Predigt von Nuntius Eterovic am 1. Fastensonntag

Apostolische Nuntiatur, 26. Februar 2023

(Gen 2,7-9; 3,1-7; Ps 51; Röm 5,12-19; Mt 4,1-11)

„Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen“ (Mt 4,10).

Liebe Brüder und Schwestern!

Im Unterschied zu den Stammeltern Adam und Eva hat Jesus die Versuchungen des Bösen in der Wüste nach vierzig Tagen des Fastens und Betens besiegt. Die Christen, die durch das Sakrament der Taufe mit Christus geeint sind, können die Versuchungen des Teufels, denen sie ausgesetzt sind, nach dem Beispiel ihres Meisters und in der Kraft seiner Gnade besiegen. Lassen wir uns vom Heiligen Geist zum Verständnis der Erzählung im Matthäusevangelium führen, um zu verstehen, wie wir mit Jesus die drei Versuchungen überwinden können, die in unserem Leben auftauchen: den Materialismus (I), den religiösen Exhibitionismus (II) und den Götzendienst (III).

1. „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt“ (Mt 4,4).

Mit diesen Worten überwindet Jesus die Versuchung des Teufels, des Diabolos (διά-βολος), was bedeutet: Durcheinanderwerfer oder Verwirrer, Verleumder im Sinne von Ankläger oder Faktenverdreher, der den Samen von Zwietracht sät. Der Satan ist gerissen und versucht, den Hunger auszunutzen, den Jesus verspürt, nachdem „er vierzig Tag und vierzig Nächte gefastet hatte“ (Mt 4,2). Außerdem möchte der Teufel das Wohlwollen des Herrn erreichen, indem er sich mit dem hohen Titel an ihn wendet, der bei der Taufe von seinem Vater gebraucht wurde, der sagt: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe“ (Mt 3,17). Die Versuchung durch den Teufel ist allein durch die Verwendung dieses Hoheitstitels gut vorbereitet: „Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, dass aus diesen Steinen Brot wird“ (Mt 4,3). Tatsächlich hat der Herr solche Wunder vollbracht und speiste beispielsweise viele Menschen mit fünf Broten und zwei Fischen (vgl. Mt 14,13-21). Die Versuchung hingegen besteht darin, ein Wunder zu Befriedigung eigener Bedürfnisse zu tun und die materiellen Dinge an die erste Stelle zu setzen. Jesus hingegen erinnert mit Bezug auf die Heilige Schrift, dass die oberste Stelle dem Wort Gottes gehört. „In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt“ (Mt 4,4). Und das Wort Gottes mahnt sodann, mit „dem Hungrigen dein Brot zu brechen“ (Jes 58,7). Somit fordert uns Jeus auf, nicht in egoistischer Manier zu leben und materielle Güter an die oberste Stelle zu setzen. Der erste Platz gebührt dem Wort Gottes, jener wesentlichen Nahrung für den menschlichen Geist, der uns lehrt, die irdischen Güter in rechter Weise zu gebrauchen und vor allem, sie mit dem Nächsten zu teilen. Hier ist wichtig, an den Hunger in unserer Welt zu erinnern: es gibt etwa eine Milliarde Menschen, die Hunger leiden. Dieser Skandal wäre relativ einfach aus der Welt zu schaffen: es würde genügen, die weltweiten Rüstungsausgaben eines Jahres dafür zu verwenden, jeden Bewohner unseres Planeten mit Nahrung zu versorgen. Das wäre möglich, wenn die Mächtigen dieser Welt der Lehre und dem Beispiel Jesu folgen würden.

2. „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen“ (Mt 4,7).

Die zweite Versuchung betrifft den religiösen Exhibitionismus, das Verlangen, aus der Religion ein Spektakel zu machen. Bei dieser Versuchung zeigt der Teufel seine Gerissenheit, wenn er sich mit Worten der Bibel an Jesus wendet. Wie Jesus der ersten teuflischen Probe mit Worten aus dem Buch Deuteronomium (Dtn 8,3) widersteht, wendet sich der Teufel nunmehr mit den bekannten Worten aus Psalm 91 an ihn: „Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen. Sie tragen dich auf Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt“ (Ps 91,11-12). Die satanische List ist, mit der Aussage der Schrift in Sicherheit zu wiegen, so dass Jesus keine Angst haben müsse, das zu tun, was er von ihm möchte: „Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich hinab“ (Mt 4,6). Doch der Herr will Gott nicht missbrauchen und seine Macht nicht aus Gründen von Prestige oder zugunsten der Selbstdarstellung einsetzen. Entschieden antwortet er also: „In der Schrift heißt es auch: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen“ (Mt 4,7). Während seines öffentlichen Wirkens hat Jesus viele Wunder vollbracht, doch niemals, um Menschen mit seiner Macht zu begeistern, sondern damit Gott zu loben und den an Leib und Seele kranken Menschen zu helfen. Die Lehre Jesu ist auch heute sehr aktuell, weil sie uns mahnt, Gott nicht uns dienstbar machen zu wollen und ihn zu drängen, uns wohlgefällige Wunder zu vollbringen. Im Gegenteil, wir müssen Gott zu Diensten sein, der schon weiß, was wir nötig haben, bevor wir es Ihm vortragen. Als Gläubige beugen wir uns seinem heiligen Willen, wenn wir ihm unsere Bitten vortragen, beispielsweise die Heilung von schwerer Krankheit. In seiner Güte und Vorsehung kennt Gott aber das, was für uns gut ist und tut es, denn er lässt uns nie allein.

3. „Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen“ (Mt 4,10).

Auch die Versuchung zum Götzendienst, zur Anbetung des Teufels, um Macht zu erlangen, denn „er zeigte ihm alle Reiche der Welt mit ihrer Pracht“ (Mt 4,8) hat in der Antwort Jesu biblische Bezüge: „Weg mit dir, Satan! Denn in der Schrift steht: Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen“ (Mt 4,10). Der Teufe weiß, Jesus ist der Messias, der König, dem nach der Schrift alle Welt unterworfen sein wird. Der Teufel schlägt ihm vor, dies auf kurzem Weg zu erreichen zu können, ohne Passion, ohne Kreuzweg und Tod, allein unter der Bedingung, sich vor ihm niederzuwerfen und ihn anzubeten. Der Herr aber widersteht dieser Versuchung, die seine Sendung in die Krise gestürzt hätte: statt Gottesknecht zu sein, der über den Tod zur Herrlichkeit der Auferstehung gelangt und König des Weltalls wird, würde er dieses Ziel mit unehrenhaften Mitteln erreichen, indem er statt Gott den Teufel, den Feind Gottes anbetet. Mit Bezug auf die Bibel erneuert Jesus sein Vertrauen in Gott, dem allein Anbetung und Dienst gilt. So erteilt uns Jesus eine wichtige Lektion: wir dürfen nicht Götzen dienen, nicht Geld und Macht anbeten oder dem Vergnügen verfallen sein, sondern nur Gott allein sollen wir dienen. Nur ehrenhafte Mittel sollen wir einsetzen, was Verfolgung, Anstrengung und Opfer einschließt, um unser wahres Ziel zu erreichen, das darin besteht, Gott mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und aller Kraft zu lieben und ebenso den Nächsten zu lieben wie sich selbst (vgl. Mt 22,36-40).

Liebe Brüder und Schwestern, Jesus Christus hat den Teufel auch für uns besiegt. Vereint mit ihm und mit der Hilfe der Gnade des Heiligen Geistes können auch wir die Versuchungen besiegen, die Teil unseres menschlichen und christlichen Lebens sind. Es ist ein immer offener Kampf, bei dem uns auch die Heilige Schrift hilft, richtig verstanden und eingebettet in die lebendige Tradition der Kirche und vom kirchlichen Lehramt authentisch ausgelegt. Auf die Fürsprache der seligsten Jungfrau Maria, der Mutter Jesu und unsere Mutter, bitten wir Gott, den Vater, Sohn und Heiligen Geist, dass wir den Weg der Fastenzeit gut leben, der begonnen hat und wo wir Jesus in seinem Sieg über die Versuchungen des Materialismus, des religiösen Exhibitionismus und des Götzendienstes folgen wollen, indem wir seine Lehre in die Tat umsetzen: „Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen“ (Mt 4,10). Amen.

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