Predigt von Nuntius Eterovic am 2. Sonntag nach Weihnachten

Berlin, 5. Januar 2020

(Sir 24,1-4.8-12; Ps 147; Eph 1,3-6.15-18; Joh 1,1-18)

„Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Joh 1,14).

Liebe Brüder und Schwestern!

„Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott“ (Joh 1,1). Diese wunderbaren Worte zu Beginn des Johannesevangeliums kennen wir gut. Jedesmal, wenn wir sie lesen, erfüllen sie uns mit Staunen und Freude. Das gilt vor allem in dieser Weihnachtszeit, wo wir die Geburt Jesu Christi feiern, der das ewige Wort ist, das ewig bei Gott war und das Gott selbst ist. Das Geheimnis von Weihnachten besteht im Ratschluss Gottes, sich selbst den Menschen zu offenbaren. Das vermerkt der Evangelist am Ende des heutigen Evangeliums: „Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht“ (Joh 1,18).

„Im Anfang war das Wort ….. Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Joh 1,1.14). In diesen beiden Aussagen ist das Geheimnis von Weihnachten zusammengefasst, das wir betrachten wollen, vor dem wir niederknien und beten, dass in uns jene christliche Freude erwachse, die uns treibt, sie den Nahen und Fernen zu verkünden.

Mit diesen Gedanken der Anbetung der Größe Gottes und dem Dank für seine Nähe in der Person des Jesuskindes wollen wir uns dem Sinn der Krippe nähern, indem wir einigen Aussagen des Heiligen Vaters Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben Admirabile signum – Das wunderbare Zeichen vom 01. Dezember 2019 folgen. Mit diesem Dokument möchte Papst Franziskus „die schöne Tradition in unseren Familien stützen, in den Tagen vor Weihnachten eine Krippe aufzubauen, als auch den guten Brauch, sie am Arbeitsplatz, in Schulen, Krankenhäusern, Gefängnissen, auf öffentlichen Plätzen usw. aufzustellen. In wirklich kreativem Einfallsreichtum entstehen aus den unterschiedlichsten Materialien kleine Meisterwerke, die sehr schön anzusehen sind. Schon als Kind wächst man da hinein, wenn Vater und Mutter zusammen mit den Großeltern diesen freudigen Brauch weitervermitteln, der aus einer reichen Volksfrömmigkeit schöpft. Ich hoffe, dass dieses Brauchtum nie vergeht; im Gegenteil, ich hoffe, dass es dort, wo es nicht mehr gepflegt wird, wiederentdeckt und neu belebt werden kann“.

Jesus wird in einer Grotte und in Armut geboren, „in eine Krippe gelegt, weil in der Herberge kein Platz für sie war“ (Lk 2,7). „Bei seinem Kommen in diese Welt findet der Sohn Gottes Platz, wo die Tiere ihr Futter fressen. Das Heu wird zur ersten Liegestatt für den, der sich als »das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist« (Joh 6,41), offenbaren wird. Auf diese Symbolik bezog sich der heilige Augustinus, wie andere Kirchenväter auch, wenn er schrieb: »Er lag in einer Krippe und wurde zu unserer Speise« (Sermo 189,4)“. Er, der auf dem Heu gelegen hat, der Nahrung für die Tiere, ist zum Brot des Lebens geworden, zur Speise der Engel, die er uns in jeder Eucharistie als Speise für das ewige Leben schenkt.

„Tatsächlich enthält die Krippe mehrere Geheimnisse des Lebens Jesu und bringt sie unserem Alltagsleben näher“ schreibt der Heilige Vater. Die Krippe lässt uns staunen und bewegt uns, „weil sie Gottes Zärtlichkeit offenbart. Er, der Schöpfer des Alls, begibt sich zu uns hernieder“. Die Krippendarstellungen helfen uns, die Geschichte der handelnden Personen um das Geheimnis der Fleischwerdung des Wortes herum zeichenhaft lebendig werden zu lassen. Der Heilige Vater analysiert viele bis ins Detail. Bei dieser kurzen Betrachtung wollen wir nur die wichtigsten aufzeigen.

Die Hirten. Diese einfachen und armen Leute waren die ersten, die nach Betlehem eilten, um Jesus zu sehen. „»Lasst uns nach Betlehem gehen, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat« (Lk 2,15), sagen die Hirten nach der Verkündigung der Engel. In ihrer Einfachheit enthält diese Schilderung eine sehr schöne Botschaft und Lehre für uns. Im Unterschied zu so vielen Menschen, die tausend andere Dinge vorhaben, werden die Hirten zu den ersten Zeugen des Wesentlichen, nämlich des Geschenks der Erlösung. Die Demütigsten und Ärmsten sind in der Lage, das Ereignis der Menschwerdung aufzunehmen. Die Hirten antworten Gott, der im Jesuskind auf sie zugeht, indem sie sich ihrerseits auf den Weg zu ihm machen, sodass es zu einer Begegnung der Liebe und dankbaren Staunens kommt“.

Wir wollen uns wie die Hirten auf den Weg machen, liebe Brüder und Schwestern, in Richtung Betlehem, um Jesus zu begegnen und in Ihm den „Immanuel, den Gott mit uns“ (Lk 1,23) zu erfahren.

Maria. Die Jungfrau von Nazareth „ist eine Mutter, die ihr Kind betrachtet und es denen zeigt, die es besuchen kommen. Ihre Figur lässt uns an das große Geheimnis denken, in das diese junge Frau miteinbezogen wurde, als Gott an die Tür ihres unbefleckten Herzens klopfte. Auf die Botschaft des Engels mit der Bitte, die Mutter Gottes zu werden, antwortete Maria in vollem und bedingungslosem Gehorsam. Ihre Worte: »Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast« (Lk 1,38), sind für uns alle ein Zeugnis dafür, wie wir uns im Glauben dem Willen Gottes überlassen können. Durch dieses „Ja“ wurde Maria zur Mutter des Sohnes Gottes. Ihre Jungfräulichkeit ging nicht verloren, sondern wurde dank des Sohnes geheiligt. Wir sehen in ihr die Mutter Gottes, die ihren Sohn nicht allein für sich behält, sondern alle auffordert, seinem Wort zu folgen und es in die Tat umzusetzen (vgl. Joh 2,5)“.

Wir alle sind gerufen, Maria nachzuahmen und Jesus Christus in die Welt zu tragen. Das wird nur möglich, wenn wir Jesus erlauben, in unseren Herzen geboren zu werden und uns mit apostolischer Freude zu erfüllen, damit wir Sein Evangelium, die Frohe Botschaft, allen Menschen, denen wir auf unserem Lebensweg begegnen, verkünden können.

Joseph. Der Bräutigam Mariens, der Heilige Joseph, ist mehr oder weniger der Repräsentant einer schützenden Haltung gegenüber dem Kind und seiner Mutter. „Meist wird er mit einem Stock in der Hand dargestellt, manchmal hält er auch eine Laterne. Der heilige Josef spielt eine sehr wichtige Rolle im Leben von Jesus und Maria. Er ist der Beschützer, der nie müde wird, seine Familie zu behüten. Als Gott ihn vor der Bedrohung durch Herodes warnt, zögert er nicht, aufzubrechen und nach Ägypten auszuwandern (vgl. Mt 2,13-15). Und als dann die Gefahr vorüber ist, bringt er die Familie nach Nazaret zurück, wo er der erste Erzieher des Kindes bzw. des heranwachsenden Jesus sein wird. Josef trug in seinem Herzen das große Geheimnis, das Jesus und Maria, seine Verlobte, umgab, und als gerechter Mann vertraute er sich immer dem Willen Gottes an und setzte ihn in die Tat um“.

Das Beispiel des Heiligen Joseph möge uns ermutigen, Hüter unseres Nächsten zu werden – ganz im Gegensatz zur Haltung des Kain (vgl. Gen 4,8) -, besonders für die leicht verwundbaren Menschen, die unsere materielle und spirituelle Hilfe benötigen.

Das Jesuskind ist das Herz der Krippe. Seine Figur wird in der Heiligen Nacht in die Krippe gelegt, um zu zeigen, daß die Zeit erfüllt und die Verheißung Wirklichkeit geworden ist, da das Wort Fleisch wurde und unter uns gewohnt hat. „Gott zeigt sich so, in einem Kind, um sich von uns in die Arme schließen zu lassen. In der Schwachheit und Zerbrechlichkeit verbirgt er seine alles erschaffende und verwandelnde Kraft. Es scheint unmöglich, doch so ist es: In Jesus war Gott ein Kind und in dieser Gestalt wollte er die Größe seiner Liebe offenbaren, die sich im Lächeln des Kindes zeigt und wenn es jedem seine Hände entgegengestreckt“.

Vor dem Jesuskind wollen auch wir, liebe Brüder und Schwestern, dem Beispiel der Hirten folgen, denn als sie das Kind fanden, das in einer Krippe lag, „erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war“. Alle sind wir gefordert, Missionare, Verkünder des Weihnachtsgeheimnisses zu werden.

Die drei Könige stehen für die weisen und reichen Herren des Orients. Nachdem sie einen Stern beobachtet hatten, „machten sie sich auf den Weg nach Betlehem, um Jesus kennenzulernen und ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben darzubringen. Diese Geschenke haben auch eine allegorische Bedeutung: mit dem Gold ehren sie das Königtum Jesu; mit dem Weihrauch seine Göttlichkeit; mit der Myrrhe sein heiliges Menschsein, dem Tod und Begräbnis beschieden sein sollte“.

Die Weisen erinnern daran, daß alle Menschen, ob arm oder reich, zum Reich Gottes berufen sind. Alle haben die Umkehr nötig, um Jünger Jesu und Glieder seiner Kirche zu werden. Wir alle sind sodann eingeladen, ihrer Haltung Jesus gegenüber zu folgen. „Eine große Freude erfüllt sie angesichts des königlichen Kindes. Sie stoßen sich nicht an der ärmlichen Umgebung; sie zögern nicht, die Knie zu beugen und es anzubeten. Als sie vor ihm stehen, begreifen sie, dass Gott, der in souveräner Weisheit den Lauf der Gestirne ordnet, ebenso den Lauf der Geschichte lenkt, indem er die Mächtigen erniedrigt und die Niedrigen erhöht. Und sicherlich werden sie nach der Rückkehr in ihr Land diese überraschende Begegnung mit dem Messias weitererzählt haben. So hat die Reise des Evangeliums zu den Heidenvölkern ihren Anfang genommen“.

„Im Anfang war das Wort ….. Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Joh 1,1.14). Das ist der Kern des Weihnachtsgeheimnisses, das wir betrachten, indem wir der schönen Meditation des Heiligen Vaters über die Bedeutung und den Wert der Krippe auch in unserer Zeit folgen. Sie steht auf plastische Weise für die Theologie der Inkarnation, ist volkstümlich und den Kleinen wie den Großen nahe. Beschließen wir diese Reflektionen mit Worten von Papst Franziskus: „»Das Leben ist erschienen« (1 Joh 1,2): So fasst der Apostel Johannes das Geheimnis der Menschwerdung zusammen. Die Krippe lässt uns dieses einzigartige und außergewöhnliche Ereignis sehen und berühren, das den Lauf der Geschichte verändert hat und auch zum Ausgangspunkt für unsere Zeitrechnung der Jahre vor und nach Christi Geburt wurde“.

Bitten wir die selige Jungfrau und Gottesmutter Maria, sie möge für uns eintreten und die Gnade erbitten, mit welcher der dreieine Gott auch unsere Herzen verwandle. Amen.

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