Predigt von Nuntius Eterovic beim Pontifikalamt auf dem Altöttinger Klostermarkt

St. Konrad zu Altötting, 30. August 2024

(1 Kor 1,17-25; Ps 33; Mt 25,1-13)

Freitag der 21. Woche im Jahreskreis – LJ II

„Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde“ (Mt 25,13).

Liebe Schwestern und Brüder!

Der Abschnitt aus dem Matthäusevangelium, den wir gehört haben, ist wohlbekannt. Denn alle kennen das Gleichnis von den zehn Jungfrauen, den fünf törichten und den fünf klugen. Die ersteren hatten kein zusätzliches Öl für die Lampen mitgenommen, während fünf klugen daran gedacht haben. Um das Gleichnis gut zu verstehen, denn die Botschaft Jesu richtet sich auch an uns, ist daran zu erinnern, dass der Herr sich auf eine allgemein bekannte Erfahrung im Heiligen Land seiner Zeit bezieht, wo Hochzeiten wegen der schwülen Witterung erst am Abend stattfanden und bis zum frühen Morgen gefeiert wurde. Bei einer Hochzeit bildeten sich zwei Begleitgruppen, eine für den Bräutigam, eine für die Braut, die sich aus Freundinnen zusammensetzte und auf die Ankunft des Bräutigams und der Gruppe mit seinen Freunden warteten. Beide machten sich sodann auf den Weg, um die Hochzeit im Vaterhaus der Braut anzukündigen, die Braut abzuholen und sie in das Haus des Bräutigams zu führen, wo die Hochzeit gefeiert wurde. Die Begleitung übernahm jeder aus der Gruppe mit brennenden Lampen. Diese aber waren recht klein, so dass das darin enthaltene Öl nur eine begrenzte Zeit reichte. Es war daher umsichtig, wenn jede der Jungfrauen für den Fall genügend Öl in Reserve mit sich führte, dass die Ankunft des Bräutigams sich verzögerte oder Weg zur Hochzeitsfeier lang sein würde.

Nach der Erzählung Jesu verspätete sich die Ankunft des Bräutigams und alle zehn Jungfrauen fielen in den Schlaf. Als er endlich gegen Mitternacht erschien, erwachten sie alle und machten ihre Lampen bereit. Die fünf törichten Jungfrauen jedoch bemerkten, nicht genügend Lampenöl mitgenommen zu haben und baten die klugen Jungfrauen um Hilfe. Sie aber konnten nicht helfen, denn sonst hätten auch sie nicht mehr ausreichend Öl gehabt. Und so kam es, „während sie noch unterwegs waren, um es zu kaufen, kam der Bräutigam. Die Jungfrauen, die bereit waren, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal und die Tür wurde zugeschlossen“ (Mt 25,10). Die törichten Jungfrauen wurden sehr enttäuscht, als auf ihr Flehen: „Herr, Herr, mach uns auf!“ der Bräutigam antwortete: „Amen, ich sage euch: Ich kenne euch nicht“ (Mt 25,11-12).

Diese biblische Überlieferung hat manchen Künstler zu Kunstwerken inspiriert. So haben wir beispielsweise Skulpturen zu dieser biblischen Szene mit den zehn Jungfrauen in den vier deutschen Domkirchen von Erfurt, Freiburg, Magdeburg und Lübeck. Fünf der Jungfrauen waren glücklich, denn die konnten in den Hochzeitssaal des Bräutigams eintreten, während die anderen traurig und niedergeschlagen waren, da sie vom Hochzeitsmahl ausgeschlossen wurden.

Liebe Brüder und Schwestern, bevor ich zur theologischen und kirchlichen Deutung des Gleichnisses komme, möchte ich Euch alle im Namen des Heiligen Vaters Franziskus grüßen, den ich die Ehre habe in der Bundesrepublik Deutschland zu vertreten. Ich danke Euch vor allem für das Gebet, mit dem ihr seinen so wichtigen Dienst in der Kirche, vor allem für ihre Einheit, und besonders für den Frieden und die Gerechtigkeit in der Welt begleitet. Ich danke Herrn Christian Wieser, den Organisator des Altöttinger Klostermarktes, sehr für die Einladung, Ehrengast dieses 20. Marktes sein zu dürfen. Als Zeichen der geistlichen Verbundenheit mit dem Bischof von Rom und Hirten der Universalkirche erteile ich Euch am Ende der Heiligen Messe gerne den Apostolischen Segen, der auch alle Personen einschließt, die Euch lieb sind und jene, die heute nicht zu dieser Eucharistiefeier kommen konnten, vor allem die Alten, die Kranken und an den Rand Gedrängten.

Wie die fünf klugen Jungfrauen, so müssen auch wir bereit sein für die Begegnung mit dem Herrn, wenn er kommt. Doch was bedeutet „bereit sein“? Hierzu sagte Papst Franziskus: „Viele Male mahnt Jesus im Evangelium, wachsam zu sein, und er tut es auch am Ende dieser Erzählung. Er sagt: »Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde« (Mt 25,13). Doch mit diesem Gleichnis sagt er uns, dass Wachsamkeit nicht nur bedeutet, nicht zu schlafen, sondern vorbereitet zu sein. Denn alle Jungfrauen schlafen vor der Ankunft des Bräutigams ein, doch als sie geweckt werden, sind einige bereit und andere nicht. Hier also liegt die Bedeutung davon, klug und umsichtig zu sein: Es geht darum, nicht bis zum letzten Moment unseres Lebens zu warten, um mit der Gnade Gottes zusammenzuarbeiten, sondern es bereits jetzt zu tun“ (Angelus, 12. November 2017).

Die Lampen und das Öl im Gleichnis haben eine symbolische Bedeutung. Nach dem Heiligen Vater Franziskus ist die Lampe „das Symbol für den Glauben, der unser Leben erhellt, während das Öl die Nächstenliebe symbolisiert, die das Licht des Glaubens speist, fruchtbar und glaubwürdig macht. Die Voraussetzung, um für die Begegnung mit dem Herrn bereit zu sein, ist nicht allein der Glaube, sondern ein an Gottes- und Nächstenliebe reiches christliches Leben. Wenn wir uns von dem leiten lassen, was bequemer erscheint, von der Suche nach unseren Interessen, dann wird unser Leben unfruchtbar, unfähig, den anderen Leben zu schenken, wir sammeln keinen Ölvorrat für die Lampe unseres Glaubens und dieser – der Glaube – wird im Augenblick des Kommens des Herrn oder noch vorher verlöschen. Wenn wir dagegen wachsam sind und versuchen, das Gute zu tun, mit Gesten der Liebe, des gemeinsamen Teilens, des Dienstes am Nächsten, der sich in Schwierigkeiten befindet, können wir ruhig sein, während wir das Kommen des Bräutigams erwarten: Der Herr wird in jedem Moment kommen können und auch der Schlaf des Todes erschreckt uns nicht, da wir die Ölreserve haben, die wir mit den guten Werken aller Tage angesammelt haben. Der Glaube inspiriert die Nächstenliebe und die Nächstenliebe bewahrt den Glauben“ (a.a.O., ebd.). Jesus selbst ermuntert uns, dass wir in diesem Geist wirken sollen: „Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40). Zugleich verweist er darauf, dass wir die Werke der Liebe nach seinem Beispiel tun sollen: „Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen“ (Mt 25,35-36).

Der Herr Jesus fügt den Tugenden von Glaube und Liebe auch jene der Hoffnung zu. Diese drückt sich unter anderem durch ein glückseliges Lächeln der fünf klugen Jungfrauen aus. Ähnlich wie bei Marta, der Schwester des Lazarus, so versichert Jesus Christus auch einem jeden von uns: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben“ (Joh 11,25-26). Jeder Getaufte und mit der Gnade des Heiligen Geistes Gestärkte ist schon in den mystischen Leib Jesus Christi, welcher Seine Kirche ist (vgl. Eph 5,23), eingefügt. Eins mit dem auferstandenen und in unserer Mitte gegenwärtigen Herr Jesus hat der Christ schon Anteil am ewigen Leben, auch wenn er weiß, dass es sich in Fülle erst am Ende der menschlichen Geschichte mit der Auferstehung der Toten ereignen wird, wenn wir in der Gemeinschaft der Heiligen in der Anschauung unseres Gottes in Vater, Sohn und Heiligem Geist das Lob singen ohne Ende.

Im Heiligtum von Altötting sind wir versammelt und vertrauen der seligen Jungfrau und Gottesmutter Maria, der Patrona Bavariae unsere Bitten an, auf dass ihre mächtige Fürsprache uns helfe, „unseren Glauben durch die Nächstenliebe immer wirksamer zu machen, damit unsere Lampe bereits hier auf unserem irdischen Weg leuchten möge und dann für immer beim Hochzeitsfest im Paradies“ (a.a.O., ebd.). Amen.

Zurück