Predigt des Apostolischen Nuntius am 3. Advent
(Jes 61,1-2.10-11; Lk 1; 1 Thes 5,16-24; Joh 1,5-8.19-28)
Berlin, 17. Dezember 2017
„Ich bin die Stimme eines Rufers in der Wüste: Ebnet den Weg für den Herrn!“ (Joh 1,23).
Liebe Brüder und Schwestern!
Der dritte Adventssonntag wird Gaudete-Sonntag genannt, was aus dem Eingangsvers der Heiligen Messe entnommen ist: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch!“ (Phil 4,4). Sogleich fügt der liturgische Text den Grund für diese Freude an, der ebenfalls aus dem Brief des Heiligen Paulus an die Philipper genommen ist: „Der Herr ist nahe“ (Phil 4,5).
Auch wir erwarten voll Freude das Kommen unseres Herrn Jesus. Im Evangelium wird uns die Figur des Täufers Johannes vorgestellt, eine asketische und demütige Persönlichkeit (I), der das baldige Kommen des Messias verkündet (II). Der Heilige Paulus zeigt auf konkrete Weise auf, wie wir gut diese Zeit des Adventes leben können (III).
1. Johannes der Täufer.
Aus den Texten der Heiligen Schrift wissen wir, daß die Predigt von Johannes dem Täufer auf großes Interesse gestoßen ist und bemerkenswerten Erfolg hatte: „Die Leute von Jerusalem und ganz Judäa und aus der ganzen Jordangegend zogen zu ihm hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen“ (Mt 3,5-6). Das Volk fühlte sich auch von seinem strengen Lebensstil angezogen. Johannes war ein Asket; er „trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften; Heuschrecken und wilder Honig waren seine Nahrung“ (Mt 3,4). Johannes hatte einen starken Charakter, wie Jesus selbst bezeugt hat: „Was habt ihr denn sehen wollen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid? Ein Schilfrohr, das im Wind schwankt? Oder was habt ihr sehen wollen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Mann in feiner Kleidung? Siehe, die fein gekleidet sind, findet man in den Palästen der Könige. Oder wozu seid ihr hinausgegangen? Um einen Propheten zu sehen? Ja, ich sage euch: sogar mehr als einen Propheten. Dieser ist es, von dem geschrieben steht: Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg vor dir bahnen wird. Amen, ich sage euch: Unter den von einer Frau Geborenen ist kein Größerer aufgetreten als Johannes der Täufer“ (Mt 11,7-11). Johannes hat aufgrund seines Zeugnisses für die Wahrheit, das er in Demut gelebt hat, dieses Lob verdient.
2. Die Ankündigung des Kommens des Messias.
Die Tätigkeit des Johannes erregte auch in der führenden Schicht Israels Aufmerksamkeit, denn die Repräsentanten in Jerusalem sandten „Priester und Leviten zu ihm“, um ihn zu fragen: „Wer bist du?“ (Joh 1,19). Johannes gibt zunächst eine negative Antwort, indem er verneint, der Messias, Elija oder einer der Propheten zu sein. Aus der Frage und der Antwort ergibt sich, worauf die Juden gewartet haben. Elija sollte dem Messias, der erwartet wurde, den Weg bereiten. Die Juden erwarteten ebenfalls das Kommen eines großen Propheten von der Größe des Mose (vgl. Dtn 18,15). In seiner Bescheidenheit wollte sich Johannes nicht selbst erhöhen oder größere Bedeutung zumessen, als er hatte. Gerade diese Haltung der Erniedrigung erlaubte ihm, für das Kommen des Herrn Jesus offen und bereit sein, den er erkannte und im Jordan taufte. Auf Drängen der Priester und Leviten gibt Johannes sodann eine positive Antwort zu seiner Person und seiner Sendung: „Ich bin die Stimme eines Rufers in der Wüste: Ebnet den Weg für den Herrn!, wie der Prophet Jesaja gesagt hat“ (Joh 1,23). Mit dieser Antwort präsentiert sich Johannes als der Vorläufer des Messias. Das wird noch klarer in seiner Antwort auf die Frage, warum er denn tauft, wenn er nicht „der Christus (ist), nicht Elija und nicht der Prophet?“ (Joh 1,25). Johannes sagt dazu: „Ich taufe mit Wasser. Mitten unter euch steht einer, den ihr nicht kennt, der nach mir kommt; ich bin nicht würdig, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen“ (Joh 1,26-27). Die Taufe des Johannes ist lediglich ein Bild der Taufe Jesu, der „mit Feuer und Heiligem Geist“ taufen wird (Lk 3,20).
Johannes der Täufer zeigt sich als die „Stimme“ im Vergleich zum Messias, dessen Kommen er ankündigt. Er kannte die Prophetie des Jesaja über den Messias gut, der vom Herr gesalbt und gesandt wird, „um den Armen frohe Botschaft zu bringen, um die zu heilen, die gebrochenen Herzens sind, um den Gefangenen Freilassung auszurufen und den Gefesselten Befreiung, um ein Gnadenjahr des Herrn auszurufen“ (Jes 61,1-2). Es war für ihn deswegen nicht schwierig, den Messias zu erkennen und auf ihn zu zeigen: „Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb. Auch ich kannte ihn nicht; aber er, der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, er hat mir gesagt: Auf wen du den Geist herabkommen und auf ihm bleiben siehst, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft. Und ich habe es gesehen und bezeugt: Dieser ist der Sohn Gottes“ (Joh 1,32-34). Johannes, die Stimme, gab seine Zustimmung, daß der Messias diese Stimme mit Inhalt füllte.
3. Die Aufforderung zur Vorbereitung auf das Kommen Jesu.
Der Heilige Paulus fordert die Gläubigen in seinem Brief an die Thessalonicher, woraus wir eben gehört haben, auf: „Freut euch zu jeder Zeit! Betet ohne Unterlass! Dankt für alles“ (1 Thes 5,16). Diese drei Haltungen sollten auch wir stets zu leben suchen, besonders in dieser Zeit des Advents.
- Freut euch. Die Freude sollte einen Christen auszeichnen (vgl. Evangelii gaudium, das erste Apostolische Schreiben des Heiligen Vaters Franziskus). Im Übrigen lehrt uns das Wort Gottes: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch!“ (Phil 4,4). Das Motiv unserer Freude ist das Kommen des Herrn Jesus, mehr noch seine Gegenwart in uns und in unserer Glaubensgemeinschaft, in seiner Kirche. Diese Gegenwart sollte uns auch in den sehr dunklen Augenblicken unseres persönlichen, familiären oder sozialen Lebens trösten.
- Ohne Unterlass beten. So wie die Luft der Atem unseres Körpers ist, so ist das Gebet der Atem unserer Seele. Gott ruft uns auf, zu beten ohne Unterlass (vgl. Lk 18,1). Jede unserer Tätigkeit sollte vom Gebet begleitet sein, mehr noch sollte selbst zum Gebet werden.
- Dankt für alles. Wir sind Gott dankbar für alle Gaben und Gnaden, die er uns geschenkt hat. Das ist recht und billig und ein Ausdruck der Dankbarkeit gegenüber unserem Vater im Himmel. Wir erkennen dankbar das Heilswerk Jesu Christi an und danken dem Heiligen Geist für sein Werk der Heiligung.
Liebe Brüder und Schwestern, wir sind offen gegenüber dem Heiligen Geist, den wir in der Taufe empfangen haben und suchen diesen Advent, diese Zeit der Gnade, gut zu leben. Wenn wir dem Beispiel des Täufers Johannes folgen, so versuchen wir, nüchtern zu leben und auf die eher überflüssigen Dinge zu verzichten, die uns die Konsumgesellschaft ständig aufdrängt. Rufen wir die Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, der Mutter des Advents, damit wir in Anlehnung an das Zeugnis von Johannes dem Täufer in der Person Jesus Christi den erwarteten Messias erkennen. Amen.