Ansprache von Nuntius Eterovic beim Empfang zum zwölften Jahrestag der Wahl Seiner Heiligkeit Papst Franziskus

Apostolische Nuntiatur, 13. März 2025

Exzellenzen,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Brüder und Schwestern!

„Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe“ (Lk 4,18-19). Mit diesen Worten des Propheten Jesaja (vgl. Jes 61,1-3a) hat der Herr Jesus in der Synagoge von Kafarnaum, wo er die Jugend verbracht hatte, seine Mission angekündigt, zunächst für sein jüdisches Volk und dann für die ganze Welt. Tatsächlich war sein Kommentar zu dem biblischen Abschnitt klar und prägnant: „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt“ (Lk 4,21).

In Treue zur Lehre Jesu, was die Ausrufung eines „Gnadenjahres des Herrn“ einschließt, hat der Heilige Vater Franziskus, der 266. Bischof von Rom, in der Heiligen Nacht zum 25. Dezember 2024 das Heilige Jahr eröffnet, das mit dem Fest der Erscheinung des Herrn am 06. Januar 2026 beschlossen wird. Nach einer alten Tradition ruft der Papst alle 25 Jahre ein Heiliges Jahr aus, bei dem die Worte Jesu (vgl. Lk 4,18-19) in die Tat umgesetzt werden sollen und das ein Jahr der Umkehr und der Erneuerung mit neuen Impulsen für das persönliche und gemeinschaftliche Leben sein soll. Mit der Verkündigungsbulle des ordentlichen Jubiläums des Jahres 2025 vom 09. Mai 2024, die mit den Worten beginnt: „Spes non confundit - die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“ (vgl. Röm 5,5), unterstreicht Papst Franziskus die Bedeutung dieses Jubiläums für die Christen, vor allem die Katholiken, aber auch für die Gläubigen anderer Religionen und für alle Menschen guten Willens. Aus dem Titel ergibt sich, dass die Hoffnung die zentrale Botschaft des Heiligen Jahres 2025 nach der Geburt Jesu Christi ist.

Nach Papst Franziskus bedeutet das: „Das erste Zeichen der Hoffnung möge sich als Frieden für die Welt verwirklichen, die sich wieder einmal inmitten der Tragödie des Krieges befindet“ (Verkündigungsbulle, Nr. 8). Dem Thema des Friedens hat der Papst auch einen längeren Abschnitt seiner Ansprache beim Neujahrsempfang an das beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomatische Corps am 09. Januar 2025 gewidmet. Die Länder auf folgenden Kontinenten hat er dabei erwähnt:

Europa. Die lange Liste der Länder, die sich im Krieg befinden, hat Papst Franziskus mit Ukraine begonnen. „Ich wünsche mir für das Jahr 2025, dass die ganze internationale Gemeinschaft vor allem darauf hinarbeitet, den Krieg zu beenden, der die gepeinigte Ukraine seit fast drei Jahren blutig quält und der eine enorme Zahl von Opfern, darunter viele Zivilisten, gefordert hat. Es gibt einige ermutigende Anzeichen am Horizont, aber es bleibt noch viel zu tun, um die Voraussetzungen für einen gerechten und dauerhaften Frieden zu schaffen und die durch die Aggression zugefügten Wunden zu heilen“ (Neujahrsansprache, 09. Januar 2025).

Asien. Der Papst hebt insbesondere die Situation in Myanmar hervor, wenn er sagt: „Meine Gedanken gelten insbesondere Myanmar, wo die Bevölkerung unter den ständigen bewaffneten Auseinandersetzungen sehr leidet, welche die Menschen zwingen, aus ihren Häusern zu fliehen und in Angst zu leben“ (A.a.O., ebd.).
Mit Blick auf den Nahen Osten erneuert der Papst seinen

„Appell für einen Waffenstillstand und die Freilassung der israelischen Geiseln im Gazastreifen, wo eine überaus ernste und beklagenswerte humanitäre Situation besteht, und ich fordere, dass die palästinensische Bevölkerung jede Hilfe erhält, die sie benötigt. Ich hoffe, dass Israelis und Palästinenser die Brücken des Dialogs und des gegenseitigen Vertrauens wiederaufbauen können, angefangen bei den Kleinsten, damit die kommenden Generationen in den beiden Staaten Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben können, und damit Jerusalem die „Stadt der Begegnung“ sein kann, in der Christen, Juden und Muslime in Harmonie und Respekt zusammenleben. Erst im vergangenen Juni haben wir alle gemeinsam in den Vatikanischen Gärten an den zehnten Jahrestag des Gebets für den Frieden im Heiligen Land erinnert, an dem am 8. Juni 2014 der damalige Präsident des Staates Israel, Shimon Peres, und der Präsident des Staates Palästina, Mahmoud Abbas, zusammen mit Patriarch Bartholomäus I. teilnahmen. Diese Begegnung hat gezeigt, dass ein Dialog immer möglich ist und dass wir uns nicht mit der Vorstellung abfinden dürfen, dass Feindschaft und Hass zwischen den Völkern die Oberhand behalten“ (A.a.O., ebd.).

Der Bischof von Rom erwähnt auch die Situation in Syrien und Libanon. „Ich beziehe mich dabei insbesondere auf Syrien, das nach Jahren des Krieges und der Verwüstung auf dem Weg zur Stabilität zu sein scheint. Ich hoffe, dass die territoriale Integrität, die Einheit des syrischen Volkes und die notwendigen Verfassungsreformen von niemandem gefährdet werden und dass die internationale Gemeinschaft Syrien dabei helfen wird, ein Land des friedlichen Zusammenlebens zu werden, in dem sich alle Syrer, auch die Christen, als vollwertige Bürger fühlen und am Gemeinwohl dieser geschätzten Nation teilhaben können“ (a.a.O., ebd.).

Mit Blick auf Libanon hofft Papst Franziskus, „dass das Land mit der maßgeblichen Hilfe des christlichen Bevölkerungsteils die notwendige institutionelle Stabilität erlangen kann, um die ernste wirtschaftliche und soziale Situation zu bewältigen, den vom Krieg betroffenen Süden des Landes wiederaufzubauen und die Verfassung und die Abkommen von Taif vollständig umzusetzen. Mögen alle Libanesen sich dafür einsetzen, dass das Antlitz des Zedernlandes nie durch Spaltung entstellt, sondern immer vom „Zusammenleben“ erhellt wird und dass der Libanon ein Land bleibt, das für Koexistenz und Frieden steht“ (A.a.O., ebd.).

Afrika. Der Heilige Vater Franziskus erinnert „an die verschiedenen weiter bestehenden Konflikte auf dem afrikanischen Kontinent, insbesondere im Sudan, in der Sahelzone, am Horn von Afrika, in Mosambik, wo derzeit eine schwere politische Krise herrscht, und in den östlichen Regionen der Demokratischen Republik Kongo, wo die Bevölkerung unter schweren gesundheitlichen und humanitären Mängeln leidet, die mitunter durch die Geißel des Terrorismus noch verschärft werden und zum Verlust von Menschenleben und zur Vertreibung von Millionen von Menschen führen. Hinzu kommen die verheerenden Auswirkungen von Überschwemmungen und Dürren, die die ohnehin schon prekäre Lage in verschiedenen Teilen Afrikas noch verschlimmern“ (a.a.O., ebd.).

Amerika. Papst Franziskus, der aus Argentinien stammt, betrachtet aufmerksam die Situation in Lateinamerika. Hierzu bemerkt er: „Es schmerzt auch, dass es, vor allem auf dem amerikanischen Kontinent, weiterhin heftige politische und soziale Konflikte gibt. Ich denke an Haiti, wo ich hoffe, dass so bald wie möglich die notwendigen Schritte unternommen werden können, um die demokratische Ordnung wiederherzustellen und die Gewalt zu beenden. Ich denke auch an Venezuela und die schwere politische Krise, in der es sich befindet. Sie kann nur durch ein aufrichtiges Festhalten an den Werten der Wahrheit, der Gerechtigkeit und der Freiheit, durch die Achtung des Lebens, der Würde und der Rechte eines jeden Menschen – einschließlich derjenigen, die infolge der Ereignisse der letzten Monate verhaftet wurden –, durch die Ablehnung jeder Art von Gewalt und hoffentlich durch die Aufnahme von Verhandlungen in gutem Glauben und mit dem Ziel des Gemeinwohls des Landes überwunden werden. Ich denke an Bolivien, das sich in einer besorgniserregenden politischen, sozialen und wirtschaftlichen Situation befindet, sowie an Kolumbien, wo ich darauf vertraue, dass mit der Hilfe aller die zahlreichen Konflikte überwunden werden können, die das Land schon viel zu lange zerreißen. Schließlich denke ich an Nicaragua, wo der Heilige Stuhl, der stets für einen respektvollen und konstruktiven Dialog offen ist, mit Besorgnis die Maßnahmen verfolgt, die gegen Personen und Einrichtungen der Kirche ergriffen werden, und hofft, dass die Religionsfreiheit und andere Grundrechte für alle angemessen gewährleistet werden“ (A.a.O., ebd.).

Das Heilige Jahr, das für die Katholische Kirche vor allem eine religiöse Bedeutung hat, sollte jedoch alle Menschen unserer Erde dazu aufrufen, auch die sozialen und politischen Konsequenzen zu bedenken. In seiner Botschaft zum 58. Weltfriedenstag am 01. Januar 2025, die Papst Franziskus an die Staats- und Regierungschefs, die Verantwortlichen der Internationalen Organisationen und verschiedener Religionen, sowie an jeden Menschen guten Willens gerichtet hat, macht der Papst drei sehr aktuelle Vorschläge:

1. Staatsverschuldung: Seine Heiligkeit fordert dazu auf, „an eine Reduzierung, wenn nicht überhaupt an einen gänzlichen Erlass der internationalen Schulden zu denken, die auf dem Geschick vieler Nationen lasten. Durch die Anerkennung der ökologischen Schulden sollen sich die wohlhabenderen Länder dazu berufen fühlen, alles zu tun, um die Schulden jener Länder zu erlassen, die nicht in der Lage sind, ihre Schulden zurückzuzahlen. Damit dies kein isolierter Akt der Wohltätigkeit ist, der die Gefahr in sich birgt, erneut einen Teufelskreis aus Finanzierung und Verschuldung in Gang zu setzen, muss gleichzeitig eine neue Finanzarchitektur zur Schaffung einer globalen Finanzcharta entwickelt werden, die auf Solidarität und Harmonie zwischen den Völkern beruht“ (A.a.O., Nr. 11).

2. Recht auf Leben. Der Bischof von Rom fordert weiterhin „eine fest Verpflichtung zur Förderung der Achtung der Würde des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod, damit jeder Mensch sein Leben lieben und hoffnungsvoll in die Zukunft blicken kann, mit der Sehnsucht nach Entwicklung und Glück für sich und seine Kinder. Ohne Hoffnung auf das Leben ist es nämlich schwierig, dass in den Herzen der jungen Menschen der Wunsch entsteht, neues Leben zu zeugen. Gerade hier möchte ich noch einmal zu einer konkreten Geste einladen, die die Kultur des Lebens fördern kann: Ich beziehe mich auf die Abschaffung der Todesstrafe in allen Ländern. Diese Maßregel verletzt nämlich nicht nur die Unantastbarkeit des Lebens, sondern macht auch jede menschliche Hoffnung auf Vergebung und Erneuerung zunichte“ (A.a.O., ebd.).

3. Hunger in der Welt. In dieser Zeit, die von Kriegen und von anwachsenden Rüstungsausgaben gezeichnet ist, schlägt Papst Franziskus vor, „wenigstens einen festen Prozentsatz des Rüstungsetats für die Einrichtung eines Weltfonds (zu) verwenden, der den Hunger endgültig beseitigen und in den ärmsten Ländern Bildungsmaßnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ermöglichen soll, die dem Klimawandel entgegenwirken. Wir sollten versuchen, jedes Motiv zu beseitigen, das junge Menschen dazu bringen könnte, hoffnungslos in die Zukunft zu blicken, in Erwartung das Blut ihrer Angehörigen zu rächen. Die Zukunft ist ein Geschenk, um die Fehler der Vergangenheit zu überwinden und neue Wege des Friedens zu bauen“ (A.a.O., ebd.).

Der Papst zeigt auf, mit welchem Geist es möglich sein wird, diese Vorschläge in die Tat umzusetzen. Er wünscht, „dass das Jubiläum für alle, Christen wie Nichtchristen, zu einer Gelegenheit wird, auch die Beziehungen zu überdenken, die uns als Menschen und politische Gemeinschaften verbinden; die Logik der Konfrontation zu überwinden und stattdessen die Logik der Begegnung anzunehmen; damit die Zeit, die uns erwartet, uns nicht als verzweifelte Herumirrende vorfindet, sondern als Pilger der Hoffnung, d.h. als Menschen und Gemeinschaften, die sich auf den Weg machen und eine friedliche Zukunft aufbauen“ (Neujahrsansprache, 09. Januar 2025).

Der Heilige Vater Franziskus bekräftigt die Notwendigkeit eines Dialogs in gutem Glauben (bona fides.). „Angesichts der immer realer werdenden Gefahr eines Weltkriegs besteht die Berufung der Diplomatie gerade darin, den Dialog mit allen zu fördern, auch mit jenen Gesprächspartnern, die als „unbequem“ gelten oder denen man die Legitimation für Verhandlungen absprechen möchte. Dies ist der einzige Weg, um die Ketten des Hasses und der Rache zu sprengen, die gefangen halten, und um die Waffen des menschlichen Egoismus, des Stolzes und der Überheblichkeit zu entschärfen, die die Wurzel jedes kriegstreibenden und zerstörerischen Strebens sind“ (A.a.O., ebd.). Dieser Dialog muss nach den Normen des Naturrechts und des Völkerrechts gestaltet werden, wo man sich der Macht des Gesetzes verpflichtet weiß und nicht das Gesetz der Gewalt anwendet.

Exzellenzen, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde, ich danke Ihnen allen, dass Sie zu diesem Empfang aus Anlass des 12. Jahrestages des Pontifikates des Heiligen Vaters Franziskus gekommen sind. Vor allem danke ich Ihnen, dass Sie für den Papst beten, vor allem für seine Gesundheit, auf dass er mit neuer Kraft und erneuerter Dynamik seine so wichtige Sendung in Kirche und Welt fortsetzen kann. In diesem Jubiläumsjahr 2025 nach der Geburt Jesu Christi greifen wir seine Aufmunterung auf und setzen uns alle ein, jeder nach seinen Möglichkeiten, für die Förderung des Friedens, der Gerechtigkeit und des Wohlergehens einer jeden Person, die auf Erden lebt.

Zu diesem Ziel wollen wir unser Glas erheben und auf ein langes Leben von Papst Franziskus anstoßen: ad multos annos.

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