Grußwort von Nuntius Eterovic an die Hörer von Radio Horeb
Berlin, 30. November 2020
Fest des Heiligen Apostels Andreas
Verehrte Hörer von Radio Horeb!
„er führte ihn zu Jesus“ (Joh 1,42), so berichtet das Johannesevangelium von Andreas, dessen Apostelfest wir heute feiern, der seinem Bruder Simon, dem Petrus, freudig davon berichtete: „Wir haben den Messias gefunden – das heißt übersetzt: Christus“ (Joh 1,41). Diese alltägliche Geste, wo einer dem anderen jemanden vorstellt, sie miteinander bekannt macht, bekommt in den Brüdern Petrus und Andreas eine tiefe Bedeutung. Sie suchen nicht irgendeine neue Bekanntschaft, sondern sie finden ihren Messias, den Heiland der Welt. Dieser will die beiden für sein Erlösungswerk nicht theoretisch vereinnahmen, sondern ruft die beiden aktiv in seine Nachfolge. Die Brüder sind von Beruf Fischer und leben am See von Galiläa, nahe der Stadt Nazareth, in der Jesus aufgewachsen war. Sie werden vom Herrn Jesus berufen, ihm zu folgen: „Da sagte er zu ihnen: Kommt, her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen“ (Mt 4,19).
Am Festtag des Heiligen Andreas denken wir in besonderer Weise unserer Brüder und Schwestern in den orthodoxen Kirchen. Die Reliquien des Apostels werden vor allem in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul verehrt, wo der Ökumenische Patriarch Bartholomäus als 270. Nachfolger des Andreas seinen Sitz hat. Ich nehme als Vertreter des Heiligen Vaters Franziskus in der Bundesrepublik Deutschland die Gelegenheit wahr, die orthodoxen Christen in diesem Land herzlich zu grüßen und der Brüderlichkeit versichern, die den Nachfolger des Apostels Petrus, Papst Franziskus, im vergangenen Jahr veranlasst hat, einige Reliquien des Heiligen Petrus dem Patriarchen von Konstantinopel zu schenken. In seinem Brief an Seine Heiligkeit Bartholomäus vom 30. November 2019 schreibt der Heilige Vater: „Die Zusammenführung der Reliquien der beiden Brüder und Apostel kann auch eine ständige Erinnerung und Ermutigung sein, dass auf diesem weiteren Weg unsere Differenzen kein Hindernis mehr darstellen für unser gemeinsames Zeugnis und für unsere Mission zur Evangelisierung im Dienste der Menschheitsfamilie, die heute versucht ist, eine rein weltliche Zukunft aufzubauen, eine Zukunft ohne Gott“.
Die Ökumene ist also einerseits so etwas wie das Elternhaus von Petrus und Andreas und deren Nachfolger, andererseits aber kein Selbstzweck, sondern vielmehr ein gemeinsamer Dienst. Dieser Dienst heißt Evangelisierung oder Menschenfischer sein. Wie viele Menschen in Deutschland kennen Jesus Christus und Sein Evangelium nicht oder wollen ihn nicht mehr kennen? In vielen Gegenden sind die Christgläubigen schon seit längerem in der Minderheit. Hier ist das weite Feld, das große Meer für den Fischfang, für den wir uns alle zur Verfügung stellen sollen. „Fahr hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus“(Lk 5,4). Dieses Wort Jesu an Simon nimmt Papst Franziskus auf, wenn er den Dienst der Evangelisierung als Dienst an der Menschheitsfamilie begreift. Aus diesem Grund ist seine jüngste Enzyklika mit Fratelli tutti überschrieben und meint genau das: die Menschheit ist als Familie von Brüdern und Schwestern zu verstehen.
So ermuntere ich im Sinne des Heiligen Vaters Franziskus zur Evangelisierung aus der Liebe heraus. Nur das wird der Menschheitsfamilie wirklich nutzen und nicht in neue Kämpfe verwickeln. Achten wir auf die Armen und Hilfsbedürftigen, beten wir für die verfolgten Schwestern und Brüder, flehen wir um Frieden für die vom Krieg geschundenen Völker. In Fratelli tutti heißt es: „Die geistliche Gestalt des menschlichen Lebens ist von der Liebe geprägt, die zum Maßstab für den endgültigen Entscheid über Wert oder Unwert eines Menschenlebens wird. Es gibt jedoch Gläubige, die meinen, ihre Größe bestünde darin, anderen ihre Ideologien aufzuzwingen, sei es in der gewaltsamen Verteidigung der Wahrheit, sei es in großen Machtdemonstrationen. Wir Gläubige müssen alle dies erkennen: An erster Stelle steht die Liebe; was nie aufs Spiel gesetzt werden darf, ist die Liebe; die größte Gefahr besteht darin, nicht zu lieben“ (FT 92).
Und so lasst uns die Liebe bedenken und um den Segen Gottes bitten.
In besonderer Weise wird heute des Heiligen Petrus Canisius gedacht, der seine ganze missionarische Kraft im 16. Jahrhundert eingesetzt hat, um in Deutschland den katholischen Glauben wiederzubeleben. Somit darf man ihn zurecht als einen der Patrone Deutschlands anrufen und verehren. Wir sind ihm und vielen anderen dafür dankbar, daß sie die Fülle des Glaubens auf eine katechetische Weise verkündet haben. So konnten alle besser die Tiefe und Schönheit des katholischen Glaubens verstehen und leben. Der christliche Glaube verwirklicht sich dort, wo er gelebt wird. Trotz aller Schwäche und Unzulänglichkeit kommt es darauf an, daß jeder Christ den Glauben dort lebt und bezeugt, wo er ist und arbeitet: in der Familie, im sozialen Bereich, in der Gemeinde. An diesem großen Werk der Evangelisierung haben wir also alle Anteil. Gerade in unseren Tagen braucht es dieses Feuer des Glaubens, allen denen Jesus Christus bekannt zu machen, die ihn nicht oder nicht gut kennen. Der Heilige Petrus Canisius möge uns dabei vom Himmel her beistehen und helfen.
Im Namen des Heiligen Vaters Franziskus erteile ich Ihnen allen von Herzen den Apostolischen Segen. Gerade in diesen schwierigen Zeiten möge der Segen des guten und barmherzigen Gottes ein Trost in mancherlei Drangsal sein.