Predigt von Nuntius Eterovic bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Ordensobernkonferenz

Vallendar, 12. Juni 2018

(1 Kg 17,7-16; Ps 5; Mt 5,13-16)

„Ihr seid das Salz der Erde ….. ihr seid das Licht der Welt“ (Mt 5,13.14).

 

Liebe Brüder und Schwestern!

Die Worte, die wir soeben im Evangelium gehört haben, sind Teil der Bergpredigt, der Magna Charta des christlichen Lebens. Jesus Christus richtet seine Worte an jeden Christen und in besonderer Weise an jene, die seinen Ruf, ihm zu folgen, in einem geweihten Leben angenommen haben. Als Vertreter des Heiligen Vaters Franziskus in der Bundesrepublik Deutschland danke ich Euch für die Einladung, auch in diesem Jahr an der jährlichen Konferenz der Ordensoberen in Deutschland (DOK) teilzunehmen. Gerne übermittle ich Euch die herzlichen Grüße von Papst Franziskus, sowie dessen Versicherung seiner geistlichen Nähe. Als Zeichen unserer tiefen Einheit mit dem Bischof von Rom und Hirten der Universalkirche erteile ich Euch am Ende dieser Heiligen Messe im Namen des Papstes den Apostolischen Segen.

Auch im Verlauf dieser Homelie möchte ich Euch die Überlegungen des Heiligen Vaters zum Ordensleben vermitteln und werde auf diese Weise so etwas wie sein Lautsprecher. Beginnen möchte ich mit den Worten von Papst Franziskus über die Bedeutung des Heiligen Geistes, um den Ruf des Herrn Jesus zu verstehen und zu leben, Salz der Erde und Licht der Welt zu sein. In der Katechese über das Sakrament der Firmung hat der Bischof von Rom festgestellt, daß der Herr Jesus den Seinen eine große Aufgabe und Mission anvertraut hat, wenn er sie auffordert, Salz der Erde und Licht der Welt zu sein: „Diese Bilder“ – so Papst Franziskus – „lassen uns an unser Verhalten denken, denn sowohl der Mangel als auch das Übermaß an Salz machen die Nahrung ungenießbar, ebenso wie der Mangel oder das Übermaß an Licht das Sehen verhindern. Wer uns wirklich zu Salz machen kann, das Geschmack verleiht und vor dem Verderben bewahrt, und zu Licht, das die Welt erleuchtet, ist nur der Geist Christi!“ (Katechese, Generalaudienz am 23. Mai 2018). Wir vertrauen dem Heiligen Geist, „der Herr ist und lebendig macht“ (Nicäno-konstantinopolitianisches Glaubensbekenntnis), um mit der richtigen Dosierung Salz und Licht authentische Zeugen Christi, der auferstanden und in unserer Mitte gegenwärtig ist, und eifrige Verkünder seines Evangeliums zu sein. Das sollen wir mit Worten tun, mehr noch aber mit dem Beispiel unseres Lebens, das dem Lobe Gottes und dem Dienst am Nächsten geweiht ist, vor allem an denen, die der geistlichen und materiellen Hilfe bedürfen.

Geführt vom Heiligen Geist, folgen wir der Einladung des Heiligen Vaters Franziskus vom 04. Mai 2018 an die Teilnehmer beim Internationalen Kongress der Kongregation für die Institute geweihten Lebens und Gesellschaften Apostolischen Lebens, um das christliche und das Ordensleben mit Hilfe von drei Säulen zu erfüllen, die stets aktuell bleiben: das Gebet (I), die Armut (II) und die Geduld (III).

1. Das Gebet.

Mit den Worten des Heiligen Vaters heißt das: „Die Kirche braucht Männer und Frauen, die in diesem Augenblick so großen Leids in der Menschheit beten“. Für den Papst „bedeutet das Gebet, immer wieder zur ersten Berufung zurückzukehren. Das gilt für jede Art von Gebet, vielleicht ein Gebet in der Not, aber es ist immer ein Zurückkehren zu jener Person, die mich berufen hat. Das Gebet des Gottgeweihten oder der Gottgeweihten ist ein Zurückkehren zum Herrn, der mich eingeladen hat, ihm nahe zu sein. Zu ihm zurückkehren, der mir in die Augen geblickt und gesagt hat: »Komm! Verlass alles und komm!« … Und wir denken an die Freude jenes Augenblicks, als wir das Viele oder Wenige, was wir hatten, zurückgelassen haben. Jeder weiß, was er zurückgelassen hat: die Mutter, den Vater, die Familie, eine Karriere zu verlassen. … Und das Gebet ist es, das bewirkt, dass ich für den Herrn arbeite, nicht für mein eigenes Interesse oder für die Institution, in der ich arbeite. Nein, für den Herrn! … Es ist das Lächeln der ersten Schritte. … Dann kamen die Probleme, viele Probleme, die wir alle hatten. Aber es geht immer darum, zur Begegnung mit dem Herrn zurückzukehren. Im geweihten Leben ist das Gebet die Luft, die uns jene Berufung atmen, jene Berufung erneuern lässt. Ohne diese Luft können wir keine guten Gottgeweihten sein. Vielleicht werden wir gute Menschen, Christen, Katholiken sein, die in so vielen Werken der Kirche arbeiten, aber die Weihe musst du beständig dort erneuern: im Gebet, in einer Begegnung mit dem Herrn“. Um aufzuzeigen, daß man in der Liebe zum Nächsten sehr aktiv und dennoch Zeit für das Gebet einräumen kann, erwähnt der Heilige Vater das Beispiel der Heiligen Theresa von Kalkutta, von der man weiß, trotz ihres vielfältigen Einsatzes, „die zwei Stunden Gebet vor dem Allerheiligsten nahm ihr niemand“. Jeder muss prüfen, wie, wo und wann man betet, wobei man sich bewußt sein muss, „man kann das geweihte Leben nicht leben, man kann nicht unterscheiden, was geschieht, ohne mit dem Herrn zu sprechen“.

2. Die Armut.

Mit Bezug auf einen Satz in den Konstitutionen der Gesellschaft Jesu, wo der Heilige Ignatius schreibt: „Die Armut ist die Mutter, sie ist die Stützmauer des geweihten Lebens“, spezifiziert der Heilige Vater, „ohne Armut gibt es keine Fruchtbarkeit im geweihten Leben“. Sie ist die Mauer, die vor dem Geist der Weltlichkeit schützt. „Wir alle wissen, dass der Teufel durch die Taschen kommt“ sagt der Heilige Vater und fährt fort: „Die kleinen Versuchungen gegen die Armut sind dem Leib des geweihten Lebens zugefügte Wunden“. Es ist selbstverständlich, die Armut nach den Regeln, den Konstitutionen einer jeden Kongregation zu leben: „Und das ist nicht verhandelbar. Ohne Armut werden wir niemals gut unterscheiden können, was in der Welt geschieht. Ohne den Geist der Armut. »Lass alles, gib es den Armen«, hat der Herr zu jenem Jüngling gesagt. Und dieser Jüngling sind wir alle“. „Und mit diesem Geist der Armut verteidigt uns der Herr – er verteidigt uns! – gegen viele Probleme und andere Dinge, die das geweihte Leben zerstören wollen“. Gemäß dem Heiligen Vater gibt es „drei Stufen beim Übergang von der religiösen Weihe zur religiösen Weltlichkeit: … Die erste: das Geld, das heißt fehlende Armut. Die zweite: Eitelkeit, die von dem Extrem, wie ein »Pfau« herumzustolzieren, bis zu kleinen Eitelkeiten reicht. Und drittens: der Hochmut, der Stolz. Und von da an alle Laster. Aber die erste Stufe ist die Anhänglichkeit an den Reichtum, das Kleben am Geld. Wenn man darüber wacht, kommen die anderen nicht“. Die Armut hingegen „ist die Mauer, die uns gegen die anderen verteidigt. Sie ist Mutter, die uns mehr zu Ordensleuten werden und uns unsren ganzen Reichtum in den Herrn setzen lässt“.

3. Die Geduld.

Um richtig zu verstehen, was mit Geduld gemeint ist, muss man auf die Geduld Jesu schauen, „die er hatte, um bis an das Ende seines Lebens zu gehen. Als Jesus nach dem Letzten Abendmahl in den Ölgarten geht, ist das der Moment, von dem wir sagen können, dass er in besonderer Weise »in die Geduld eintritt «. »In die Geduld eintreten«: Das ist eine Haltung jeder Weihe, die bei den kleinen Dingen des Gemeinschaftslebens oder des Lebens der Weihe beginnt, die jeder hat in dieser Verschiedenheit, die der Heilige Geist bewirkt, … bis hin zur Selbsthingabe, zur Hingabe des Lebens. … Ohne Geduld, das heißt ohne die Fähigkeit zu leiden, ohne »in die Geduld einzutreten«, kann ein geweihtes Leben sich nicht halten, es wird nur zur Hälfte sein. … Geduld. Einander ertragen. Aber nicht nur Geduld im Gemeinschaftsleben: Geduld angesichts der Leiden in der Welt. Die Probleme, die Leiden der Welt auf den Schultern tragen. »In die Geduld eintreten«, wie Jesus in die Geduld eingetreten ist, um die Erlösung zu vollbringen. Das ist ein Schlüsselpunkt nicht nur, um diese internen Kämpfe zu vermeiden, die ein Skandal sind, sondern auch um geweiht zu sein, um unterscheiden zu können“. Der Heilige Vater hat besonders die Geduld unterstrichen, denn sie ist angesichts des Mangels an Berufungen nötig. Er hat zwei negative Fälle erwähnt, wo es an der Geduld gemangelt hatte, „in einem allzu säkularisierten Land, die zwei Kongregationen und ihre beiden jeweiligen Provinzen betreffen. Die Provinz hat jenen Weg eingeschlagen, der ebenso ein weltlicher Weg ist, den Weg der »ars bene moriendi«, die Haltung, um gut zu sterben. Und was bedeutet das in jener Provinz, in den beiden Provinzen von zwei verschiedenen Kongregationen? Die Zulassung zum Noviziat schließen, und wir, die wir hier sind, altern bis zum Tod. … Wir verkaufen und klammern uns an das Geld für irgendetwas, was in der Zukunft passieren könnte. Das ist ein Signal, ein Signal, dass man dem Tod nahe ist: Wenn eine Kongregation beginnt, sich an das Geld zu klammern“. Wenn man keine Geduld mehr hat, fällt man darüber hinaus in einen Mangel an Armut.

Der Heilige Vater stellt eine Frage, die sich an alle Ordensleute persönlich richtet: „Ist das in jenen beiden Provinzen geschehen, die die Option der »ars bene moriendi« gewählt haben? Geschieht es in meinem Herzen? Ist meine Geduld zu Ende und gehe ich weiter, gerade so überlebend? Ohne Geduld kann man nicht großherzig sein, kann man dem Herrn nicht folgen. Wir werden müde. Wir folgen ihm bis zu einem gewissen Punkt, und bei der ersten oder der zweiten Prüfung: Tschüss! Ich wähle die »ars bene moriendi«. Mein geweihtes Leben ist bis hierhin gekommen, hier verschließe ich das Herz und überlebe nur. … Diese »ars bene moriendi« ist die geistliche Euthanasie eines geweihten Herzens, das nicht mehr kann, das nicht den Mut hat, dem Herrn zu folgen“. Angesichts des Mangels an Berufungen lädt der Heilige Vater dazu ein, dem Beispiel des Abraham und seiner Frau Sarah zu folgen, die trotz ihres Alters auf das Eingreifen Gottes hin Nachkommen hatten, fruchtbar wurden.

Vertrauen wir das geweihte Leben der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, die fruchtbar wurde, als sie die Mutter Jesu und Mutter der Kirche wurde. Lassen wir uns vom Heiligen Geist führen, der die Seele der Kirche ist, immer jung, immer anziehend, immer fruchtbar. Beten wir, daß jene, die Gott zum geweihten Leben berufen hat, auf radikale Weise das Gebet, die Armut und die Geduld leben. Sie mögen sicher sein, daß der, der betet, der arm und geduldig ist, auch fruchtbar sein wird und sich der Ruf des Herrn Jesus verwirklicht, Salz der Erde und Licht der Welt zu sein. Amen.

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