Predigt von Nuntius Eterovic am 2. Adventssonntag

Apostolische Nuntiatur, 10. Dezember 2023

(Jes 40,1-5.9-11; Ps 85; 2 Petr 3,8-14; Mk 1,1-8)

„Bereitet den Weg des Herrn“ (Mk 1,3).

Liebe Schwestern und Brüder!

Das Wort Gottes, das wir an diesem zweiten Adventssonntag gehört haben, hilft dabei, uns auf das Hohe Weihnachtsfest vorzubereiten. Mit dem Advent hat das Lesejahr B begonnen, wo in der Regel am Sonntag Abschnitte aus dem Markusevangelium vorgesehen sind. Nützlich hierfür können einige Daten sein (I). Bei dem Evangelium, das uns zur Betrachtung vorgelegt ist, wollen wir bei zwei Aspekten verweilen, die sich gut in die Erwartung des Advents eingliedern: die Freude (II) und die Umkehr (III). Öffnen wir uns der Gnade des Heiligen Geistes, um das Wort Gottes gut zu begreifen und es bei der Vorbereitung auf das Hochfest der Geburt unsers Herrn Jesus Christus in die Tat umzusetzen.

1. „Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, Gottes Sohn“ (Mk 1,1).

Das Markusevangelium umfasst 16 Kapitel und hat somit den geringsten Umfang der vier Evangelien. In der Ordnung findet es sich an der zweiten Stelle nach dem Matthäusevangelium, auch wenn es zeitlich das älteste der drei (synoptischen) Evangelien ist. Es wurde in griechischer Sprache verfasst und richtet sich daher an die zum Christentum bekehrten Heiden. Das erschließt sich aus zahlreichen sprachlichen Erklärungen und den Beschreibungen jüdischen Verhaltens. Das Evangelium beschreibt das Leben Jesu in einem einfachen und lebendigen Stil von der Taufe an bis zum Tod und der Auferstehung. Zwei Besonderheiten verdienen besondere Beachtung: 1. Das Thema des Geheimnisses des Messias, wo Jesus gebietet, nicht zu verbreiten, dass er der Messias sei, um nicht missverstanden oder fälschlicherweise für einen politischen Botschafter gehalten zu werden. 2. Die Schwierigkeit der Jünger, die wahre Mission Jesu zu verstehen. Aus diesem Grund unterrichtet der Herr die Jünger oft, wenn sie unter sich waren, über die Bedeutung seiner Lehre, angefangen bei den Gleichnissen.

2. Die Freude „des Evangeliums“ (Mk 1,1).

Das Wort Evangelium kommt vom griechischen εὐαγγέλιον, was so viel wie „gute Nachricht“ oder „frohe Botschaft“ bedeutet. Mit dem Wort Evangelium sind nicht allein die vier Evangelien des Neuen Testamentes gemeint – jene des Matthäus, Markus, Lukas und Johannes -, sondern vor allem deren Inhalt. Dieser bezieht sich auf die Botschaft Jesu, auf die Proklamation des Reiches Gottes, das in seiner Person gegenwärtig geworden ist. Das Wort des ewigen Gottes ist in der Fülle der Zeit Fleisch geworden – „für uns und zu unserem Heil“, wie wir im Glaubensbekenntnis ausdrücken. Er, der Sohn Gottes und Menschensohn, hat uns dieses Heil erworben durch das Ostergeheimnis, durch sein Leiden, seinen Tod und die Auferstehung. Die Christen, die im Sakrament der Taufe, das im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes gespendet wurde, in Seinen geheimnisvollen Leib (dem Corpus Christi mysticum) eingegliedert sind, erlangen die Vergebung der Sünden und die Hoffnung auf das ewige Leben.

Das ist die frohe Botschaft des Evangeliums, was das Leben jedes Christen von anderen unterscheiden soll. Der Heilige Vater Franziskus hat sein erstes Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, die Programmschrift seines Pontifikates mit den Worten begonnen: „Die Freude des Evangeliums erfüllt das Herz und das gesamte Leben derer, die Jesus begegnen. Diejenigen, die sich von ihm retten lassen, sind befreit von der Sünde, von der Traurigkeit, von der inneren Leere und von der Vereinsamung. Mit Jesus Christus kommt immer – und immer wieder – die Freude“ (EG, Nr. 1). Die Tatsache, dass zur Zeit Jesu ähnliche Probleme existierten, wie es sie heute gibt: Ungerechtigkeit, Kriege, Terrorismus, Krankheit, verschiedene Leiden und Tod, hilft bei der Beantwortung der Frage: Wie kann man sich in der Welt voller Ungerechtigkeit, Gewalt, Krieg und ständiger Todesgefahr freuen? Gerade an die Menschen, die inmitten der Tragödien unserer Welt leben, richtet Jesus Christus sein Evangelium, seine Botschaft der Freude. Diese hat eine fundamentale Dimension hinsichtlich der Existenz eines jeden Christen: Jesus Christus bleibt immer bei ihm, ist in jedem Moment seines Lebens mit ihm, auch unter Bombenhagel, wie unsere Brüder und Schwestern in Ukraine, in Israel, in Gaza und vielen anderen Orten der Welt, auch in Zeiten des Leidens, der Verfolgung und des Todes. Der Herr selbst hat verheißen: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben“ (Joh 11,25-26). Das Evangelium ist die Einladung zum Frieden, zur Gerechtigkeit, zum Respekt gegenüber jeder menschlichen Person und Kreatur, zur brüderlichen Liebe. In dem Maße, wie diese Werte verwirklicht werden, wird das Evangelium zur guten Nachricht für die ganze Welt.

3. „Eine Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden“ (Mk 1,4).

Der Vorläufer Johannes der Täufer gibt das Motiv der christlichen Hoffnung an, das wir vor allem in dieser Zeit des Adventes beleben sollen. Es besteht in der Erwartung des Messias, der stärker ist als Johannes und vor dem zu bücken er nicht würdig ist, um die Riemen seiner Sandalen zu lösen (vgl. Mk 1,7). Der grundlegende Unterschied zwischen dem Vorläufer und dem Messias drückt sich in den Worten Johannes des Täufers aus: „Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen“ (Mk 1,8). Um dem Messias, der kommt, zu begegnen, ist es nötig, sich spirituell gut vorzubereiten, sprich umzukehren. Der Täufer ermahnte das Volk durch seine Predigt, seine Taufe und durch das Sündenbekenntnis zu diesem Umkehrakt. Auch wir, liebe Schwestern und Brüder, haben die gleichen Mittel der Umkehr zur Verfügung. Das Wort Gottes möge uns in besonderer Weise bei unserer Vorbereitung auf das Weihnachtsfest begleiten. In der Adventszeit hat die Kirche für uns jeden Tag bestimmte Abschnitte der Bibel ausgewählt, welche die Erwartung des erwählten Volkes auf den Messias beschreiben, grundlegende Eigenschaften aufzeigen und nötige Einstellungen in den Herzen der Menschen anmahnen, um ihn willkommen zu heißen, wenn er kommt. Entdecken wir daher das Wort Gottes auf neue Weise, das in dieser Zeit des Heils an uns gerichtet ist. Nehmen wir beispielsweise jeden Tag einen Satz aus den biblischen Lesungen, um darüber in besonderer Weise zu meditieren. Das auf das Wort Gottes gegründete Gebet lässt uns den Wert der Taufe erneut entdecken, wodurch wir Kinder Gottes geworden sind und Glieder der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche. Aus diesen Vorbereitungen möge spontan der Wunsch zur Umkehr erwachsen, die einen bevorzugten Ort im und über das Sakrament der Versöhnung hat. Der Advent ist eine geeignete Zeit sich im Sinne der Mahnung des Vorläufers dem Bußsakrament zu nähern: „Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen“ (Mk 1,3). Lasst uns die krummen Wege verlassen, die Einbahnstraßen, und kehren wir zurück auf die Hauptstraße, die allein Jesus Christus ist, welcher „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ ist (Joh 14,6).

Liebe Brüder und Schwestern, öffnen wir unsere Herzen der Gnade des Heiligen Geistes, damit in im christlichen Sinn die Zeit des Advents leben können, in freudiger Erwartung auf den Herrn Jesus Christus, der von der Jungfrau Maria geboren wurde, seiner und unserer Mutter. Ihrer mächtigen Fürsprache vertrauen wir unsere Bereitschaft an, den Ruf in die Tat umzusetzen: „Bereitet den Weg des Herrn“ (Mk 1,3). Amen.

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