Predigt von Nuntius Eterovic zum Gedenken an den Hl. Apostel Matthias

DOK-Mitgliederversammlung in Vallendar, 14. Mai 2024

(Apg 1,15-17.20-26; Ps 113; Joh 15,9-17)

„Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird“ (Joh 15,11).

Liebe Brüder und Schwestern!

-Die Kirche ist apostolisch. Das Fest des heiligen Apostels Matthias wird im deutschen Sprachraum auch nach der Kalenderreform von 1970 weiterhin am 24. Februar gefeiert. In der Weltkirche jedoch wurde sein Fest auf den heutigen 14. Mai verlegt. Hier in Vallendar sind wir im verehrten Bistum Trier, das die Reliquien des heiligen Matthias beherbergt und den nachgewählten Apostel als Bistumspatron anruft. Es ist daher sicher angebracht, wenn wir seiner auch am heutigen Tag freudig gedenken.

Im eben verkündeten Abschnitt aus der Apostelgeschichte erfahren wir den Grund, warum Matthias zu den Aposteln gezählt wird und auf welche Weise die elf Apostel dabei vorgegangen sind. Anlass der Wahl des Matthias war der Tod des Apostels Judas Iskariot, der Jesus ausgeliefert hatte und aus Reue über diese Tat „an seinen Ort“ gegangen ist (Apg 1,25). Bei der Wahl des Matthias ist die Sorge der Elf maßgeblich, ihr Kollegium mit einem weiteren Mitglied zu vervollständigen, so dass wiederum zwölf Apostel gezählt werden. Auf diese Weise spiegelt sich der Wille des Herrn Jesus, der zwölf zu Aposteln erwählt hatte, nicht allein, um an die zwölf Stämme des auserwählten Volkes Israels zu erinnern, sondern um das neue Israel zu symbolisieren, das aus allen Völkern gerufen wird (vgl. Mk 16,15-20). Die Vorgehensweise entspricht dem Willen des Herrn, der Menschen frei in seinen Dienst ruft. Dies hat Jesus Christus klar zum Ausdruck gebracht, wenn er sagt: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt“ (Joh 15,16). Jesus hat die zwölf Apostel berufen. Und er ruft auch heute junge Menschen, Frauen und Männer zum Dienst in seiner Kirche. Dies geschieht durch die Gnade des Heiligen Geistes, wobei den Verantwortlichen der Kirche, den Bischöfen, Oberinnen und Oberen und deren Mitarbeitenden die Verantwortung anvertraut ist, über die Echtheit der jeweiligen Berufung zu entscheiden.

Weiterhin ist das Kriterium hervorzuheben, das der heilige Petrus, der erste der Apostel, für die Wahl des zwölften Apostels angegeben hat: „Es ist also nötig, dass einer von den Männern, die mit uns die ganze Zeit zusammen waren, als Jesus, der Herr, bei uns ein und aus ging, angefangen von der Taufe durch Johannes bis zu dem Tag, an dem er von uns ging und in den Himmel aufgenommen wurde - einer von diesen muss nun zusammen mit uns Zeuge seiner Auferstehung sein“ (Apg 1,21-22). Um dem Judas Iskariot nachzufolgen, wurden zwei Kandidaten aufgestellt, welche die genannten Kriterien erfüllten. Der Kandidat Josef wird vor Matthias und mit genaueren Angaben zur Person genannt: „Josef, genannt Barsabbas, mit dem Beinamen Justus“ (Apg 1,23). Möglicherweise war er bekannter und wurde vielleicht von der Gruppe bevorzugt. Doch Gott entscheidet nach anderen Kriterien: „Sie warfen das Los über sie; das Los fiel auf Matthias und er wurde den elf Aposteln zugezählt“ (Apg 1,26). Auch bei der Wahl von Kandidaten zum Leben als Priester oder bei den Frauen und Männern zum Ordensleben kommt es nicht selten vor, dass menschliche Kriterien nicht ausreichen oder nicht entscheidend sind im Angesicht der Berufung Gottes. Oft wird im religiösen Leben unserer Gemeinschaften das Motiv betont, weswegen der heilige Apostel Paulus Gott gepriesen hat: „Das Törichte in der Welt hat Gott erwählt, um die Weisen zuschanden zu machen, und das Schwache in der Welt hat Gott erwählt, um das Starke zuschanden zu machen. Und das Niedrige in der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt: das, was nichts ist, um das, was etwas ist, zu vernichten, damit kein Mensch sich rühmen kann vor Gott“ (1 Kor 1,27-29). In jedem Fall ergibt sich aus der Wahl des Matthias klar, dass der Glaube der berufenen Person von hoher Bedeutung ist, nämlich der Glaube an den auferstandenen Herrn Jesus Christus, der inmitten der Seinen bis zum Ende der Zeiten gegenwärtig ist.

-Die Gabe des Glaubens. Das Gedächtnis an den heiligen Matthias erinnert uns also an die Wahrheit, dass die Kirche apostolisch und auf das Fundament der Apostel gegründet ist, die Zeugen des Lebens und des Ostergeheimnisses von Leiden, Tod und Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus waren. Im Großen Glaubensbekenntnis bekennen wir: „Ich glaube die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“. Das ganze Credo gründet sich auf die Gabe des Glaubens, denn es beginnt mit den Worten: „Ich glaube an den einen Gott, den Vater, den allmächtigen, der alles geschaffen hat, Himmel und Erde“. Das Credo, ich glaube, wiederholt sich bei jeder der drei Personen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Es ist daher wichtig, kurz die göttliche Tugend des Glaubens zu bedenken.

In einer der jüngsten Katechesen hat der Heilige Vater Franziskus, dessen Grüße ich sehr gerne als sein Vertreter in der Bundesrepublik Deutschland überbringe, diese theologische Tugend des Glaubens im Dreiklang mit Hoffnung und Liebe vorgestellt. Sie werden die göttlichen Tugenden genannt, „weil sie nur dank der Gabe Gottes gelebt werden können. Die drei theologischen Tugenden sind die großen Gaben, die Gott unserer moralischen Fähigkeit schenkt. Ohne sie sind wir zwar fähig, besonnen, gerecht, stark und gemäßigt zu sein, aber wir hätten keine Augen, die auch im Dunkeln sehen, wir hätten kein Herz, das liebt, auch wenn es nicht geliebt wird, wir hätten keine Hoffnung, die wagt, wider alle Hoffnung zu hoffen“ (Papst Franziskus, Generalaudienz, 1. Mai 2024).

Die erste der göttlichen Tugenden ist der Glaube. Um sie prägnant und klar zu beschreiben, verwendet Papst Franziskus die Formulierung aus dem Katechismus der Katholischen Kirche: „Im Glauben ‚überantwortet sich der Mensch Gott als ganzer in Freiheit‘ (DV 5)“ (KKK, Nr. 1814). In diesem Zusammenhang weist der Papst auf die Glaubensbeispiele im Alten Testament, angefangen bei Abraham, unserem Vater im Glauben. Sodann werden Mose und die selige Jungfrau Maria erwähnt. Mit Blick auf diese leuchtenden Beispiele erklärt der Bischof von Rom: „Der Glaube ist die Tugend, die den Christen macht. Denn Christ zu sein, bedeutet nicht in erster Linie, eine Kultur mit den sie begleitenden Werten zu akzeptieren, sondern Christsein bedeutet, eine Bindung einzugehen und sie zu pflegen, eine Bindung zu Gott: ich und Gott; meine Person und das liebenswerte Antlitz Jesus sind es, was uns zu Christen macht“ (a.a.O., ebd.).

Nach Ansicht des Heiligen Vaters ist der Glaube „das beglücklichendste Geschenk, die einzige Tugend, um die wir zu beneiden sind. Denn wer glaubt, dem wohnt eine Kraft inne, die nicht nur menschlich ist. Tatsächlich löst der Glaube Gnade in uns aus und öffnet den Geist für das Geheimnis Gottes, wie Jesus einmal sagte: „Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Entwurzle dich und verpflanz dich ins Meer! und er würde euch gehorchen“ (Lk 17,6)“ (a.a.O., ebd.).

Wie wir aus dem Neuen Testament wissen, konnte der Herr Jesus an Menschen, die nicht an ihn glaubten, keine Wunder wirken (vgl. Mk 6,5-6). Vielmehr wurden Menschen, die sich im Glauben an ihn wandten, ihre Bitten erfüllt. Dies geschah zum Beispiel, als Jesus einer Frau, die zwölf Jahre an Blutungen gelitten hatte, sagte, nachdem sie gläubig sein Kleid berührte und Er sie inmitten der Menge identifizierte: „Dein Glaube hat dich gerettet. Geh in Frieden“ (Lk 7,50). Der Glaube ist die Stärke des Christen in der Welt, die Jesus Christus und seinem Evangelium oft feindlich gegenübersteht. Zuversichtlich versichert der heilige Apostel Johannes: „Denn alles, was aus Gott gezeugt ist, besiegt die Welt. Und das ist der Sieg, der die Welt besiegt hat: unser Glaube“ (1 Joh 5,4).

Liebe Brüder und Schwestern, die gegenwärtige Krise in der Kirche im Allgemeinen sowie im geweihten Leben ist hauptsächlich auf einen Mangel an Glauben zurückzuführen. Ohne den Glauben, der das Geschenk Gottes ist, an dem aber auch der Mensch mitwirken muss, bleiben alle unsere pastoralen Projekte, aber auch die wertvollen sozialen und caritativen Initiativen unvollständig und ohne wahren Sinn, den sie nur durch den Glauben erlangen können. Natürlich handelt es sich oft um einen schwachen Glauben, deshalb müssen wir wie die Jünger beten: „Herr, stärke unseren Glauben“ (Lk 17,5). Mit einem gestärkten Glauben aber werden wir den Sinn unseres Priester- und Ordenslebens wiederentdecken und die Begeisterung der ersten Stunde wiedererlangen, als wir großherzig den Ruf des Herrn Jesus angenommen haben: Komm mir nach! Ich werde dich zu einem Menschenfischer machen (vgl. Mt 4, 19). Auf diese Weise werden wir das Wort des Herrn Jesus verstehen: „Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und eure Freude vollkommen wird“ (Joh 15, 11). Durch den Glauben sind wir fähig, diese Freude zu leben und an die Menschen in unserer Nähe und in der Ferne weiterzugeben, denen wir bei unserem kirchlichen Dienst begegnen.

Auf die Fürsprache des heiligen Apostels Matthias und vor allem der seligen Jungfrau Maria, die wir im Monat Mai als Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz verehren, nehmen wir die Gabe des Heiligen Geistes an, um unsere christliche Berufung im Priestertum und im Ordensleben verwirklichen zu können. Folgen wir dem Beispiel der Gottesmutter und akzeptieren wir den Willen Gottes. „Die Jungfrau Maria war eine gläubige Frau, die auf die Ankündigung des Engels, die viele als zu anspruchsvoll und riskant abgetan hätten, geantwortet hat: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast“ (Lk 1,38). Mit einem Herzen voller Glauben, einem Herzen voller Vertrauen auf Gott macht sich Maria auf den Weg, den sie weder kennt, noch um seine Gefahren weiß. (a.a.O., ebd.). Wie Maria folgen auch wir dem Weg, den Gott für einen jeden von uns vorgesehen hat, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

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