Predigt von Nuntius Eterović am 5. Sonntag im Jahreskreis
(Ijob 7,1-4.6-7; Ps 147; 1 Kor 9,16-19.22-23; Mk 1,29-39)
Berlin, 4. Februar 2018
„Lasst uns anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer,
damit ich auch dort verkünde“ (Mk 1,38).
Liebe Brüder und Schwestern!
Das Wort Gottes an diesem 5. Sonntag im Jahreskreis berührt uns sehr tief. Es beschreibt unsere im Leben oft gemachte tragische Erfahrung (I). Allein Jesus Christus kann uns eine Antwort angesichts des Bösen geben (II). Die Apostel, die von ihm ausgesandt wurden, sind außerdem beauftragt, die gute Nachricht in die ganze Welt zu tragen (III). Vom Heiligen Geist geleitet wollen wir kurz über diese drei Punkte nachdenken.
1. Das Leid im Leben.
Das Buch Ijob ist jedem Menschen nahe, besonders in den Zeiten von Leid, Krankheit und Tod. Doch die Unzufriedenheit des Menschen beginnt schon mit der Erfahrung, wie die Zeit verrinnt. Der inspirierte Autor schreibt: „Schneller als das Weberschiffchen eilen meine Tage, sie gehen zu Ende, ohne Hoffnung“ (Ijob 7,6). Zu diesem Schmerz gesellt sich das Bewußtsein der Mühsal, des Schmerzes, der besonders grausam in der Nacht ist und den Menschen am Schlaf hindert: „Lege ich mich nieder, sage ich: Wann darf ich aufstehn? Wird es Abend, bin ich gesättigt mit Unrast, bis es dämmert“ (Ijob 7,4). Hinzu kommt die schmerzhafte Erfahrung von Krankheit: „Mein Leib ist gekleidet in Maden und Schorf, meine Haut schrumpft und eitert“ (Ijob 7,5). Die Situation Ijobs ist hoffnungslos. Auf seine Weise ringt er mit Gott und wendet sich flehend an Ihn: „Denk daran, dass mein Leben nur ein Hauch ist! Nie mehr schaut mein Auge Glück“ (Ijob 7,7).
Alle haben wir Momente erlebt, die im Buch Ijob so gut beschrieben sind. Wir werden heute außerdem durch die sozialen Netze täglich über das große Leid von Menschen unterrichtet, was durch Gewalt, Hass, Krieg oder Katastrophen verursacht wird, so daß sich die Frage des Leids in der Welt unserer menschlichen und christlichen Betrachtung aufdrängt.
Insbesondere berühren uns das eigene Leid oder das unserer Lieben, die Krankheit und der Tod. In den dunklen Zeiten fällt es schwer, sich der guten Erfahrungen des Lebens, der positiven und schönen Momente zu erinnern, die wir mit den Angehörigen, Eltern und Freunden geteilt haben. Auch wir äußern oft das Gefühl, als vergehe die Zeit immer schneller, und je älter wir werden, umso anfälliger sind wir für verschiedene Probleme mit der Gesundheit.
2. Die Antwort Jesu Christi.
Angesichts dieser hoffnungslosen Situation greift Jesus Christus ein und schenkt uns Hoffnung. Im heutigen Evangelium wird der Herr Jesus in Kafarnaum nicht allein als jemand gezeigt, der gegen das physische und spirituelle Übel kämpft, sondern auch als Sieger über diese beiden Leiden. Jesus von Nazareth hat die Schwiegermutter seines Jüngers Simon Petrus geheilt. Nach Sonnenuntergang heilte er „viele, die an allen möglichen Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus“ (Mk 1,34). Er verbot den Dämonen,
über ihn zu sprechen, über seine göttliche Natur, denn er wollte nicht, daß das Volk seine messianische Sendung auf triumphalistische Weise verstand. So betont der Evangelist in seiner Beschreibung, daß die Quelle der Macht Jesu das Gebet sei, seine stete Verbindung mit Gott dem Vater. Nach einem Tag voll harter Arbeit „stand er in aller Frühe, als es noch dunkel war, auf und ging an einen einsamen Ort, um zu beten“ (Mk 1,35).
Der Herr ermuntert auch uns zum beständigen Gebet, in den freudigen Momenten ebenso, wie in den traurigen des Lebens. Auf diese Weise können wir immer mit ihm verbunden bleiben und die verschiedenen Leiden, die uns treffen, annehmen, denn wir hoffen darauf, auch Anteil an seiner Auferstehung zu erlangen, was den endgültigen Sieg über das Übel, das Leid und den Tod bedeutet.
3. Die Botschaft Jesu von der Befreiung verbreiten.
Der Herr wollte nicht in Kafarnaum bleiben, wo er viele Wunder gewirkt hatte, so daß viele Leute ihn suchten und ihn festhalten wollten. Seine Worte an Simon und die anderen Jünger sind bezeichnend: „Lasst uns anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer, damit ich auch dort verkünde; denn dazu bin ich gekommen“ (Mk 1,38). Der Heilige Markus hat notiert, daß die Mission Jesu wirksam war: „Und er zog durch ganz Galiläa, verkündete in ihren Synagogen und trieb die Dämonen aus“ (Mk 1,39). Jesus ist gekommen, um die frohe Botschaft den verlorenen Schafen des Hauses Israel zu verkünden (vgl. Mt 15,24). Daher war Jesus oft unterwegs. Das unterschied ihn von anderen Propheten, zum Beispiel von Johannes dem Täufer, der die Leute an den Ufern des Jordanflusses erwartete, um sie zu taufen. Jesus dagegen wartet nicht, bis die Menschen zu ihm kommen, sondern macht sich auf die Suche nach denen, die Hilfe brauchten, die nur er ihnen geben konnte, er predigte das Wort Gottes und heilte von spirituellen und materiellen Krankheiten.
Dem Beispiel Jesu sind die Jünger, die Apostel und in besonderer Weise der Heilige Paulus gefolgt. Für ihn ist es ein Muss, das Evangelium zu verkünden, wie wir in der zweiten Lesung gehört haben. „Wenn ich nämlich das Evangelium verkünde, gebührt mir deswegen kein Ruhm; denn ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde“ (1 Kor 9,16). Mit seinem missionarischen Leben hat er die Wahrhaftigkeit dieser Worte bezeugt. Ohne sich um die Mühen zu kümmern, hat er das Evangelium in vielen Ländern der damals bekannten Welt verbreitet.
Liebe Brüder und Schwestern, auch wir sind gerufen, Jesus auf seinem Weg und seiner Verkündigung zu folgen. Der Heilige Vater Franziskus spricht oft von der Kirche im Aufbruch (Chiesa in uscita). Es handelt sich dabei um eine Kirche, die nichts anderes tut, als dem Beispiel ihres Herrn und Heilands zu folgen, denn „er wanderte von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und verkündete das Evangelium vom Reich Gottes“ (Lk 8,1). Auch wir müssen Jesus und Sein Evangelium an den Orten verkünden, wo die Menschen sind. Und mit den modernen Mitteln der Kommunikation erreicht man mehr Leute, als diejenigen, die regelmäßig am Sonntag in unseren Kirchen zu finden sind.
Auch der Inhalt unserer Verkündigung muss derselbe sein, wie jener, den Jesus verkündet hat. Mit Einfühlungsvermögen muss man sich dem Menschen von heute nähern, mit ihm seine Freuden und Leiden teilen, vor allem die Suche nach dem Sinn des Lebens, besonders in den Zeiten von Leid, Krankheit und Tod. Allein das Licht des Glaubens an den auferstandenen Herrn kann den Menschen Hoffnung schenken, die darum ringen, Licht am dunklen Horizont der menschlichen Geschichte zu sehen.
Die selige Jungfrau Maria hat bei der Passion und dem Tod ihres Sohnes Jesus gelitten, als sie unter dem Kreuz gestanden hat (vgl. Joh 19,25). Sie ist aber auch Zeugin seiner glorreichen Auferstehung geworden. Auf die Fürsprache von ihr, die „voll der Gnade“ ist (Lk 1,28) ist, vertrauen wir unser Gebet, daß die Menschen in Jesus das Licht erkennen, daß jedes menschliche Leid erleuchtet. Sie mögen von ihm den Mut zum Glauben erlangen, den sie leben und den anderen verkünden. Amen.