Die tiefe Wahrheit des dreieinen Gottes bliebe unserem Geist unergründlich, hätte sie uns Gott nicht selbst geoffenbart, was vielfältige Konsequenzen im Leben eines jeden Menschen und der ganzen Menschheit hat. Gott ist in seinem Wesen eins, jedoch in drei Personen, die daher eine vollkommene Gemeinschaft der Liebe bilden. Gott ist kein Solitär, sondern zeugt von Ewigkeit her den Sohn. Und diese Liebe ist der Heilige Geist, die dritte Person der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Über die erwähnten Begriffe von Wesen und Person können wir etwas über den allmächtigen, guten und barmherzigen Gott ableiten. Wir müssen jedoch anerkennen, daß unsere menschliche Erkenntnis immer nur Stückwerk im Angesicht der Größe und Unendlichkeit Gottes bleibt. Und so betont Gott selbst durch die Worte des Propheten Jesaja seine Transzendenz, welche die Vernunft des Menschen übersteigt: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und meine Wege sind nicht eure Wege – Spruch des Herrn. So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über eure Gedanken“ (Jes 55,8-9).

Seine unerreichbare Transzendenz jedoch hat Gott uns in seinem eingeborenen Sohn Jesus Christus näher gebracht und uns sein trinitarisches Leben offenbart, was für unser christliches Leben ausreichend ist. Diese Erkenntnis bleibt eine ständige Aufforderung, immer mehr in das Geheimnis Gottes einzutauchen, beginnend mit unserer Existenz in dieser Welt, das sich sodann in der Ewigkeit und in der tiefen Gemeinschaft mit Gott und allen Heiligen fortsetzen möge.

Bevor wir Gott gemeinsam für das Geheimnis der Allerheiligsten Dreifaltigkeit preisen, möchte ich Euch allen die herzlichen Grüße des Heiligen Vaters Franziskus übermitteln, den ich die Ehre habe, in der Bundesrepublik Deutschland zu vertreten. Ich grüße die Mitglieder der Eichsfelder Vereine und besonders Herrn Christian Herker als Organisator der Wallfahrt nach Bochum-Stiepel und danke für die Einladung, dieser Eucharistie aus Anlass der 95. Wallfahrt der Eichsfelder in der Fremde vorzustehen. Herzlich danke ich den Zisterziensermönchen von Kloster Stiepel für die Gastfreundschaft und die Verbundenheit. Als Zeichen unserer Einheit mit Papst Franziskus, dem Bischof von Rom und Hirten der Universalkirche, erteile ich in seinem Namen am Ende der Heiligen Messe den Apostolischen Segen. Der Segen wird ja immer im Namen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit gespendet. Dieser Segen ist das Merkmal der Unterscheidung der Christen. Wir wurden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft. Jedes unserer Gebete beginnt mit dem Kreuzzeichen, und wir erflehen den Segen Gottes für uns, den wir in den Personen von Vater, Sohn und Heiligem Geist verehren. Die Allerheiligste Dreifaltigkeit begleitet also unser persönliches und gemeinschaftliches Leben in der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche. Daher loben wir gemeinsam den dreieinen Gott.

1. Ehre sei dem Vater.

Dank der Offenbarung Jesu haben wir erkannt, daß Gott, der von Ewigkeit im Himmel thront, kein Gott in der Ferne ist, verschlossen in sich selbst, sondern ein Gott ist, der sich durch seine Beziehung zum Sohn in der Liebe des Heiligen Geistes charakterisiert. Jesus Christus spricht ihn mit dem familiären Titel an, der aus dem Aramäischen stammt: „Abba, lieber Vater“ an (vgl. Mk 14,36; Röm 8,15; Gal 4,6). Auf diese Weise hat uns Jesus die im Alten Testament beschriebene Person Gottes nahegebracht. Die erste Lesung aus dem Buch Deuteronomium bringt den Glauben der Juden an Gott zum Ausdruck, der in ihre Geschichte eingreift und dem erwählten Volk stets nahe geblieben war. Dieser Gott, der mit dem Volk einen Bund geschlossen hat, erwartet, daß allein Er verehrt wird. Durch Mose mahnt JHWH die Glieder des erwählten Volkes: „Heute sollst du erkennen und zuinnerst begreifen: Der HERR ist der Gott im Himmel droben und auf der Erde unten, keiner sonst. Daher sollst du seine Gesetze und seine Gebote, auf die ich dich heute verpflichte, bewahren, damit es dir und später deinen Nachkommen gut geht und du lange lebst in dem Land, das der HERR, dein Gott, dir gibt für alle Zeit“ (Dtn 4,39-40).

Im Nicäno-Konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis werden wir gleich die besondere Charakteristik von Gottvater bekennen: die Schöpfung der Welt: „Wir glauben an den einen Gott, den Vater, den Allmächtigen, der alles erschaffen hat, Himmel und Erde, die sichtbare und die unsichtbare Welt“. Der Heilige Paulus bezieht sich auf das Schöpferwerk Gottvaters und sagt, daß von Ihm „jedes Geschlecht im Himmel und auf der Erde seinen Namen hat“ (Eph 3,15). Preisen wir daher den Schöpfergott, der uns erschaffen hat: Ehre sei dem Vater!

2. Ehre sei dem Sohn.

Der Herr Jesus Christus, die zweite Person der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, wurde Mensch: „Das Wort ist Fleisch geworden“ (Joh 1,14). Dadurch ist er uns am nächsten, denn er ist nicht nur Gott, sondern auch Mensch, in allem uns gleich außer der Sünde (vgl. 1 Petr 2,22). Er ist unser Bruder, Meister, Retter und Erlöser. Das Neue Testament ist von Seiner Person erfüllt, die schon im Alten Testament angekündigt worden war. Jesus hat die Apostel berufen, sie gelehrt und vor seiner Himmelfahrt dazu ausgesandt, alle Nationen zu lehren und sie „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes zu taufen“ (Mt 28,19). Wir sind Jesus Christus dankbar, denn er hat versprochen, immer bei uns zu sein: „Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20). Er begleitet uns auf dem irdischen Pilgerweg und wird für alle, die an ihn glauben, „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). Er ist der Weg, der uns zum Vater führt, wie er selbst versichert hat: „Niemand kommt zum Vater außer durch mich“ (Joh 14,6).

Im Glaubensbekenntnis, das wir an Sonn- und Feiertagen beten, ist der größte Teil Jesus Christus gewidmet. Es wird sein Verhältnis zum Vater definiert, denn er ist „aus dem Vater geboren vor aller Zeit: Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater; durch ihn ist alles geschaffen“. Kurz wird das irdische Leben Jesu angedeutet: seine Menschwerdung: „Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel gekommen, hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden“; sein Tod: „Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus, hat gelitten und ist begraben worden“; seine Auferstehung und Himmelfahrt: „Am dritten Tage auferstanden nach der Schrift und aufgefahren in den Himmel. Er sitzt zur Rechten des Vaters“; seine Wiederkunft: „Und er wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten; seiner Herrschaft wird kein Ende sein“.

Jesus wollte uns Anteil geben an seinem Leben. So sagt er: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“ und mahnt: „Wer in mir bleibt und ich in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht, denn getrennt von mir könnt ihr nichts tun“ (Joh 15,5). Er, der gute Hirte, hat sein Leben für uns, seine Schafe (vgl. Joh 10,11), hingegeben. Für dieses Erlösungswerk danken wir dem Herrn Jesus: Ehre sei dem Sohn!

3. Ehre sei dem Heiligen Geist.

Der Heilige Geist wird im Evangelium des heutigen Hochfestes erwähnt, als Jesus dazu aussendet, die Menschen im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes zu taufen. Aber auch in der zweiten Lesung aus dem Römerbrief wird an mehreren Stellen an den Heiligen Geist erinnert: Zu Beginn zeigt der Völkerapostel die Führung durch den Geist im Leben der Christen auf: „Denn die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Kinder Gottes“ (Röm 8,14). Dank des Geistes haben die Christen keine Furcht vor dem allmächtigen Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Denn es heißt: „Ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, sodass ihr immer noch Furcht haben müsstet, sondern ihr habt den Geist der Kindschaft empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater!“ (Röm 8,15). Jesus Christus ist der eingeborene Sohn; wir sind die von Gottvater angenommenen Kinder, Söhne und Töchter im Sohn. Die Gegenwart des Heiligen Geistes in den Herzen der Gläubigen ist sehr bedeutsam: „Der Geist selber bezeugt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind“ (Röm 8,16). Und dank des Geistes sind wir „Erben Gottes und Miterben Christi“ (Röm 8,17).

Im Glaubensbekenntnis wird der Heilige Geist als wesentlich beschrieben. Es wird an seine Teilhabe an der Schöpfung des Leben erinnert: „Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht“; seine Gleichheit mit dem Vater und dem Sohn wird unterstrichen: „der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird“; und es wird sein Mitwirken am prophetischen Werk genannt: „der gesprochen hat durch die Propheten“.

Für dieses vielfältige Wirken des Geistes in der Heilsgeschichte, vor allem für unsere Heiligung, danken wir der dritten göttlichen Person: Ehre sei dem Heiligen Geist.

Liebe Brüder und Schwestern, das Geheimnis der Allerheiligsten Dreifaltigkeit ist fundamental für unser christliches Leben, wie auch für die ganze Kirche. In seinem jüngsten Apostolischen Schreiben Gaudete et exultate hat der Heilige Vater Franziskus diesbezüglich geschrieben: „Das Gemeinschaftsleben – sei es in der Familie, in der Pfarrei, in der Ordensgemeinschaft oder in irgendeiner anderen Gemeinschaft – besteht aus vielen kleinen alltäglichen Details. Das geschah in der heiligen Gemeinschaft, die Jesus, Maria und Josef bildeten und wo sich auf vorbildhafte Weise die Schönheit der Gemeinschaft der Dreieinigkeit widerspiegelte. Das ist es auch, was sich in dem Gemeinschaftsleben ereignete, das Jesus mit seinen Jüngern und mit dem einfachen Volk führte“ (GE 143).

Vertrauen wir unsere Betrachtung der mächtigen Fürsprache der Gottesmutter an, die hier als Schmerzensmutter verehrt wird. Die selige Jungfrau Maria war am Pfingsttag im Abendmahlssaal im Gebet vereint mit den Aposteln und einigen Frauen (vgl. Apg 1,14). Sie möge uns die Fülle der Gnade und die Gabe des Glaubens an den dreieinen Gott für uns hier, für unsere Familienangehörigen, für die Mitglieder unserer Gemeinschaften, für die Kirche in Deutschland und in der Welt herabrufen.

Vereint mit den Heiligen, die besonders an diesem Heiligtum angerufen werden, vor allem aber mit der Mutter der Schmerzen, loben und preisen wir unseren Gott: Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. (Alle) Wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen.

 

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