Radiobotschaft von Nuntius Eterovic an die Hörerinnen und Hörer von Novaradio

Novaradio in der Schweiz, 20. Dezember 2020

Verehrte Hörerinnen und Hörer von Novaradio!

„Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden“ (Lk 1,30). So spricht der Engel Gabriel zur seligen Jungfrau Maria. Er ist der Bote des Allerhöchsten und bringt eine unerhörte Botschaft nach Nazareth: Durch die Kraft des Heiligen Geistes soll sie schwanger werden und dem Kind den Namen Jesus geben (vgl. Lk 1,30-35). Die Ankündigung der Menschwerdung Gottes bekommt in dieser adventlichen Zeit, in der wir uns auf das Hohe Weihnachtsfest vorbereiten, einen besonderen Klang. Zum einen gilt: das Staunen ist der erste Schritt des Glaubens. Die marianische Antiphon im Advent Alma redemptoris mater wird in einem deutschen Lied schön umschrieben, wenn es heißt: „Ein Staunen die Natur erfasst, dass du den Herrn geboren hast, den Herrn und Schöpfer aller Welt, der dich erschaffen und erwählt.“ Wenn die Natur schon staunt, um wieviel mehr wir, die wir hören, eine Menschentochter wird dazu bestimmt, die Mutter des Erlösers zu werden. Staunen wir noch, so wie es Kinder können, wenn sie in der Heiligen Nacht die Krippe bestaunen und die herrlichen Lichter am Christbaum bewundern? Das Fest der Menschwerdung Christi möge auch in uns das kindliche Staunen erneuern, weil es zu uns Menschen gehört, zu unserer Natur.

In dieser schwierigen Zeit der Corona-Pandemie fühlen sich viele verunsichert, werden ängstlich vor dem unsichtbaren Virus, das zu schlimmen Folgen für die Gesundheit oder gar den Tod bedeuten kann. Wir wissen zwar, Angst ist ein schlechter Ratgeber in der Krise, doch wir sind manchmal eben wie der Heilige Petrus, der wie Jesus auf dem See wandeln will, doch als er bemerkt, wie heftig der Sturm wütet, bekommt er Angst. „Und als er begann unterzugehen, schrie er: Herr, rette mich!“ (Mt 14,30). Entscheidend für uns heute ist nicht die Kleingläubigkeit des Apostels, sondern vielmehr das, was der Herr Jesus tut. Er rettet den untergehenden Petrus, er lässt ihn nicht im Stich, er hilft „sofort“, wie es im Evangelium heißt (vgl. Mt 14,31). Eine Pandemie ist wie ein solcher Sturm, der uns ängstlich werden lässt. Umso mehr müssen wir uns ein Herz fassen und in den Heiland der Welt unser ganzes Vertrauen setzen, ohne leichtsinnig unser oder gar anderer Leben auf’s Spiel zu setzen. Im Gegenteil. Wer dem Herrn vertraut, der sorgt sich nie nur um sich, sondern auch um andere, die möglicherweise noch ängstlicher sind, vielleicht sogar erkrankt oder dem Tode nahe. Wo es geht, wollen wir für sie da sein, ihnen helfen und zur Seite stehen. In jedem Fall aber rufen wir zum Herrn, der in diese Welt kommt: „Herr, rette sie!“

Der Engel Gabriel kommt nach Nazareth, und seine Botschaft an Maria bringt deren Leben vollständig aus den Bahnen, welche die damalige Welt oder Gesellschaft für eine junge Frau vorgesehen hatten. Sie, die Braut des Heiligen Josef, wird die Braut des Heiligen Geistes. Sie, die Tochter Gottes, wird zur Mutter des Herrn, zur alma mater, zur Nährmutter des Heilands. Das Wort Gottes des vierten Adventssonntags berichtet nicht von einer Erwählung im Sinne von Karriere, sondern Maria wundert sich, versteht zunächst nicht – und trotzdem willigt sie in den Willen Gottes ein. Ein Staunen überkommt uns, wenn wir uns vor Augen halten, dass die Größe der seligen Jungfrau Maria gerade darin besteht, in Demut dem Willen Gottes zuzustimmen. Später wird sie singen: „Mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter. Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut“ (Lk 1,47-48). Maria staunt, wieviel Gnade sie erfahren hat. Gnade, das heißt Leben, das neue Leben, das in ihr wächst, das neue Leben, in das sie durch ihren Sohn Jesus Christus geführt wird, das neue Leben, wo sie auf ewig die Königin des Himmels ist. Doch davon ahnt sie sicher nichts, als der Engel ihr die Geburt des Erlösers ankündigt. Doch in vollem Vertrauen und liebendem Staunen sagt sie: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast“ (Lk 1,38). Dieses Vertrauen wünsche ich Ihnen an diesem letzten Sonntag vor dem Weihnachtsfest, diese staunende Liebe sei ihnen in der Heiligen Nacht geschenkt, wenn wir singen: „Da uns schlägt die rettende Stund. Christ, in deiner Geburt“ (Heilige Nacht, 2. Strophe). Denn dann gilt auch für jeden von uns: „Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden“ (Lk 1,30). Amen.

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