Predigt von Nuntius Eterovic am 7. Ostersonntag in der Hl. Messe mit den Dienerinnen des Heiligen Geistes von der Ewigen Anbetung

Berlin, 2. Juni 2019

(Apg 7,55-60; Ps 97; Offb 22,12-14.16-17.20; Joh 17,20-26)

Dienerinnen des Heiligen Geistes von der Ewigen Anbetung
Rosa Schwestern / Steyler Anbetungsschwestern

„Alle sollen eins sein“ (Joh 17,21).

Liebe Schwestern und Brüder!

Der göttlichen Vorsehung danke ich, diese Heilige Messe mit Euch, liebe „Dienerinnen des Heiligen Geistes von der Ewigen Anbetung“, und in Eurem Berliner Kloster St. Gabriel feiern zu können. Diese Begegnung gibt mir Gelegenheit, Euch dafür zu danken, das geweihte Leben zum Lob Gottes und dem Dienst am Nächsten gewählt zu haben. Besonders danke ich für das Beispiel im Gebet, vor allem in der ständigen eucharistischen Anbetung, was das Charisma Eurer Kongregation ist. Ich freue mich, Euch die herzlichen Grüße des Heiligen Vaters Franziskus zu übermitteln, des Bischofs von Rom und Hirten der Universalkirche, den ich die Ehre habe, in der Bundesrepublik Deutschland zu vertreten. Am Ende der Heiligen Messe erteile ich Euch gerne als Zeichen der geistlichen Verbundenheit mit dem Obersten Pontifex, welcher der Kirche in der Liebe vorsteht, den Apostolischen Segen.

Liturgisch befinden wir uns in der Zeit zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten. In der Liturgie feiern wir die Verherrlichung des Herrn Jesus. Nach seiner Passion und seinem Tod ist er glorreich auferstanden und nach 40 Tagen in den Himmel aufgefahren. Wiederum zehn Tage später, also 50 Tage nach der Auferstehung, hat der verherrlichte Herr seinen Jüngern den Heiligen Geist gesandt, den Tröster. Wie einst die Jünger zusammen mit Maria, der Mutter Jesu, und den anderen Frauen, so erflehen auch wir im Gebet diese Gabe vom Himmel.

Das heutige Evangelium ermuntert uns, für die Einheit der Christen zu beten. Dieses Ideal christlichen Lebens ist immer aktuell. Es ist besonders heute zu beachten, wo es gegensätzliche Kräfte gibt, sei es außerhalb der Katholischen Kirche (I), sei es innerhalb (II). Die Worte Jesu weisen auf die Beseitigung dieses Skandals hin (III).

1. Die Spaltungen unter den Christen.

Das Gebet an Gott, den Vater, um die Einheit seiner Jünger, das im Johannesevangelium überliefert wird, gehört zu den letzten Worten Jesu vor seiner Passion. Dadurch bekommen sie gleichsam als sein Testament eine besondere Bedeutung. Das Gebet Jesu übersteigt den engen Kreis der Zwölf und umfaßt alle Jünger zu allen Zeiten: „Ich bitte nicht nur für diese hier, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben. Alle sollen eins sein“ (Joh 17,20-21). Das Ideal dieser Einheit findet sich in der Beziehung, die zwischen dem Vater und Seinem Eingeborenen Sohn Jesus besteht: „Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein“ (Joh 17,21). Diese Einheit ist ein Zeichen für die Welt. Die weit von Jesus und der Kirche entfernten Menschen glauben an die Sendung, die der Vater dem Herrn Jesus aufgetragen hat (vgl. Joh 17,21), wenn sie die Einheit seiner Jünger wahrnehmen.

Leider müssen wir feststellen, daß 2.000 Jahre nachdem Jesus diese Worte gesprochen hat, die Christen weiterhin gespalten sind. In der Kirchengeschichte gab es viele Schismen, zahlreiche Spaltungen. Die beiden größten sind jenes Morgenländische Schisma im Jahr 1054, wo sich die Katholische Kirche und die orthodoxen Kirchen trennten, und das Schisma im Abendland durch die Reformation ab dem Jahr 1517. In der Folge entstanden im protestantischen Raum zahlreiche kirchliche Gemeinschaften. Beim Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf sind 349 Kirchen vertreten, größtenteils protestantische, orthodoxe und anglikanische. Die Katholische Kirche nimmt hier als Beobachter teil und ist Vollmitglied der Kommission „Glauben und Kirchenverfassung“. Gott sei Dank gab es nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil einige Fortschritte auf dem Feld der Ökumene. Der richtige Weg ist eingeschlagen, der sich in den Worten Jesu gründet: „Damit sie eins sind, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir. So sollen sie vollendet sein in der Einheit, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und sie ebenso geliebt hast, wie du mich geliebt hast“ (Joh 17,22-23). In dem Maß, wie wir uns alle immer mehr Jesus Christus annähern, nehmen wir teil an seiner Einheit mit Gottvater, nähern wir uns immer mehr aneinander an, so daß der ökumenische Weg die erwünschten Früchte bringen kann.

2. Die Einheit im Inneren der Katholischen Kirche.

Der Herr Jesus hat seinen und unseren Vater für die Christen gebeten, also auch für uns, die wir, im Unterscheid zur Welt, den Gesandten Gottes erkannt haben: „Gerechter Vater, die Welt hat dich nicht erkannt, ich aber habe dich erkannt und sie haben erkannt, dass du mich gesandt hast. Ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist und ich in ihnen bin“ (Joh 17,25-26). In seinem Gebet hält Jesus fest, die Herrlichkeit mit seinen Jüngern geteilt zu haben, das heißt das göttliche Leben, das der Vater ihm gegeben hat. „Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins sind, wie wir eins sind“ (Joh 17,22). Wir müssen jedoch aufrichtig sein und feststellen, daß dieses Gebet Jesu nicht vollständig gelebt wird, auch nicht im Schoß der Katholischen Kirche selbst. Alle teilen wir denselben Glauben, haben Zugang zu denselben sieben Sakramenten, sind Teil einer gut geordneten kirchlichen Gemeinschaft der Diözesen oder Teilkirchen, die lebendige Zellen der Universalkirche sind, die vom Heiligen Vater Franziskus repräsentiert wird. Dennoch werden einzelne Stimmen laut und handeln Gruppen gegen die kirchliche Gemeinschaft, wobei sie von zwei extremen Vorgaben ausgehen. Die einen wollen radikale Veränderungen in der Kirche, die über die erwünschte und stets notwendige Erneuerung in Treue zur großen Tradition hinausgehen. Die anderen wollen die Kirche versteinern und verweigern jede Veränderung oder Öffnung bei der Anstrengung der Kirche, das Evangelium, die gute Nachricht allen Menschen und in jeder Kultur zu predigen. Dies muss in verständlicher Sprache geschehen, die das Herz und den Geist von Menschen und Gemeinschaften berührt. Beide Haltungen sündigen wider den Heiligen Geist, den Geist des auferstandenen Herrn (vgl. Joh 16,14-15). Er führt uns zur Erkenntnis der vollen Wahrheit (vgl. Joh 16,13), was die Vertiefung der Erkenntnis bedeutet und nicht einen Wandel der geoffenbarten Wahrheit, wie sie in der lebendigen Tradition der Kirche gelehrt wird.

3. Das Gebet um die Einheit der Kirche.

Im Hohepriesterlichen Gebet Jesu, über das wir nachdenken, gibt es einen Vers, der sich in besonderer Weise auf Euch übertragen lässt, liebe Schwestern. Der Herr Jesus bittet: „Vater, ich will, dass alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, weil du mich schon geliebt hast vor Grundlegung der Welt“ (Joh 17,24). Das ist das Programm Eures religiösen Lebens; nämlich die Betrachtung der Herrlichkeit Gottes, die sich in besonderer Weise im Sakrament der Eucharistie offenbart. In der Eucharistie ist der verherrlichte Herr Jesus in der Einfachheit der Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig. Es handelt sich um eine ganz und gar eigene Gegenwart. Die Tradition der Kirche beschreibt sie mit den Begriffen wie „wahr, wirklich und substantiell“ (vere, realiter, substantialiter), um diese von anderen Gegenwartsformen des auferstandenen Herrn im Wort Gottes, in den Menschen und der Schöpfung zu unterscheiden. Der Herr lädt uns zwar an den Tisch seines Brotes und Weines, zur Kommunion. Aber die beste Weise, sich auf die Feier der Heiligen Messe vorzubereiten, ist die Anbetung. Die Anbetung ist außerdem eine ausgezeichnete Weise, dem Herrn Jesus für das Geschenk der Eucharistie zu danken, das er seiner Kirche und uns allen, die wir zu ihr gehören, gemacht hat. Es handelt sich um das große Geheimnis der Liebe Gottes, die wie der überaus kostbare Schatz der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche gehütet werden muss. Denn die Eucharistie ist tatsächlich das Herz der Kirche.

Liebe Schwestern, liebe Brüder, ich danke Euch für den Dienst des eucharistischen Gebets um die Einheit der Kirche und die Einheit der Christen. Papst Franziskus hat einen dreifachen Ökumenismus aufgezeigt, wofür sich alle Christen einsetzen sollen: Die Ökumenismus des Blutes, der Armut und der Mission (vgl. Besuch beim Patriarchen und dem Heiligen Synod der Orthodoxen Kirche von Bulgarien, Sofia, 5. Mai 2019). Vereint Euer Gebet mit dem von Jesus, der nicht aufhört, für uns einzutreten (vgl. Joh 17,20). Vertrauen wir darüber hinaus unser Gebet der Fürsprache aller Heiligen an, besonders dem Heiligen Arnold Janssen, Eurem Gründer, vor allem aber der seligen Jungfrau Maria, der Mutter Jesu und unserer Mutter. Sie möge bei ihrem Sohn und Herrn die Gnade der Einheit der Christen erflehen – zur Ehre Gottes und zum Heil der Welt. Amen.

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