Predigt von Nuntius Eterovic zum Hohen Pfingstfest
Pfingstfestival der Jugend, Kempten, 19. Mai 2024
(Apg 2,1-11; Ps 104; Gal 5,16-25; Joh 15,26-27;16,12-15)
„Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten“ (Joh 16,13).
Liebe Schwestern und Brüder!
Mit großer Freude feiner wir das Hohe Pfingstfest. Wir danken Gott dem Vater, weil wir die Gabe des Heiligen Geistes schon durch die Verdienste seines Eingeborenen Sohnes und unseres Herrn und Bruders Jesus Christus im Sakrament der Taufe empfangen haben. Heute grüße ich von Herzen unter den Jugendlichen besonders jene Gruppe junger Leute, die den Heiligen Geist im Sakrament der Firmung empfangen werden. Liebe Firmlinge, wir freuen uns mit Euch, denn der Glaube, den bei Eurer Taufe noch die Eltern und Paten für Euch bezeugt haben, diesen Glauben könnt Ihr nunmehr frei und verantwortet vor Gott und dieser gläubig feiernden Gemeinde ablegen. Auch für jene von uns, denen schon vor längerem das Sakrament der Firmung gespendet worden ist und das zu den Sakramenten gehört, das der Gläubige ein einziges Mal in seinem Leben empfangen kann, ist dies eine willkommene Gelegenheit, unseren Glauben an Gott, den Vater, den Sohn und Heiligen Geist zu erneuern. Wir wollen uns aber auch dafür einzusetzen, diesen Glauben als authentische Christen zu leben, indem wir Zeugnis für den Herrn Jesus Christus ablegen und für Sein Evangelium in der Familie, der Kirche und der heutigen Gesellschaft eintreten. Neben vielen positiven Aspekten hält die heutige Zeit für die Gläubigen nicht wenige Herausforderungen bereit, was für eine säkularisierte Gesellschaft typisch ist, wie auch für eine Welt, die lebt, als gäbe es Gott nicht.
Öffnen wir daher unsere Herzen der Gnade des Heiligen Geistes, der mit seiner zärtlichen Kraft in die Herzen der Firmlinge einziehen möge, aber auch jeden von uns erfassen soll, um unseren Glauben, die Hoffnung und die Liebe zu stärken.
-Geist der Wahrheit. Der Herr Jesus hat den Aposteln und somit uns allen in seiner Kirche die Gabe des Heiligen Geistes verheißen: „Es ist gut für euch, dass ich fortgehe. Denn wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen; gehe ich aber, so werde ich ihn zu euch senden“ (Joh 16,7). Am heutigen Festtag erfüllt Jesus, der nach seinem Sieg über Sünde und Tod in den Himmel aufgefahren ist, sein Versprechen und gießt den Heiligen Geist über seine Jünger aus. Im heutigen Evangeliums verdient vor allem folgender Satz Jesu Christi besondere Aufmerksamkeit: „Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten“ (Joh 16,13). Diese Aussage des auferstandenen Herrn zielt auf die Kirche. Dank der kontinuierlichen Begleitung des Heiligen Geistes durch die Jahrhunderte wuchs in ihr das tiefe Verständnis des Ostergeheimnisses, das immer dasselbe Geheimnis bleibt und uns durch Jesus Christus offenbart worden ist. Dennoch bleibt die Kirche offen für bisher weniger bedachte Aspekte der unergründlichen Tiefe des dreieinen Gottes. Denn der Geist ist innig mit dem Herrn Jesus verbunden und wird uns niemals abseits der von Jesus Christus gewirkten Offenbarung führen. Er versichert uns vielmehr: Der Geist „wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird reden, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird. Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden“ (Joh 16,13-14).
Diese Wahrheit lässt sich auf alle Menschen anwenden, besonders auf jeden Getauften und Gefirmten. Der Heilige Geist ist bereit, einen jeden von uns, liebe Schwestern und Brüder, zu einem tieferen Verständnis dieser Wahrheit zu führen. Das Sakrament der Firmung steht für einen besonderen Augenblick im christlichen Leben. Gott selbst will bei jedem Menschen bleiben, der durch die Auflegung der Hände und die Salbung mit heiligen Chrisam-Öl den Heiligen Geist empfangen hat. Auf diese göttliche Treue sollen wir mit unserer Treue antworten, weswegen wir im Glauben wachsen müssen, um uns so der treuen Liebe Gottes zu nähern. Das allerdings können wir nur, wenn wir uns vom Heiligen Geist führen lassen. Und das setzt ständiges Beten voraus, jeden Tag, vor allem am Morgen und am Abend, außerdem das Lesen in der Heiligen Schrift, die Mitfeier der Heiligen Messe an den Sonn- und Feiertagen, wie die Feier der Sakramente, die uns geistlich wachsen lassen, was neben der Eucharistie auch jenes Sakrament der Versöhnung ist. Diese Sakramente befähigen uns, Gott immer mehr zu lieben und diese Liebe dem Nächsten gegenüber zu zeigen, vor allem zu denen, die unsere Liebe am meisten benötigen: die Armen, die Kranken, die Migranten oder die Menschen am Rande der Gesellschaft.
Liebe Schwestern und Brüder, der Heilige Geist macht uns zu Gliedern der Katholischen Kirche. Aus den Unterschieden in Alter, Sprachen, Kulturen, Nationalitäten formt er einen einzigen Leib und einen Geist (vgl. Eph 4,4). Die Katholische Kirche ist eine sehr große Familie mit mehr als 1,3 Milliarden Mitgliedern, die schon allein deswegen nach einem sichtbaren Zentrum, einem Garanten ihrer Einheit verlangt. Dieses Zentrum findet sich nach dem Willen Jesu Christi in der Person des Heiligen Vaters Franziskus, der Bischof von Rom und Hirte der Universalkirche ist. Als sein Vertreter in der Bundesrepublik Deutschland grüße ich Euch und überbringe die herzlichen Grüße des Papstes. Vor allem grüße ich den Dekan und Euren Herrn Pfarrer Bernhard Hesse, der mich eingeladen hat, an diesem Pfingstfestival der Jugend teilzunehmen. Ich danke sodann Euch allen für das Gebet, damit Papst Franziskus seine wichtige Mission in Kirche und Welt verfolgen kann. Als Zeichen unserer Einheit mit dem Papst, der den Vorsitz in der Liebe hat, erteile ich am Ende der Heiligen Messe den Apostolischen Segen, Euch, die Ihr hier seid, und allen, die zu Euch gehören, aber verhindert sind, an dieser Feier teilzunehmen, vor allem die Kranken.
-Das Gebet zum Heiligen Geist. Mit der Pfingstliturgie richten wir auf die Fürsprache des Herrn Jesus an Gott die Bitte: „Du sendest deinen Geist aus: Sie werden erschaffen und du erneuerst das Angesicht der Erde“ (Ps 104,30). Bitten wir den allmächtigen Gott, er möge das Angesicht dieser unserer Erde erneuern, in Deutschland, in Europa und in der ganzen Welt, die seine Gaben so nötig hat, vor allem den Frieden.
In Anwendung der Symbole, mit denen das Kommen des Heiligen Geistes auf die Apostel beschrieben wird, die sich im „Obergemacht“ (Apg 1,13) zum Gebet versammelt hatten, bitten wir Gott den Vater.
-Sende auch in unsere Herzen einen Sturm, der dem ähnlich ist, der den Aposteln gesandt worden war, „ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen“ (Apg 2,2). Wir haben einen solchen Sturm nötig, einen neuen Atem, der die beiden Lungenflügel mit reiner, frischer Luft erfüllt. Fern von uns sei daher die schlechte, verbrauchte, muffige Luft unseres Egoismus, unserer Sünden, die uns ersticken lassen. Mit dem Wind deiner Gnade jedoch bietet sich uns eine neue Dynamik, um die Schönheit des christlichen Glaubens wiederzuentdecken, der in der Einheit und der Vielfalt seiner Ausdrucksformen gelebt wird.
-Sende uns sodann das Feuer deiner Liebe. Im Abendmahlssaal „erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder“ (Apg 2,3). Und so verteile auf jeden von uns das Feuer deiner Liebe. Dein Sohn Jesus hat gesagt: „Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen“ (Lk 12,49). Entzünde in unseren Herzen dieses Feuer, das wir durch Taufe und Firmung empfangen haben, das aber vielfach unwirksam blieb aus Unachtsamkeit, religiöser Gleichgültigkeit oder Konsumrausch. Auch wenn vielleicht nur ein Rest von Glut unter der Asche geblieben ist, so bitten wir um die Gabe des Feuers, um die Liebe in den Herzen zu dir, o Gott, und zum Nächsten neu zu entzünden.
-Sende uns die Gabe der Zungen, um den Nahen und den Fernen die Wundertaten zu verkünden, die du bei den Menschen und in der Welt vollbringst. Wie die Apostel, die „vom Heiligen Geist erfüllt wurden und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab“ (Apg 2,4), so wollen auch wir eifrige Missionare Jesu Christi und authentische Zeugen seines Evangeliums werden, das auch für den Menschen von heute eine frohe Botschaft ist. Befähige uns dazu, Zeugen deines geliebten Sohnes Jesus Christus durch das Beispiel eines christlichen Lebens zu werden und, wo es nötig ist, durch Worte, die von der Bereitschaft zeugen, jedem Rede und Antwort über die Hoffnung zu geben, die uns erfüllt (vgl. 1 Petr 3,15).
Liebe Brüder und Schwestern, vor allem liebe Firmlinge, am Pfingsttag war mit den Aposteln im Abendmahlssaal die selige Jungfrau Maria anwesend. Ihr, der Mutter der Kirche, vertrauen wir unsere Überlegungen und unsere Gebete an, damit uns durch ihre Fürsprache Gottvater, der voller Erbarmen und Güte ist, immer „den Geist der Wahrheit“ sende (Joh 15,26; 16,13). Das ist der Geist Jesus Christi, der jeden von uns zu einem frohen Zeugen und mutigen Missionar seines Evangeliums des Friedens, der Gerechtigkeit, der Hoffnung und des Heils verwandeln möge. Mit der ganzen Kirche rufen wir noch einmal im Gebet zum Heiligen Geist, er möge uns und das Angesicht der Erde nach dem ursprünglichen Plan des dreieinen Gottes erneuern: „Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe“. Amen.