Predigt von Nuntius Eterovic bei der Jubiläumsfeier der Vietnamesischen Kath. Mission Berlin

Berlin, 25. November 2018

(Dan 7,2a.13b-14; Ps 93; Offb 1,5b-8; Joh 18,33b-37 )

Berlin-Wedding, St. Aloysius, 25. November 2018
Vietnamesische Katholische Mission im Erzbistum Berlin

Christkönigssonntag – LJ B

„Du sagst es, ich bin ein König“ (Joh 18,37).

 

Liebe Brüder und Schwestern!

Am Hochfest von Christkönig erinnern wir uns mit Dank an den dreieinen Gott an zwei Ereignisse, die mit Eurer vietnamesischen Gemeinschaft in Berlin und in Deutschland verbunden ist: an den 30. Jahrestag der Heiligsprechung von 117 vietnamesischen Märtyrern und an 10 Jahre Vietnamesische Katholische Mission in St. Aloysius als Standort. Ich danke herzlich Eurem Hochwürdigen Herrn Pfarrer Ha Do, dem Vertreter für die Seelsorge an den Vietnamesen in Deutschland, daß er den Apostolischen Nuntius eingeladen hat, dieser Eucharistiefeier vorzustehen. Gerne habe ich diese Einladung angenommen, denn auf diese Weise kann ich Euch die sehr herzlichen Grüße des Heiligen Vaters Franziskus, des Bischofs von Rom und Hirten der Universalkirche, übermitteln. Während dieser Heiligen Messe wollen wir besonders für den Heiligen Vater beten. Als Zeichen der tiefen Einheit mit dem Obersten Pontifex erteile ich Euch am Ende der Heiligen Messe den Apostolischen Segen. Über Sie, verehrter Pfarrer Ha Do, grüße ich alle, die in der Pastoral an den Vietnamesen, die in der Bundesrepublik Deutschland leben, engagiert sind, wie auch alle Gläubigen.

Im Licht des Wortes Gottes, das wir gehört haben, vor allem im heutigen Evangelium (I), wollen wir gemeinsam über die Bedeutung des Zeugnisses der vietnamesischen Märtyrer reflektieren (II), wie auch über die Gemeinschaft der Christen, die Glieder der Katholischen Kirche (III).

1. „Du sagst es, ich bin ein König“ (Joh 18,37).

Mit diesen Worten enthüllt Jesus Christus seine Identität vor Pilatus, dem Vertreter des römischen Kaisers, der in Palästina am meisten Macht hatte, was auch eine Verurteilung zum Tod einschloss. Aus dem Dialog zwischen Pilatus und Jesus wird klar, daß es die Vertreter der Juden waren, die Jesus beschuldigt haben: „Dein Volk und die Hohepriester haben dich an mich ausgeliefert“ (Joh 18,35). Man erfasst sodann ein unterschiedliches Verständnis der Bedeutung der gegen Jesus erhobenen Beschuldigung, der König der Juden zu sein. Pilatus interpretiert sie im politischen Sinne. In diesem Kontext wäre Jesus einer der Rebellen, welche die Autorität des römischen Kaisers in Zweifel ziehen und daher eine Gefahr darstellen, die eine Verurteilung verdient. Jesus seinerseits spricht von einem anderen Königtum, nicht im politischen, sondern im religiösen Sinn. Seine Worte sind klar: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn mein Königtum von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Nun aber ist mein Königtum nicht von hier“ (Joh 18,36). Jesus hatte stets im Volk und bei seinen Jüngern gegen die politische Konzeption seiner Mission gekämpft. Nach der Brotvermehrung, als die Menge ihn zum König machen wollte, zog sich Jesus an einen einsamen Ort zurück, um zu beten (vgl. Joh 6,15). Im Garten am Ölberg hat er dem Petrus verboten, das Schwert zu seiner Verteidigung zu ziehen, denn Sein Königreich ist nicht wie eines in dieser Welt: es wird nicht mit materiellen Waffen verteidigt, sondern mit den geistlichen der Wahrheit, der Gerechtigkeit und der Liebe. Diese Konzeption von Gottes Königreich erschließt sich aus den folgenden Worten des Herrn Jesus: „Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme“ (Joh 18,37). Die im Evangelium beschriebene Szene ist eindrucksvoll. Jesus wird gedemütigt, verspottet, verprügelt und vor das Tribunal gezerrt wie ein Verbrecher. In den Augen der Welt erscheint er wie ein wahrhaft Geschlagener. In seinen Worten und durch sein Verhalten aber zeigt er seine Würde und sein Bewußtsein, auf dem rechten Weg zu sein, den Menschen die wahre Natur seines Reiches zu enthüllen, mehr noch, allen dessen Tor zu öffnen, so daß sie eintreten können, um das Heil zu erlangen. Der wahre Königsthron Jesu ist das Kreuz. Im dramatischsten Augenblick seines irdischen Lebens verwirklicht sich seine Prophezeiung: „Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen“ (Joh 12,32). Das Kreuz wird zum Tor der Auferstehung, das Zeichen des Sieges des Guten über das Böse, des Lebens über den Tod.

2. Das Zeugnis der vietnamesischen Märtyrer.

Die Märtyrer von Vietnam, der Heilige Andreas Dung Lag und seine 116 Gefährten, hatten die Lehre des Herrn Jesus Christus gut verstanden. Sie repräsentieren das gläubige Volk Gottes, das auf vietnamesischem Land in der Hoffnung auf das ewige Leben pilgerten, trotz der Verfolgungen in den Jahren 1745 bis 1862. Unter ihnen waren 50 Priester und 59 Laien, darunter eine Frau, Agnese Le Thi Thàng, Mutter von sieben Kindern. Nach ihrer Nationalität waren 96 vietnamesisch, elf spanische Dominikaner und 10 Franzosen aus der Gesellschaft des Pariser Missionsseminars (MEP). Die Mehrheit (75) wurde geköpft, andere starben nach vielfältigen Arten der Folter: sie wurden aufgehängt, lebendig verbrannt, gevierteilt, oder sie starben im Gefängnis nach den Folterungen. Während die erwähnten Märtyrer zu verschiedenen Anlässen unter drei Päpsten, nämlich Leo XIII., Pius X. und Pius XII., seliggesprochen worden waren, wurden sie alle gemeinsam vom Heiligen Papst Johannes Paul II. im Jahr 1988 heiliggesprochen. In seiner Predigt bei der Heiligsprechung hat der heilige Papst an den Glauben der vietnamesischen Katholiken trotz aller Schwierigkeiten und Verfolgung erinnert: „Eure Tradition ruft uns in Erinnerung, daß die Geschichte des Martyriums in der Kirche von Vietnam seit ihren Anfängen lang und verbreitet ist. Seit dem Jahr 1533, das heißt seit Beginn der christlichen Verkündigung in Südostasien, hat die Kirche in Vietnam sofort und über drei Jahrhunderte mehrere Verfolgungswellen erlitten, wie sie auch die Kirche im Westen mit einigen Ruhephasen in den drei Jahrhunderts ihres Lebens getroffen hat. Es gab tausende, die das Martyrium traf, und viele von ihnen starben in den Bergen, den Wäldern und ungesunden Gebieten, wohin sie verschleppt worden waren“ (Predigt am 19. Juni 1988). Das Zeugnis der Märtyrer, ihr Beispiel und ihre Fürsprache, haben viele Gläubige in Eurem Volk dazu befähigt, anderen Verfolgungen zu widerstehen, auch in jüngster Zeit, weil sie auf den Herrn Jesus vertrauten, auf sein Kreuz, in dem seine Auferstehung und die seiner Jünger vorangekündigt ist. Er hat nämlich gesagt: „Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen“ (Joh 15,20) und weiter: „In der Welt seid ihr in Bedrängnis; aber habt Mut: Ich habe die Welt besiegt“ (Joh 16,33).

3. Die christliche Gemeinschaft.

Seit 10 Jahren gibt es nunmehr die Seelsorge für die vietnamesischen Katholiken hier an St. Aloysius in Berlin. Wie sollte man nicht der Allerheiligsten Dreifaltigkeit dafür danken, dem dreieinen Gott, von dem alles Leben kommt, alles Gute, jeder Segen. Jede Eucharistiefeier ist eine Gnadenhandlung von Gottvater durch die Gabe Jesu, seines eingeborenen Sohnes in der Gnade des Heiligen Geistes. Mit diesen Gnadenhandlungen vereinen wir unseren Dank für Eure Gemeinde in diesem Land, deren Mitglieder nicht allein an das heroische Zeugnis der Märtyrer von Vietnam erinnern, sondern sich dafür einsetzen, ein authentisches christliches Leben zu führen, das sich in der Liebe zu Gott und zum Nächsten auszeichnet. Liebe Brüder und Schwestern, im Namen des Heiligen Vaters Franziskus danke ich für Euren Glauben und für Euren christlichen Einsatz. Eure Gegenwart in der Erzdiözese Berlin und im Schoß der Kirche in Deutschland ist sehr wichtig. Damit wird nicht nur gezeigt, daß die Katholische Kirche sich aus allen Völkern, Sprachen und Nationen zusammensetzt, sondern daß sie mit vielen geistlichen, religiösen und kulturellen Gaben, die Eurem Volk eigen sind, bereichert wird. Im Namen von Papst Franziskus ermutige ich Euch zu noch größerem Eifer, die Schönheit des Glaubens an Jesus Christus, den Messias und König des Weltalls, den Landsleuten vorzuschlagen, die keine Christen sind. Er ist der einzige Mensch, der, weil er auch Gott ist, sagen kann: „Ich bin das Alpha und das Omega, … der ist und der war und der kommt, der Herrscher über die ganze Schöpfung“ (Offb 1,8).

Ich schließe mit den Worten des Heiligen Papstes Johannes Pauls II.: „Noch einmal sagen wir, daß das Blut der Märtyrer für Euch Christen von Vietnam eine Quelle der Gnade ist, um im Glauben fortzuschreiten. In Euch lebt der Glaube unserer Väter und wird auch noch der neuen Generation weitergegeben. Dieser Glaube bleibt das Fundament der Ausdauer für all jene, die authentisch vietnamesisch sind, um ihrem Land treu zu bleiben und zugleich wahre Jünger Christi sein zu wollen“ (Predigt am 19. Juni 1988).

Vertrauen wir diese guten Vorsätze der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria, der Gottesmutter von La Vang, und den 117 vietnamesischen Märtyrern an, damit jeder von Euch persönlich wie als Mitglied der katholischen Gemeinschaft ein noch besserer Christ werde, eifriger Jünger Jesu Christi und feuriger Missionar seines Evangeliums, das die gute Nachricht für alle Menschen und für immer bleibt. Amen.

 

 

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