Grußwort von Nuntius Eterovic zur Eröffnung der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonfernz

Dresden, 27. Februar 2023

„Gedenkt eurer Vorsteher, die euch das Wort Gottes verkündet haben!

Betrachtet den Ertrag ihres Lebenswandels! Ahmt ihren Glauben nach!

Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit.

Lasst euch nicht von vieldeutigen und fremden Lehren irreführen“

(Hebr 13,7–9)



Eminenzen, Exzellenzen, liebe Mitbrüder im Bischofsamt!

Die Worte des Hebräerbriefes werfen auch ein Schlaglicht auf die gegenwärtige kirchliche Situation. Der Aufruf zur Anerkennung und Dankbarkeit gegenüber unseren Oberen lässt an die Person und das Wirken des emeritierten Papstes Benedikt XVI. denken, der am 31. Dezember 2022, dem letzten Tag des Jahres, gottergeben gestorben ist. Diese Erinnerung ist Teil des synodalen Prozesses, den die ganze Kirche in Vorbereitung auf die XVI. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode im Oktober 2023 unter dem Thema: Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung durchlebt. Die Katholische Kirche in Deutschland steht kurz vor dem Abschluss des Synodalen Weges, dessen Überlegungen einer weiteren Reflexion bei der erwähnten Synode der Weltkirche anvertraut werden. In diesem Klima der Synodalität führten die Bischöfe der Deutschen Bischofskonferenz vom 14. bis 18. November 2022 ihren Besuch Ad limina Apostolorum durch.

Auf diese Themen möchte ich kurz eingehen. Ich tue dies, indem ich die große Bedeutung des christologischen Bekenntnisses des Verfassers des Briefes an die Hebräer hervorhebe: „Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit!“ (Hebr 13,8). Mit diesem Bekenntnis ist die Ermahnung verbunden, dem Herrn Jesus und dem Glaubensgut treu zu bleiben: „Lasst euch nicht von vieldeutigen und fremden Lehren irreführen“ (Hebr 13,9), was die Versuchungen bedeutet, welche die eine heilige katholische und apostolische Kirche seit jeher begleiten.

Papst Benedikt XVI.

Der Herr des Lebens hat seinen Diener Joseph Ratzinger – Papst Benedikt XVI. – am 31. Dezember 2022 im 96. Lebensjahr zu sich gerufen. Er wurde am 16. April 1927 geboren und widmete sein ganzes Leben der Suche nach dem Antlitz des Herrn Jesus in der katholischen Kirche und der freudigen Verkündigung der Schönheit des Evangeliums. Er tat dies auch während seines Pontifikats vom 19. April 2005 bis zu seinem Rücktritt am 28. Februar 2013. In diesem Zusammenhang ist sein während seines Pontifikats (von 2007 bis 2012) erschienenes Werk Jesus von Nazareth von Bedeutung. Der Heilige Vater Franziskus unterstrich dies in seiner Predigt bei den Exequien auf dem Petersplatz und wies darauf hin, dass sich Papst Benedikt XVI. vom Heiligen Geist hat führen lassen „in dem leidenschaftlichen Bestreben, die Schönheit und die Freude des Evangeliums zu vermitteln“ (vgl. Apostolisches Schreiben Gaudete et exsultate, 57 – Predigt vom 5. Januar 2023).

Dies ist nicht die Zeit, um auf die erstaunliche Persönlichkeit und das beeindruckende theologische Werk von Papst Benedikt XVI. einzugehen, wovon im Übrigen sein Gesamtwerk Zeugnis gibt. Meine Aufgabe bei dieser Gelegenheit ist es, im Namen des Heiligen Vaters Franziskus den höchsten Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland, allen voran Herrn Bundespräsidenten Dr. Frank-Walter Steinmeier, für die Teilnahme an der Beisetzung des Papstes aus Deutschland im Vatikan zu danken. Danke auch an alle, die in ihren jeweiligen deutschen Erz-/Diözesen und insbesondere in der Basilika St. Johannes der Täufer in Berlin am Requiem teilgenommen haben. Im Glauben an die Auferstehung der Toten und an das ewige Leben verbinden wir uns im Gebet mit den Worten von Papst Franziskus: „Benedikt, du treuer Freund des Bräutigams, möge deine Freude vollkommen sein, wenn du seine Stimme endgültig und für immer hörst“ (ebd.).

Ad-limina-Besuch

Vom 14. bis 18. November 2022 fand der Besuch der Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz Ad limina Apostolorum statt, also der Besuch beim Heiligen Vater und seinen engen Mitarbeitern in der Römischen Kurie. In diese Reise eingebettet sind die Besuche der Gräber der heiligen Apostelfürsten Petrus und Paulus. Dieser Besuch hatte einen besonderen Charakter, denn nach einer Begegnung mit Papst Franziskus hatten die Bischöfe später ein Gespräch mit den Präfekten der Dikasterien der Römischen Kurie. In diesem Zusammenhang wurden zwei Dokumente veröffentlicht: die Gemeinsame Erklärung vom 18. November 2022 und das Schreiben der Kardinäle Pietro Parolin, Staatssekretär, Luis Francisco Ladaria Ferrer, Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre, und Marc Ouellet, Präfekt des Dikasteriums der Bischöfe, vom 16. Januar 2023. Diesem Schreiben war das Protokoll der oben erwähnten Besprechung zwischen den deutschen Bischöfen und den Präfekten der Dikasterien der Römischen Kurie beigefügt.

Was den Inhalt dieser Dokumente betrifft, erlaube ich mir, auf zwei Themen hinzuweisen: die Aktualität des Apostolischen Schreibens Ordinatio sacerdotalis (I) und die Frage der möglichen Errichtung neuer synodaler Strukturen (II).

  1. Die drei Dimensionen der Kirche nach Papst Franziskus

Bei der Begegnung mit dem Heiligen Vater Franziskus sowie in der Diskussion vom 18. November 2022 wurde der Inhalt des Apostolischen Schreibens Ordinatio sacerdotalis vom 22. Mai 1994 behandelt, das der heilige Papst Johannes Paul II. an die katholischen Bischöfe „über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe“ richtete. Einige Tage später und mit Hinweis auf den Meinungsaustausch mit den deutschen Bischöfen präzisierte Papst Franziskus seine Gedanken am 28. November 2022 in einem Interview mit der Zeitschrift American Magazine der Gesellschaft Jesu (SJ). Auf die Beobachtung, dass viele Frauen darunter leiden, dass sie in der katholischen Kirche nicht zu Priestern geweiht werden können, antwortete der Heilige Vater: „Das ist ein theologisches Problem. Ich glaube, dass wir das Wesen der Kirche amputieren, wenn wir nur den Weg der Weiheämter im Leben der Kirche berücksichtigen. Der Weg ist nicht nur der des Weiheamtes. Die Kirche ist Frau, die Kirche ist Braut. Wir haben keine Theologie der Frau entwickelt, die dies widerspiegelt. Die Dimension des geweihten Amtes, so können wir sagen, ist die der petrinischen Kirche. Ich beziehe mich dabei auf eine bestimmte theologische Kategorie. Das petrinische Prinzip ist das des Amtes. Aber noch wichtiger ist ein anderes Prinzip, wovon nicht gesprochen wird, und dies ist das marianische Prinzip, das Prinzip des Weiblichen in der Kirche, der Frau in der Kirche, in dem sich die Kirche widerspiegelt, weil sie Frau und Braut ist. Eine Kirche mit nur dem petrinischen Prinzip wäre eine Kirche, von der man meinen könnte, sie sei auf das Weiheamt reduziert, nicht mehr. Stattdessen ist die Kirche viel mehr als das. Sie ist das ganze Volk Gottes, die Kirche ist Frau, die Kirche ist Braut. So spiegelt sich auf diesem Weg die Würde der Frau wider.“ (American Magazine, 28. November 2022, nach der englischen Übersetzung)

Diesen beiden Dimensionen des Marianischen und des Petrinischen fügte der Bischof von Rom eine dritte, die sogenannte administrative Dimension hinzu: „Und dann gibt es noch einen dritten Aspekt: den der Administration …, die keine theologische Sache ist, sondern die Sache einer normalen Verwaltung. Und in diesem Bereich glaube ich, dass wir den Frauen mehr Raum geben müssen. Hier im Vatikan funktionieren alle Orte, an denen wir Frauen berufen haben, besser. Im Wirtschaftsrat gibt es beispielsweise sechs Kardinäle und sechs Laien. Vor zwei Jahren habe ich von diesen sechs Laien fünf Frauen ernannt; und es war eine Revolution. Der Vizegouverneur des Vatikans ist eine Frau. Wenn eine Frau in die Politik einsteigt oder Dinge leitet, gelingt es ihr im Allgemeinen besser. Viele Ökonomen sind Frauen, und diese Frauen erneuern die Wirtschaft konstruktiv. Es gibt also drei Prinzipien, zwei theologischer Natur und eines administrativer Natur. Das petrinische Prinzip steht für die Dimension des Weiheamtes, aber die Kirche kann nicht nur damit funktionieren. Das marianische Prinzip, das ist das derbräutlichen Kirche, der Kirche als Braut, der Kirche als Frau. Und dann gibt es das Prinzip der Administration, das nicht theologisch ist.

Und warum kann eine Frau nicht in den ordinierten Dienst eintreten? Weil das petrinische Prinzip dafür keinen Raum bietet. Ja, es ist wahr, wir müssen im marianischen Prinzip sein, das wichtiger ist. Die Frau ist mehr, sie ist der Kirche ähnlicher, die Frau und Mutter ist. Ich denke, dass wir allzu oft in unserer Katechese versagt haben, wenn wir diese Aspekte erklärt haben. Wir haben uns bei der Erklärung zu sehr auf das Verwaltungsprinzip verlassen, was auf Dauer nicht funktioniert. Das ist eine sehr knappe Erklärung, aber ich wollte die beiden theologischen Prinzipien hervorheben: das petrinische Prinzip und das marianische Prinzip, die die Kirche ausmachen. In diesem Sinne ist die Tatsache, dass Frauen nicht in das Leben der Dienstämter eintreten, kein Mangel: nein. Ihr Platz ist ein viel wichtigerer Platz, und das müssen wir noch katechetisch im Sinn des marianischen Prinzips entwickeln.“ (ebd.)

  1. Die synodale Struktur der Kirche

Die Bischofssynode bietet ein gutes Beispiel für eine solche Struktur in der katholischen Kirche. Die vom Generalsekretariat der Bischofssynode organisierten Synodenversammlungen sind punktuelle Ereignisse im Leben der katholischen Kirche, die ihren Höhepunkt in den Generalversammlungen erreichen, die in der Regel drei Wochen dauern und vom Heiligen Vater geleitet werden. Seit der Errichtung der Bischofssynode im Jahr 1965 wurden bisher 29 Vollversammlungen abgehalten: drei außerordentliche Generalversammlungen, elf besondere und 15 ordentliche Generalversammlungen. Selbstverständlich braucht jede Versammlung eine Zeit der Vorbereitung und anschließend der Umsetzung der Vorschläge, die überarbeitet und dem Heiligen Vater im Hinblick auf die Veröffentlichung eines Dokuments, in der Regel eines Nachsynodalen Apostolischen Schreibens, anvertraut werden. Zu diesem Zweck werden vor dem Ende einer Synodenversammlung einige Mitglieder gewählt, in der Regel 12 bis 15, in einen jeweils Ordentlichen, Außerordentlichen oder Sonderrat. Regelmäßiger geschieht dies beim Ordentlichen Rat, weil die Ordentlichen Generalversammlungen häufiger sind. Neben der Unterstützung des Heiligen Vaters bei der Vorbereitung des Nachsynodalen Apostolischen Schreibens hat dieser Rat auch die Aufgabe, die nachfolgende ordentliche Generalversammlung vorzubereiten, die in der Regel alle drei Jahre einberufen wird. Mit Beginn der neuen ordentlichen Generalversammlung endet das Amt des vorgenannten ordentlichen Rates, auch weil am Ende der Synodenversammlung ein neuer Rat gewählt wird, der in der Regel die folgenden drei Jahre im Amt bleibt. In jedem Fall hat der genannte Rat eine beratende Funktion und ist, wie erwähnt, in seiner Dauer begrenzt.

Wollte man diese Praxis auf die Realität des Synodalen Weges der katholischen Kirche in Deutschland übertragen, müsste analog und auf Zeit ein synodaler Ausschuss mit beratendem Charakter eingesetzt werden, der die Dokumente auswertet, denn aus Zeitgründen ist während des Synodalen Weges kein fundiertes Studium möglich. Handelt es sich um wichtige Entscheidungen, müsste diesen Dokumenten eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz zustimmen.

Vor allem aber ist die Synodalität in der Kirche mehr eine Frage des Geistes und des Stils als der Strukturen. Anstatt neue Einrichtungen mit dem Risiko einer weiteren Zunahme an Bürokratie zu gründen, ist es geboten, die bereits bestehenden diözesanen Gremien im synodalen Geist zu beleben, so den Priesterrat, das Konsultorenkollegium, den Pastoralrat oder den Rat für die wirtschaftlichen Angelegenheiten usw. Dies ist auch der Tenor des schon erwähnten Schreibens der drei Kardinäle vom 16. Januar 2023 an die deutschen Bischöfe, das in forma specifica vom Heiligen Vater Franziskus approbiert worden ist. Ich wurde deshalb von Amts wegen beauftragt zu präzisieren, dass nach richtiger Auslegung des Inhalts dieses Schreibens nicht einmal ein Diözesanbischof einen synodalen Rat auf diözesaner oder pfarrlicher Ebene errichten kann.

Eminenzen, Exzellenzen, liebe Mitbrüder, wir erleben dramatische Zeiten in der Menschheitsgeschichte, die von so vielen Kriegen geprägt ist – manche sprechen aktuell von 59 kriegerischen Auseinandersetzungen weltweit –, von denen uns die Aggression der Russischen Föderation in der Ukraine auf besondere Weise wegen der räumlichen Nähe in Europa und ihrer Folgen in der Welt betrifft. In diesem schwierigen historischen Kontext erscheint die Einheit der katholischen Kirche umso mehr als der große Schatz, nicht zuletzt für den Frieden in der Welt und die Einheit der Menschheit. Wir wollen also nicht die Fliehkräfte stärken, sondern die Einheit unter den Bischöfen, die „das sichtbare Prinzip und die Grundlage der Einheit in ihren Teilkirchen sind“ (Lumen gentium, 23) und mit dem Papst in Rom, der „als Nachfolger Petri das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit von Bischöfen und Gläubigen“ ist (ebd.). Diese Einheit in der Liebe hat ihren Grund in Jesus Christus, der „derselbe gestern und heute und in Ewigkeit ist“ (Hebr 13, 8).

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