Grußwort von Nuntius Eterovic beim Nikolausempfang

Apostolische Nuntiatur, 6. Dezember 2023

Exzellenzen,
verehrte Mitbrüder im Priester- und Diakonenamt,
sehr geehrte Ordensleute,
liebe Brüder und Schwestern!

„Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung“ (Mk 16,15).

Bevor er zum Himmel auffährt und sich zur Rechten des Vaters setzt (vgl. Mk 16,19), gibt der Herr Jesus seinen Jüngern den Sendungsauftrag. Sie setzen das Werk ihres Meisters fort, indem sie das Evangelium verkünden und in der Kraft des Heiligen Geistes alle Krankheiten heilen. Nach dem Willen des Herrn soll sich diese Mission auf alle Länder der Erde und bis zum Ende der Menschheitsgeschichte fortsetzen. Beim großartigen Werk der Evangelisierung nehmen die Heiligen einen sehr besonderen Platz ein, die ihr Leben dem Dienst an Gott und dem Nächsten, vor allem den an Leib und Seele Hilfsbedürftigen, geweiht haben.

Heute feiern wir den Heiligen Nikolaus von Myra, einer Stadt in der heutigen Türkei, wo Nikolaus bis zu seinem Tod am 6. Dezember 343 (also vor 1.980 Jahren!) Erzbischof und Metropolit war.

Aus Anlass von zehn Jahren meines diplomatischen Dienstes in der Bundesrepublik Deutschland haben mir meine Mitarbeiter eine Statue des heiligen Nikolaus geschenkt, ein Werk aus Holz des gebürtigen Kroaten Kruno Posavec. Der Künstler zeigt uns einen Heiligen in dynamischer Position: in der linken Hand trägt er den Stab, das Zeichen des guten Hirten; in der rechten Hand hält er das Evangelium, worauf sich drei Äpfel befinden, die an jene Überlieferung der drei Jungfrauen erinnern, die mit Hilfe von goldenen Äpfeln heiraten konnten. Die Figur zeigt den heiligen Nikolaus, der im Begriff ist, sich zu erheben, um die Gute Nachricht in Wort und Tat zu verkünden.

Der heilige Nikolaus wird von den Gläubigen sowohl der Ost- wie auch der Westkirche sehr verehrt, und er bleibt einer der Symbole und Vertreter der Evangelisierung. Vor zehn Jahren hat der heilige Vater Franziskus sein Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium veröffentlicht. Darin zeigt er jedem, der evangelisiert, einige Charakteristiken. Als erstes nennt er die Freude. „Die christliche Botschaft ist, wie wir den Worten entnommen haben, die der Engel an die Hirten richtet, die Verkündigung einer »großen Freude« (Lk 2,10). Und der Grund? Eine gute Nachricht, eine Überraschung, ein schönes Ereignis? Viel mehr, ein Mensch: Jesus! Jesus ist die Freude. Er ist der menschgewordene Gott, der zu uns gekommen ist! Die Frage, liebe Brüder und Schwestern, ist also nicht, »ob« wir ihn verkündigen, sondern »wie« wir ihn verkündigen, und dieses »Wie« ist die Freude. Entweder verkündigen wir Jesus mit Freude, oder wir verkündigen ihn gar nicht, denn ein anderer Weg, ihn zu verkündigen, ist nicht in der Lage, die wahre Wirklichkeit Jesu zu bringen“ (Papst Franziskus, Ansprache bei der Generalaudienz am 15. November 2023). Auch inmitten vieler Schwierigkeiten, Irrtümer und Skandale – und hierbei auch der Missbrauch auf vielen Ebenen, wofür wir vor allem die Opfer um Verzeihung bitten – soll der Christ die Glaubensfreude nicht verlieren und ebenso wenig die Hoffnung und die Liebe. Nach Papst Franziskus heißt das: „Darum ist ein unzufriedener Christ, ein trauriger Christ, ein unerfüllter oder, noch schlimmer, ein gekränkter und nachtragender Christ nicht glaubwürdig. Dieser wird von Jesus reden, und keiner wird ihm glauben“ (a.a.O., ebd.).

Ein zweites Charakteristikum ist die Universalität des Evangeliums, denn „die christliche Verkündigung ist Freude für alle“ (Papst Franziskus, Ansprache bei der Generalaudienz am 22. November 2023). „Alle haben das Recht, das Evangelium zu empfangen. Die Christen haben die Pflicht, es ausnahmslos allen zu verkünden, nicht wie jemand, der eine neue Verpflichtung auferlegt, sondern wie jemand, der eine Freude teilt, einen schönen Horizont aufzeigt, ein erstrebenswertes Festmahl anbietet. Die Kirche wächst nicht durch Proselytismus, sondern durch Anziehung.

Brüder, Schwestern, fühlen wir uns im Dienst der universalen Bestimmung des Evangeliums, es ist für alle; und unterscheiden wir uns durch die Fähigkeit, aus uns selbst herauszukommen – eine Verkündigung muss, um wahre Verkündigung zu sein, aus dem eigenen Egoismus herauskommen – und auch die Fähigkeit zu haben, jede Grenze zu überwinden. Christen versammeln sich eher auf dem Kirchplatz als in der Sakristei, und gehen »auf die Straßen und Gassen der Stadt hinaus« (Lk 14,21). Sie müssen offen und expansiv sein, die Christen müssen »extrovertiert« sein, und dieser Charakter kommt von Jesus, der aus seiner Gegenwart in der Welt einen beständigen Weg gemacht hat, der darauf abzielt, alle zu erreichen, indem er aus bestimmten Begegnungen sogar gelernt hat“ (a.a.O., ebd.). Diese Ermahnung des Heiligen Vaters Franziskus ist besonders aktuell mit Blick auf die Kirchenmitgliedschaftsstudie (KMU 6), das religionssoziologische Langezeitprojekt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) seit 1972, an dem seit dem Jahr 2021 auch Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) mitwirken. Die jüngsten Ergebnisse wurden am 11. November 2023 veröffentlicht.

Ein dritter Aspekt der christlichen Verkündigung besteht in seiner Aktualität: „Sie ist für heute!“ (Papst Franziskus, Ansprache bei der Generalaudienz am 29. November 2023). Auch wenn wir unsere Zivilisation kennzeichnen könnten, die als erste „in der Geschichte, die weltweit versucht, eine menschliche Gesellschaft ohne die Gegenwart Gottes zu organisieren, und sich dabei auf riesige Städte konzentriert, die horizontal bleiben, auch wenn sie schwindelerregende Wolkenkratzer haben“, so betrachten wir „unsere Zeit und unsere Kultur als Geschenk. Sie sind uns gegeben, und sie zu evangelisieren bedeutet nicht, sie aus der Ferne zu beurteilen, nicht einmal auf einem Balkon zu stehen und den Namen Jesu zu rufen, sondern auf die Straße zu gehen, zu den Orten zu gehen, wo man lebt, die Stellen aufzusuchen, wo man leidet, arbeitet, lernt und reflektiert, an der Kreuzung zu sein, wo Menschen teilen, welchen Sinn ihr Leben hat“ (a.a.O., ebd.). In Berlin und in allen großen und kleinen deutschen Städten gilt: „Machen wir uns den Wunsch Jesu zu eigen: Wir wollen unseren Reisegefährten helfen, die Sehnsucht nach Gott nicht zu verlieren, unsere Herzen für Ihn zu öffnen und in Ihm den Einzigen zu finden, der heute und immer den Menschen Frieden und Freude schenkt“ (a.a.O., ebd.).

Liebe Schwestern und Brüder, im Namen des Heiligen Vaters Franziskus danke ich Euch von Herzen für Eure Dynamik bei der Evangelisierung, die sich durch Großherzigkeit und Hingabe auszeichnet, und die jeder mit dem je eigenen Charisma verfolgt und nach der Sendung, die ihm anvertraut worden ist. Unsere pastoralen Anstrengungen empfehle ich der Fürsprache des heiligen Nikolaus und in besonderer Weise der seligen Jungfrau und Gottesmutter Maria, die in dieser Zeit des Advents als Unsere Liebe Frau der Erwartung verehrt wird. Auf Euch alle und auf Eure Familien, Gemeinschaften und Einrichtungen rufe ich die Fülle des göttlichen Segens, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes herab. Schon heute wünsche ich Euch allen von Herzen eine gnadenreiche Weihnachtszeit. Vielen Dank!

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