Predigt von Nuntius Eterovic am Hochfest Christi Himmelfahrt

Apostolische Nuntiatur, 21. Mai 2020

(Apg 1,1-11; Ps 47; Eph 1,17-23; Mt 28,16-20)

„Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern“ (Mt 28,19).

Liebe Schwestern und Brüder!

Voller Freude feiern wir das Hochfest der Himmelfahrt des Herrn Jesus. Der Inhalt des heuten Festes ist im Tagesgebet, das wir gehört haben, gut aufgezeigt, wenn es heißt: „In der Himmelfahrt deines Sohnes hast du den Menschen erhöht. Schenke uns das feste Vertrauen, dass auch wir zu der Herrlichkeit gerufen sind, in die Christus uns vorausgegangen ist“. Vierzig Tage nach der Auferstehung, in denen Jesus vielfach seinen Jüngern begegnet ist, ist der Herr samt seinem verklärten Leib zum Himmel aufgefahren. Die Liturgie gibt uns zwei Beschreibungen dieses Ereignisses: in der ersten Lesung (vgl. Apg 1,1-11) und im Evangelium (vgl. Mt 28,16-20), das wir gut kennen. Daher verweilen wir nicht bei der Analyse der Texte. Wir wollen vielmehr gemeinsam über die Worte nachdenken, welche die zwei Engel an die Apostel richten: „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch fort in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen“ (Apg 1,11). Mit der Himmelfahrt Jesu endet sein erstes Kommen, die in der Demut des Menschensohnes geschieht, der durch Leiden und Tod in die Herrlichkeit eintritt. Im Vertrauen auf das Versprechen Jesu Christi warten die Christen auf sein zweites Kommen, seine Wiederkunft am Ende der Zeiten, die Parusie (Παρουσία), wenn er in Herrlichkeit erscheint, um zu richten die Lebenden und die Toten. Die Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Kommen ist die Zeit der Kirche, von der gefordert wird, ihrer Berufung zu folgen und die Versuchung der Passivität zu überwinden (I) sowie sich mit Eifer der Mission anzunehmen (II).

1. „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel?“ (Apg 1,11)

Die Apostel wurden von der Himmelfahrt des Herrn Jesus überrascht. Das lässt sich aus der Frage schließen: „Herr, stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her?“ (Apg 1,6). Sie dachten noch immer an ein Reich im politisch-sozialen Sinn, was ganz im Gegensatz zu dem war, das Jesus gelehrt und mit seinem Leben verkündet hat. Im Laufe des Prozesses vor Pontius Pilatus hat er zum Beispiel versichert: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt“ (Joh 18,36). Auch die Körperhaltung der Apostel spiegelt ihre Überraschung, als er zum Himmel auffuhr. So heißt es: „Sie schauten unverwandt ihm nach zum Himmel empor“ (Apg 1,10). Diese lang dauernde passive Haltung passt nicht zu den Jüngern Jesu, wie die beiden Engel mahnen: „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel?“ (Apg 1,11). Dabei handelt es sich nicht um eine Versuchung der Apostel allein. Aus den Schriften des Neuen Testamentes wissen wir von einigen Christen, die nicht mehr arbeiten wollten, weil sie glaubten, die Wiederkunft Christi stehe unmittelbar bevor. Diese mahnt der Heilige Paulus: „Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen“ (2 Thess 3,10). Angesichts von Menschen, die ein ungeordnetes Leben führen, ordnet der Völkerapostel an, sein Brot durch tägliche Arbeit zu verdienen. Nur durch die geregelte Tätigkeit, die jeden Tag heiter und aufrichtig getan wird, bereiten sich die Gläubigen auf die Begegnung mit Jesus Christus vor, der kommen wird, auch wenn der Zeitpunkt seiner Wiederkunft unbekannt ist. Die Apostel haben begonnen, den wahren Willen des Herrn Jesus nach dem Kommen des Heiligen Geistes zu verstehen. Dies war die Gabe, die der auferstandene Herr verheißen hatte: „Denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet schon in wenigen Tagen mit dem Heiligen Geist getauft werden“ (Apg 1,5). Auch wir brauchen die Taufe des Geistes, damit wir in guter Weise unsere Mission in der Kirche verfolgen können. Auch heute leben nicht wenige Christen ihre Zugehörigkeit zur Kirche nur passiv. Einige theoretisieren sogar über die Sinnlosigkeit jeder Verkündigung des Evangeliums an die Menschen, die Jesus Christus nicht kennen, und sagen, dass jeder gerettet werden kann, indem er nach seinem Gewissen handelt und in seiner eigenen religiösen Tradition lebt. Da sie keinen Sinn mehr in der Mission sehen, werden sie passiv und gleichgültig.

2. „Dieser Jesus ….. wird wiederkommen“ (Apg 1,11).

Die erwähnte passive Haltung passt nicht zum ausdrücklichen Willen des Herrn Jesus. Vor seiner Himmelfahrt hat er sie mit folgender Mission beauftragt: „Geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“ (Mt 28,19-20). Um diesen Auftrag richtig verstehen zu können, hatten die Apostel den Heiligen Geist nötig. Unter der Führung des Geistes haben sie ihre Haltung radikal geändert. Aus ängstlichen Menschen wurden mutige, aus passiven wurden aktive Menschen. Sie stellten sich hin und verkündeten die gute Nachricht den Nahen, den Angehörigen des jüdischen Volkes, und den Fernen, allen Völkern der Welt. Erleuchtet vom Heiligen Geist haben sie die Lehre des Herrn Jesus verstanden und sie freimütig verkündet, mit Parrhesia (παρρησία), in offener und wahrhaftiger Rede. Im Kontext des Hochfestes der Himmelfahrt haben die Jünger Jesu zwei fundamentale Wahrheiten verstanden, woran uns auch der Abschnitt aus dem Matthäusevangelium erinnert. Durch Tod und Auferstehung wurde Jesus verherrlicht. Zum Himmel kehrt er mit seinem verherrlichten Leib, dem verklärten, spirituellen, um einige Begriffe der Heiligen Schrift zu nennen, um diese neue Wirklichkeit zu beschreiben. So wie Jesus der Erstgeborene der Toten ist (vgl. Kol 1,18), so stehen wir als seine Jünger im festen Glauben, dass auch unser sterblicher Leib verwandelt wird und wir dem Herrn in den Himmel folgen, in die Wohnungen, die er für uns bereitet hat (vgl. Joh 14,2). Die Verkündigung der christlichen Hoffnung vom Leben ohne Ende, vom ewigen Leben, wird durch die Versicherung des auferstandenen Herrn gestärkt: „Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20). Die durch die Gegenwart des Herrn Jesu verursachte Freude treibt die Christen an, Missionare zu werden, das heißt, Zeugen der personalen Begegnung mit Ihm in der kirchlichen Gemeinschaft. Diese Begegnung geschieht in der Gnade des Heiligen Geistes, dem Feuer der christlichen Liebe, welche die missionarische Dynamik der Kirche erneuert. All das treibt die Christen an, treue Jünger Jesu Christi und eifrige Missionare Seines Evangeliums zu werden, wie es der Heilige Vater Franziskus immer wieder sagt und darauf besteht, dass jeder Christ berufen ist, missionarisch zu sein, zuoberst durch das Beispiel seines persönlichen und familiären Lebens und dann, wenn nötig, durch Worte.

Die Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Kommen des Herrn Jesus ist somit die Zeit der Mission. Die Kirche ist von ihrer Natur her missionarisch. Vertrauen wir unsere Überlegungen der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, als Mutter der Kirche eben auch die Mutter der Missionare, auf dass der Herr die Kirche bei seiner Wiederkunft vollauf damit beschäftigt findet, seinen Auftrag zu erfüllen: „Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern“ (Mt 28,19). Amen.

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