Predigt von Nuntius Eterovic am Hochfest der Erscheinung des Herrn - Epiphanie

Berlin, 6. Januar 2019

(Jes 60,1-6; Ps 72; Eph 3,2-3.5-6; Mt 2,1-12)

 

„Wo ist der neugeborene König der Juden?“ (Mt 2,2).

Liebe Brüder und Schwestern!

Das Hochfest der Erscheinung des Herrn ist lichterfüllt. Die Quelle des Lichtes ist das Jesuskind, das in der Grotte zu Bethlehem geboren wurde. Mit seinem Licht zieht er die Menschen zu sich: jene in der Nähe, wie die Hirten, aber auch die aus der Ferne, wie die Weisen und Könige. Der Herr will sich allen Menschen offenbaren. Es handelt sich um eine große Neuheit, denn bis zu seinem Kommen war die göttliche Offenbarung an die Glieder des erwählten Volkes Israel gerichtet. Mit der Geburt Jesu verschwinden diese Grenzen und das Licht Gottes erfasst auch die heidnischen Völker. Der Heilige Paulus ist sich dieser Neuheit bewußt und schreibt: „Den Menschen früherer Generationen wurde dieses Geheimnis nicht kundgetan, jetzt aber ist es seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist offenbart worden: dass nämlich die Heiden Miterben sind, zu demselben Leib gehören und mit teilhaben an der Verheißung in Christus Jesus durch das Evangelium“ (Eph 3,5-6). Wir sind die Nachkommen jener Heiden, die aufgrund der Großmut der Gnade Gottes die Botschaft des Evangeliums empfangen haben, der guten Nachricht von Jesus Christus, dem Menschen und Gott, der für uns und zu unserem Heil geboren worden ist. Am heutigen Festtag danken wir dem dreieinen Gott für dieses große Geschenk seiner ewigen Liebe.

Ich möchte mit Euch, liebe Schwestern und Brüder, das heutige Evangelium betrachten und bei folgenden Aspekten verweilen: die Suche der Weisen nach dem neugeborenen König der Juden (I), die Reaktion der herrschenden Klasse von Jerusalem (II), die Begegnung der Weisen mit dem Herrn Jesus (III).

1. „Wo ist der neugeborene König der Juden?“ (Mt 2,2).

Die Weisen, über die der Heilige Matthäus schreibt, waren vermutlich Männer aus Persien, die sich für Astrologie interessierten und daher ein besonderes Leuchten am Himmel entdeckten, das als Zeichen für die Geburt eines Königs in Judäa gedeutet wurde. Die Weisen konnten nicht nur die Zeichen am Himmel entziffern, sondern kannten wohl auch die Prophezeiung des Balaam/Bileam aus der Gegend am Euphrat, den Gott vom Weisen zum Propheten formte, und der die Geburt des Messias mit dem Erscheinen eines Sterns verbunden hat. „Ein Stern geht in Jakob auf, ein Zepter erhebt sich in Israel“ (Num 24,17). Wie dem auch sei, die Weisen haben große Mühen auf sich genommen, denn sie verließen die Sicherheit ihres gewohnten Lebens und machen sich auf eine lange Reise, was zu jener Zeit sehr gefährlich war. Die Suche nach der Wahrheit, der Wunsch, dem neugeborenen König zu begegnen, gab ihnen große Kraft, jedes Hindernis und alle Schwierigkeiten zu überwinden.

Diese Haltung der Weisen sollte auch unsere Betrachtung beflügeln und insbesondere die Antwort auf die Frage erleichtern, ob wir das Mögliche zu tun bereit sind, um den Herrn zu suchen. Wollen wir jedes Hindernis überwinden, auch in unserem christlichen Leben, das nicht selten routinemäßig geworden und des Enthusiasmus‘ beraubt ist, um mit ungeteiltem Herzen Jesus zu begegnen, der für uns geboren worden ist? Er steht immer vor der Tür unseres Herzens und klopft in der Erwartung an, Einlass zu finden (vgl. Offb 3,20). Die Weisen sind dem Stern gefolgt, auch wenn sein Licht ihnen nicht die menschliche Gewissheit schenken konnte, das Ziel zu erreichen. Das sollte auch für uns geweihte Menschen der Anreiz sein, unser volles Vertrauen in Gott zu erneuern, der uns in seinen Dienst gerufen hat. Dabei sind wir uns bewußt, dass uns der Herr Jesus als Person ruft und nicht der Widerschein eines himmlischen Lichtes, was man auch falsch verstehen kann.

2. Die Reaktion in Jerusalem.

Die herrschende Klasse in Jerusalem reagiert auf die Nachricht der Geburt eines Königs von Judäa gleichgültig und feindselig. Die Feinseligkeit ist typisch für Herodes, der Angst um seinen Thron hat. Er empfängt die Weisen mit formaler Höflichkeit, aber in Gedanken befasst er sich schon mit einem Komplott gegen das neugeborene Kind, das ihm ein Widersacher werden und seine irdische Macht in Gefahr bringen könnte. Seine Worte: „Geht und forscht sorgfältig nach dem Kind; und wenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige“ (Mt 2,8) sind hinterhältig. Er hatte im Herzen bereits entschieden, den umzubringen, den die Weisen suchten, um ihn zu verehren und anzubeten.

Auch in der heutigen Welt gibt es neue herodianische Typen, Menschen, die aus Hass gegenüber dem Herrn Jesus seine Jünger, die Christen töten. Es reicht, an die Verfolgungen unserer Brüder und Schwestern in den Ländern des Mittleren Orients zu erinnern, aber auch in anderen Teilen der Erde. Nach den von Kirche in Not zusammengetragenen Informationen wurden in der Zeit von 2015-2017 die Christen in 38 Ländern der Welt verfolgt, in 9 Ländern auf eine extreme Weise.

Eine andere Kategorie bezieht sich auf die gleichgültigen Personen, zum Beispiel die herrschende Klasse in Jerusalem, vor allem die Hohenpriester und Schriftgelehrten. Sie kannten die Schriften und somit auch die Prophezeiung, die ankündigte: „Du, Betlehem im Gebiet von Juda, bist keineswegs die unbedeutendste unter den führenden Städten von Juda; denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt meines Volkes Israel“ (Mt 2,6). In der gegenwärtigen Welt gibt es viele gleichgültige Menschen gegenüber der erfreulichen Nachricht von der Geburt Jesu. Nach einigen Statistiken erklärt sich in manchen Gegenden Deutschlands nur etwa ein Drittel der Bevölkerung als Christen. Diese Personen haben von Jesus gehört, kennen vielleicht theoretisch einige Aspekte seines Lebens, aber machen sich nicht auf den Weg nach Bethlehem, um dem Herrn zu begegnen. Der Bezug auf die Jerusalemer Schriftgelehrten ist besonders aktuell bei den Theologen, vor allem jenen, welche die Heilige Schrift studieren, in dem Sinn, daß ein nur theoretisches, abstraktes Wissen nicht ausreicht, sondern all das muss hinführen zu einer personalen Begegnung mit dem Jesuskind, das in Bethlehem geboren worden ist. Zusammenfassend könnte man sagen, es ist nötig, die Theologie der Schreibtische zu verlassen, um zu einer Theologie auf den Knien zu gelangen.

3. Die Begegnung mit dem Herrn Jesus.

Mit Hilfe des Sterns haben die Weisen das Haus gefunden, in dem sich Jesus zusammen mit seiner Mutter Maria befand. Das heutige Evangelium unterstreicht, als sie das Kind sahen, da „fielen sie nieder und huldigten ihm“ (Mt 2,11). Nach dieser bedeutsamen Geste der Anbetung, überreichten sie Jesus ihre Gaben: „Gold, Weihrauch und Myrrhe“ (Mt 2,11). Diese Gaben schenkt man gewöhnlich den Königen. Die christliche Tradition hat darin auch eine Prophetie gesehen und in der Gabe des Goldes die Anerkennung des Königtums Jesu entdeckt, im Weihrauch seine Göttlichkeit und in der Myrrhe sein rettendes Leiden.

Auch wir sind eingeladen, den Herrn Jesus anzubeten und ihm die Gaben zu überreichen. Die Anbetung ist verbunden mit der personalen Begegnung Jesu, vor allem im Sakrament der Eucharistie. Bei jedem Kommunionempfang beten wir den Herrn an, der sich für uns, wie für die anderen Brüder und Schwestern, die Glieder der Kirche opfert. Empfangen wir heute Jesus ausgesucht anbetungsvoll und erinnern uns an das Tun der Weisen und vieler Heiliger, welche die Kommunion als wichtigsten Moment der täglichen Begegnung mit dem Herrn lebten.

Unsere Gaben seien denen der Weisen ähnlich. Aus Liebe zum Jesuskind machen wir bedeutsame Geschenke an die uns lieben und nahen Menschen, wie auch an jene, die materiell und geistlich hilfsbedürftig sind. Als geweihte Menschen jedoch erneuern wir unsere personale Weihe und Hingabe an den Herrn Jesus, der uns immerfort in seinen Dienst als Priester oder im geweihten Leben ruft.

Liebe Brüder und Schwestern, die Weisen fanden bei Jesus Maria. Ihr, der Gottesmutter, vertrauen wir die Erfüllung dieser guten Vorsätze an. Auf ihre Fürsprache möge jeder von uns und alle zusammen Jesus ehrlich suchen, die Hindernisse an der Begegnung mit dem Herrn überwinden, nicht, um ihm materielle und vergängliche Dinge zu schenken, sondern unser Leben, daß nach seiner Gnade für die Ewigkeit bestimmt ist. Amen.

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