Predigt von Nuntius Eterović am 3. Ostersonntag

(Apg 3,13-15; Ps 5; 1 Joh 2,1-5; Lk 24,35-48)

Berlin, 15. April 2018

„Fasst mich doch an und begreift“ (Lk 24,39).

 

Liebe Brüder und Schwestern!

An diesem dritten Ostersonntag ruft uns das Wort Gottes erneut dazu auf, über den auferstandenen Jesus Christus nachzudenken, der den Jüngern im Abendmahlssaal von Jerusalem erschienen ist. Die Erfahrung der Apostel dient auch uns zur Stärkung des Glaubens an den auferstandenen Herrn, der in seiner Kirche, in unserer Gemeinschaft und überall dort, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind, gegenwärtig ist (vgl. Mt 18,20).

Bei der heutigen Reflektion konzentrieren wir uns auf das Evangelium des Heiligen Lukas, der auf die Wirklichkeit des Auferstehungsleibes Jesu besteht (I). Der Herr verlangt von jedem seiner Jünger den Glauben an seine Auferstehung (II). Die Auferstehung ist die Quelle der Sündenvergebung (III).

1. Der Auferstehungsleib Jesu.

Im heutigen Evangelium insistiert der Heilige Lukas auf der Identität des auferstandenen Jesus. Er unterstreicht, daß Jesus sich nicht allein als Erscheinung zeigt, gleich einem Geist also, sondern auch in seiner körperlichen Gestalt. Die Leiblichkeit des Herrn wird besonders hervorgehoben. Die Erscheinung Jesu im Abendmahlssaal versetzt die Jünger in Staunen und Schrecken. Das hatten sie nicht erwartet, sie waren orientierungslos. Sie glauben nicht daran, Jesus noch einmal nach seinem Tod am Holz des Kreuzes zu sehen. Da er diese Gefühle kennt, betont Jesus seine Leiblichkeit. Er fordert die Seinen nicht nur dazu auf, seine Hände und Füße anzuschauen, wo die Wundmale sichtbar geblieben waren, jene Zeichen der Passion und des Todes, sondern sie sollen ihn anfassen, indem er sagt: „Fasst mich doch an und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht“ (Lk 24,39). Die Auferstehung ist ohne Beispiel, ist etwas ganz neues in der Menschheitsgeschichte. Daher hat Jesus viel Geduld mit seinen Jüngern und sucht sie, Schritt für Schritt zu überzeugen. Er fordert etwas zu essen von ihnen und „sie gaben ihm ein Stück gebratenen Fisch; er nahm es und aß es vor ihren Augen“ (Lk 24,42-43). Auch mit dieser Geste wollte Jesus zeigen, daß er mit Leib und Seele mitten unter ihnen war.

Die Auferstehung Jesu verändert die Konzeption von der Würde des Menschen und insbesondere vom Leben nach dem Tod, vor allem im Vergleich mit der griechischen Welt. Die Griechen glaubten an die Unsterblichkeit der Seele, was in der christlichen Lehre aufgegriffen wird, jedoch eine Reinigung nötig hatte, aber sie verachteten den Körper. Allgemein kann man sagen, für die Griechen war die Seele im Leib gleichsam wie in einem Gefängnis eingeschlossen. Das Heil bestand in ihrer Befreiung von den Grenzen der menschlichen Leiblichkeit. In der Auferstehung Jesu hingegen ist der Leib mit der Seele vereint und damit eine einzige Form. Natürlich handelt es sich um einen transformierten Leib, der die Grenzen von Raum und Zeit übersteigt. Der Heilige Paulus spricht vom „überirdischen Leib“ (vgl. 1 Kor 15,44). Es handelt sich um einen vollständig vom Geist durchdrungenen Leib, den Gott im auferstandenen Jesus beispielhaft erschafft. Die Auferstehung Jesu ist das Fundament der christlichen Vision vom Menschen und seiner Würde in der Einheit von Leib und Geist, die nach dem Beispiel des gestorbenen und auferstandenen Herr Jesus zum ewigen Leben bestimmt ist.

2. Der Glaube an den Auferstandenen.

Jesus zeigt sich den Jüngern mit dem Gruß Shalom: „Friede sei mit euch!“ (Lk 24,36). Dieser Gruß ist unter den Juden üblich, bekommt aber nunmehr eine ganz besondere Bedeutung. Der Auferstandene verurteilt die Jünger nicht wegen ihres Verrats während der Passion. Er spricht nicht von Judas, der sich umbrachte, nachdem er ihn für 30 Silberlinge ausgeliefert hatte. Er wollte, daß die Jünger an Ihn glauben! Der Glaube an den auferstandenen Herrn aber ist für sie nicht leicht. Das sehen wir auch im heutigen Evangelium. In der kurzen Erzählung beschreibt der Heilige Lukas einen Prozess, bei dem die Jünger vom Zweifel zur Freude und zum Staunen gelangen, bis sie endlich zum Glauben kommen. Es war nicht genug, seinen Leib zu sehen, seine Wundmale, sondern sie wurden Zeugen, wie der Auferstandene vor ihren Augen aß. Der entscheidende Schritt war die Einsicht in den Sinn der Schriften. Jesus erinnerte daran, was er während seines öffentlichen Wirkens verkündet hatte: „Alles muss in Erfüllung gehen, was im Gesetz des Mose, bei den Propheten und in den Psalmen über mich geschrieben steht“ (Lk 24,44). Während sie die Schrift hörten, „öffnete er ihren Sinn für das Verständnis der Schriften“ (Lk 24,45).

Auch wir, liebe Brüder und Schwestern, müssen vom Herr Jesus Hilfe erbitten, um unseren Glauben an seine Auferstehung zu stärken, denn sie ist das Unterpfand der Auferstehung von uns und allen, die an ihn glauben. Man könnte eine Unterscheidung machen, die häufig bei den Gläubigen vorkommt, zwischen Religion und Glaube. Die Religion mit ihren Riten, Symbolen, Gesängen und Worten erzeugt Emotionen. Der Glaube ist eine andere Erfahrung, welche die Tiefe der menschlichen Person berührt und sie umwandelt. Auch die Jünger spürten in der Gegenwart des auferstandenen Jesus die starken Gefühle von Schrecken, Staunen, Freude, doch sie kamen nicht zum Glauben an seine Auferstehung. Allein dank des Eingreifens Jesu, der ihnen den tiefen Sinn dafür erschloss, was die Schriften über Ihn und seine Sendung vorhersagten, ließ die Jünger an Ihn glauben.

3. Die Vergebung der Sünden.

Nachdem sie den Glauben erhalten hatten, wurden die Jünger zu Zeugen des auferstandenen Jesus (vgl. Lk 24,48). Sie taten dies nicht länger nur vor den Juden, sondern auch den Heiden wurde das österliche Kerygma verkündet: „Der Christus wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen und in seinem Namen wird man allen Völkern Umkehr verkünden, damit ihre Sünden vergeben werden. Angefangen in Jerusalem“ (Lk 24,46-47).

Mit der Predigt der guten Nachricht erfolgt die Aufforderung zur Umkehr und zur Vergebung der Sünden, der Gabe des auferstandenen Herrn an die Christen. Am Tag der Auferstehung hat Er selbst über seine Jünger den Heiligen Geist ausgegossen, damit sie Diener der Vergebung werden können: „Empfangt den Heiligen Geist! Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten“ (Joh 20,22-23). In der ersten und der zweiten Lesung dieses Sonntags haben wir konkrete Beispiele für die Aufforderung zur Umkehr und zur Vergebung der Sünden. Der Heilige Petrus wendet sich in seiner ersten öffentlichen Predigt an seine jüdischen Mitbürger und lädt sie ein, den auferstandenen Herrn aufzunehmen: „Also kehrt um und tut Buße, damit eure Sünden getilgt werden“ (Apg 3,19). Der Heilige Johannes betont in seinem ersten Brief die Vollmacht des auferstandenen Jesus, die Sünden zu vergeben: „Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt. Wenn aber einer sündigt, haben wir einen Beistand beim Vater: Jesus Christus, den Gerechten. Er ist die Sühne für unsere Sünden, aber nicht nur für unsere Sünden, sondern auch für die der ganzen Welt“ (1 Joh 2,1-2).

Wir sündige Christen sind zur Heiligkeit gerufen, wie der Heilige Vater Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben Gaudete et exultate unterstreicht. Wir sollen auf ewig dem auferstandenen Herrn für die Gnade der Vergebung unserer und der Welt Sünden danken. In seiner großen Güte und Barmherzigkeit ist der auferstandene Jesus an unserer Seite und begleitet uns auf dem Pilgerweg hin zum ewigen Vaterhaus, wo wir ihn eines Tages, so hoffen wir, loben und preisen dürfen in der Gemeinschaft mit allen Heiligen, vor allem mit Seiner und unserer Mutter, der seligen Jungfrau Maria, der Königin des Himmels. Wir werden dies mit unserem ganzen Sein tun, mit verherrlichtem Leib und verherrlichter Seele. Amen.

 

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