Predigt von Nuntius Eterovic am 2. Adventssonntag
Apostolische Nuntiatur, 6. Dezember 2020
(Jes 63,16-17.19.64,1-7; Ps 80; 1 Kor 1,3-10; Mk 13,33-37)
„Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!“ (Mk 13,36)
Liebe Schwestern und Brüder!
Das Wort Gottes an diesem zweiten Adventssonntag mahnt uns, für das Kommen des Herrn Jesus bereit zu sein. Wir sind in der Zeit des Wartens auf seine Ankunft. In Wirklichkeit hat diese Zeit drei Dimensionen: Wir erwarten die Geburt Jesu in Bethlehem in der Weihnachtsnacht. Das Wort Gottes erinnert uns aber auch an die Wiederkunft des Herrn am Ende der Zeiten. Wir werden ermahnt, nicht besorgt darüber zu sein, dass sich dieses Kommen verzögert. Hierzu führt der Heilige Petrus wortgewandt aus, „dass beim Herrn ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag sind. Der Herr der Verheißung zögert nicht, wie einige meinen, die von Verzögerung reden, sondern er ist geduldig mit euch, weil er nicht will, dass jemand zugrunde geht, sondern dass alle zur Umkehr gelangen“ (2 Petr 3,8-9). Der Erste der Apostel schreibt sodann über unsere personale Begegnung mit dem Herrn, was wir als dessen drittes Kommen bezeichnen können. Auf diese Heilsbegegnung muss man sich „heilig und fromm“ vorbereiten (2 Petr 3,11). Die zweifache Ankunft des Herrn, jene in Bethlehem vor zweitausend Jahren und die am Ende der Zeit, ist bedeutsam. Noch entscheidender für uns aber ist das Kommen des Herrn in unsere Herzen, in unser Leben. Seine Gegenwart in uns durch Glaube und Werke der Liebe macht uns würdig, mit Freude seine erste Ankunft im Fleisch in Bethlehem zu leben, wie auch dafür, vertrauensvoll seine Wiederkunft Herrlichkeit zu erwarten, wenn er richten wird die Lebenden und die Toten.
Die Lesungen dieses zweiten Adventssonntags geben an, wie wir uns vorbereiten sollen, dem Herrn, der kommt, als Person und in der kirchlichen Gemeinschaft zu begegnen (I). Die Ankündigung Johannes des Täufers wird durch sein klares Zeugnis und seinen strengen Charakter bekräftigt (II).
1. „Bereitet den Weg des Herrn“ (Mk 1,3).
Der Evangelist Markus bezieht sich am Beginn seines Evangeliums auf den Propheten Jesaja. Wie wir gehört haben, tut er dies, nachdem er das Thema aufgezeigt hat, das er beschreiben will, nämlich „das Evangelium von Jesus Christus, Gottes Sohn“ (Mk 1,1). Der Heilige Markus war Mitarbeiter des Heiligen Paulus, vor allem aber ein treuer Schüler des Heiligen Petrus. Sein Evangelium hat er insbesondere für die Heiden geschrieben, der Überlieferung nach für die Christen in Rom. Sofort zu Beginn hebt er hervor, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist. Um das zu unterstreichen, bedient er sich der Prophetie des Jesaja und sagt, diese habe sich mit dem Kommen des Herrn Jesus erfüllt. Seinem Vorläufer, dem Täufer Johannes, spricht er die Wendung des Propheten Jesaja zu: „Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn“ (Mk 1,3). Mit den Worten: „Macht gerade seine Straßen“ fasst er die klare Botschaft des Propheten Jesaja zusammen. Sie helfen uns, besser zu erfassen, was wir konkret tun sollen, um als Christen die Geburt des Messias zu erwarten.
„Jedes Tal soll sich heben“ (Jes 40,4). Der Prophet kündigt einen neuen Exodus an, den des erwählten Volkes aus der babylonischen Knechtschaft und die Rückkehr nach Jerusalem, und denkt bei einem Tal nicht geographisch, sondern meint damit einen geistlichen Sinn. Er mahnt den Gläubigen, die Leere seines Lebens zu füllen, um für das Kommen des Herrn bereit zu sein. Diese Leere können wir als mangelhaftes oder hohles Gebet verstehen, das wir in dieser Adventszeit wesentlicher werden lassen sollen. Dafür braucht es die Momente der Ruhe und des gesammelten Friedens für die personale Begegnung mit Gott, vor allem im lebendigen Gebet in der kirchlichen Gemeinschaft. Neben dem Mangel an Gebet kann Leere auch die Vernachlässigung von Verpflichtungen meinen, die wir einst gerne übernommen hatten und die mit unserer christlichen und kirchlichen Berufung verbunden sind. Mit Leere kann darüber hinaus auch ein Fehlen von Werken der Liebe gemeint sein. Ein Christ, der auf das Kommen des Messias wartet, muss die Wahrheit neu entdecken, dass sich Jesus mit den Armen und Hilfsbedürftigen dieser Welt identifiziert (vgl. Mt 25,35-44).
„Jeder Berg und Hügel soll sich senken“ (Jes 40,4). Die Berge und Hügel, die sich senken sollen, sind vor allem der Stolz und der Egoismus. Sie behindern nicht allein die Vorbereitung auf das Hohe Weihnachtsfest, sondern auch die authentische Begegnung mit dem Herrn Jesus. Der Herr selbst sagt, wir sollen sein wie Er, nämlich „gütig und von Herzen demütig“ (Mt 11,29). Nur in einer solchen Haltung können wir seine Ermahnung in die Tat umsetzen: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“ (Mt 7,1) oder den Vorwurf verhindern: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?“ (Lk 6,41).
„Was krumm ist, soll gerade werden, und was hüglig ist, werde eben“ (Jes 40,4). Das raue und steile Gelände kann mit den vielen Schwierigkeiten übersetzt werden, die unsere Begegnung mit dem Herrn erschweren: die schlechten Verhaltensweisen, eine Lebensweise, die dem Wesen des Evangeliums widerspricht. Jeder ist aufgerufen, diese Hindernisse zu entlarven und mit der Hilfe der Gnade Gottes zu überwinden. Eins der wirksamsten Heilmittel ist das Sakrament der Versöhnung. In dieser Gnadenzeit des Advents sollten wir beichten, um uns geistlich auf das kommende Weihnachtsfest vorzubereiten.
2. „Eine Taufe der Umkehr“ (Mk 1,4)
Johannes der Täufer wird uns vorgestellt als einer, der in der Wüste tauft und „eine Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden verkündet“ (Mk 1,4). Der Vorläufer war erfolgreich, denn viele aus Judäa und Jerusalem kamen, um sich im Jordan taufen zu lassen und ihre Sünden zu bekennen (vgl. Mk 1,5). Zwei Aspekte sind in der Beschreibung des Evangelisten Markus zu unterstreichen. Zunächst der, dass Johannes das Kommen des Messias ankündigt. Seine Mission ist daher, ihm den Weg zu bereiten, nämlich die Herzen der Menschen, damit sie ihn erkennen und aufnehmen. Der Täufer ist sich des großen Unterschieds zwischen ihm und dem Messias bewußt, der viel stärker ist als er. Denn: „Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen“ (Mk 1,8). Der zweite Aspekt ist, dass Johannes der Täufer die Menschen aufgrund seiner Bescheidenheit und strengen Lebensführung anzieht. Die Demut des Vorläufers wird seinem Vergleich mit dem Messias deutlich: „Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich; ich bin es nicht wert, mich zu bücken und ihm die Riemen der Sandalen zu lösen“ (Mk 1,7). Die herbe Gestalt des Johannes wird mit seiner Kleidung „aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften“ beschrieben, und dass er sich „von Heuschrecken und wildem Honig“ ernährte (Mk 1,6).
Die Lebensweise von Johannes dem Täufer sollte auch uns zu einem mehr einfacheren Leben anspornen. Natürlich können wir ihn nicht einfach wörtlich nachahmen, doch könnten wir auf eine luxuriöse Kleidung oder einen aufwendigen Lebensstil verzichten oder auch die Sehnsucht danach aufgeben. Mit Blick auf unsere Nahrung sollten wir an die vielen Menschen in der Welt denken, an die große Zahl von fast siebenhundert Millionen, die Hunger leiden. Leider steigt diese Zahl wegen der Corona-Pandemie weiter an.
Liebe Brüder und Schwestern, das Wort Gottes lädt uns ein, dass wir uns im Gebet und mit Werken der Liebe, in Demut und durch einen bescheidenen Lebensstil auf das Hohe Weihnachtsfest vorbereiten. Auf diesem Weg begleiten uns alle Heiligen, wobei ich am heutigen liturgischen Gedenktag an meinen Namenspatron, den Heiligen Nikolaus und an die unbefleckt empfangene selige Jungfrau und Gottesmutter Maria, die Königen der Heiligen, erinnern möchte. Auf deren Fürsprache möge uns die Gnade zuteilwerden, dass wir Jesus Christus, den Sohn Gottes, in rechter Weise aufnehmen, der bald zu uns kommt. Amen.