Predigt von Nuntius Eterović am 2. Fastensonntag

(Gen 22,1-2.9.10-13.15-18; Ps 116; Röm 8,31-34; Mk 9,2-9)

Berlin, 25. Februar 2018

„Dieser ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören!“ (Mk 9.7).

Liebe Brüder und Schwestern!

Auf unserem Pilgerweg zum Osterfest legt uns die Kirche an diesem zweiten Sonntag der Fastenzeit das Evangelium der Verklärung des Herrn Jesus vor. Diese Erzählung findet sich in jedem der drei synoptischen Evangelien. Wir folgen heute der Version des Heiligen Markus, dessen Evangelium wir in diesem liturgischen Jahr bevorzugt lesen. Die Verklärung war ein wichtiges Ereignis im Leben Jesu und seiner Jünger, wie auch der Urkirche. Es ist auch für uns alle wichtig, die wir Teil der Kirche sind, dem geheimnisvollen Leib, dessen Haupt Jesus ist (vgl. Kol 1,18). In der Verklärung offenbart Jesus seine göttliche Natur (I), und er will die Apostel auf den Skandal des Kreuzes vorbereiten (II). Die Verklärung hilft uns, auch die Auferstehung des Herrn Jesus Christus besser zu verstehen (III).

1. Die Verklärung offenbart die göttliche Natur Jesu.

Die Beschreibung des Evangelisten Markus ist wesentlich. Jesus übernahm die Initiative. Er wählte drei bevorzugte Jünger aus: Petrus, Jakobus und Johannes. Er hat auch für einen angemessenen Ort gesorgt: einen hohen Berg, einen besonderen Ort der Begegnung mit Gott, ebenso einsam wie abseits gelegen, wo Jesus mit den drei Jüngern alleine war. Nachdem er die Gegend präsentiert hatte, beschreibt der Evangelist die Verklärung durch Bilder des täglichen Lebens: Jesus „wurde vor ihnen verwandelt; seine Kleider wurden strahlend weiß, so weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann“ (Mk 9,2-3). Der Heilige Markus betont, daß es sich um eine außergewöhnliche Erscheinung handelte, eine übernatürliche, die also niemand auf Erden vollbringen konnte. Das Außergewöhnliche des Ereignisses wird durch die zwei starken Persönlichkeiten aus dem Alten Testament unterstrichen: Elia und Mose, „die mit Jesus redeten“ (Mk 9,4). Die beiden hatten die Aufgabe, den drei Aposteln zur Erkenntnis zu bringen, daß Jesus der Messias ist, der vom Gesetz und den Propheten angekündigt wird, welche durch Mose und Elia repräsentiert werden. Die höchste Bestätigung aber kommt durch die Stimme Gottvaters: „Dieser ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören!“ (Mk 9,7). Die Stimme des Vaters kam aus einer Wolke, die im Alten Testament oft für den Heiligen Geist steht. Daher haben wir in der Verklärung auch eine Offenbarung der Dreifaltigkeit, wie vorher schon bei der Taufe Jesu (vgl. Mk 1,9-11).

2. Der Skandal des Kreuzes.

Unter den drei Jüngern, die Jesus mit auf den Berg genommen hatte, nahm Petrus eine besondere Stellung ein. Das wird nicht nur dadurch angezeigt, daß er als erster von den drei genannt wird, sondern weil er vom Glanz überwältigt das Wort an Jesus richtet und sagt: „Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija“ (Mk 9,5). Dem Evangelisten schien dieser Vorschlag merkwürdig, so daß er rechtfertigend hinzufügt: „Er wusste nämlich nicht, was er sagen sollte; denn sie waren vor Furcht ganz benommen“ (Mk 9,6).
Die Worte des Petrus sind Ausdruck des Glücks, bei Jesus zu sein und an seiner Herrlichkeit teilnehmen zu dürfen. Sie könnten aber auch als Versuch verstanden werden, den Weg Jesu nach Jerusalem, wo er nach seiner Verkündigung Leiden und Tod durchleben muss, zu verhindern. Kurz zuvor im Markusevangelium hatte Jesus den Petrus heftig getadelt, weil dieser ihn vom Weg zum Kreuz abbringen wollte, denn er war über die Ankündigung des Herrn entsetzt: „Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er muss getötet werden und nach drei Tagen auferstehen“ (Mk 8,31). Die Worte Jesu sind sehr hart: „Tritt hinter mich, du Satan! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen“ (Mk 8,33). Möglicherweise wollte Jesus dem Petrus helfen, das Ostergeheimnis zu verstehen, indem er ihn teilhaben ließ an der Schönheit seiner Verklärung. In keinem Fall aber ließ sich Jesus davon abbringen, seine Sendung zu vollenden. Als er vom Berg herabstieg, „gebot er ihnen, niemandem zu erzählen, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei“ (Mk 9,9). Nach dem Evangelisten behielten die drei Jünger die Erfahrung der Verklärung Jesu für sich, aber sie verstanden nicht, „was das sei: von den Toten auferstehen“ (Mk 9,10).

3. Die Bedeutung der Verklärung.

Die Verklärung Jesu befindet sich in der Abfolge der Ereignisse vor dem Skandal des Kreuzes. Sie erinnert die drei Apostel und uns alle daran, daß Jesus Mensch und Gott ist. ER hat zwei Naturen, eine menschliche, die mit uns allen leidet, aber auch jene göttliche, die ihn mit Gottvater in der Herrlichkeit des Heiligen Geistes gleich macht. Der Evangelist Johannes, der bei der Verklärung auf dem Berg dabei war, beschreibt zu Beginn seines Evangeliums Jesus Christus als das Wort, das immer bei Gott war, weil er selbst Gott ist: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott“ (Joh 1,1). Dieses Wort ist wirksam bei der Erschaffung der Welt und des Menschen: „Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist“ (Joh 1,3). In der Fülle der Zeit (vgl. Gal 4,4) ist die zweite göttliche Person der Allerheiligsten Dreifaltigkeit Fleisch geworden: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Joh 1,14). Er wurde Mensch aus Maria, der Jungfrau, durch das Wirken des Heiligen Geistes (vgl. Lk 1,35) und war in allem uns gleich, außer der Sünde (vgl. Hebr 4,15). In seiner großen Liebe „entäußerte er sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz“ (Phil 2,7-8).

Liebe Brüder und Schwestern, in der Fastenzeit lesen wir bevorzugt die Bibelstellen vom Leiden, der Passion und dem Tod Jesu. Wir müssen uns aber immer auch bewußt bleiben, daß es sich um denselben Jesus handelt, der verklärt wurde, der das Wort ist, das immer bei Gott existiert, daß es um den Mensch und Gott in der Einheit der Person des Jesus von Nazareth geht, den geliebten Sohn des Vaters. Diese Vision hilft uns den Skandal des Kreuzes richtig zu verstehen. Gott drückt darin seine große Liebe zu uns und zu unserem Heil aus, daß er aus freiem Willen Leiden und Tod angenommen hat, um sie radikal umzuwandeln. Mit seiner Auferstehung hat er den Tod besiegt und hat auch unserem Leid eine heilsame Bedeutung gegeben, wenn es mit seinem Kreuz vereint ist, das einmalig und von unschätzbarem Wert ist. Beim Kreuzweg empfinden wir die Schwachheit Jesu, eine menschliche Schwachheit, die zur Manifestation der Macht Gottes in seiner Auferstehung werden wird und auch unsere Auferstehung und unser ewiges Leben mit dem dreieinen Gott abbildet. In dieser Perspektive können wir auch mehr Licht im Geheimnis der Auferstehung Jesu ausmachen. Er kehrt in die Herrlichkeit zurück, die er von jeher hatte, er kehrt zum Vater zurück. Der Unterschied besteht in seiner verherrlichten Menschheit, die nach dem Ostergeheimnis verwandelt ist und die Herrlichkeit des „geliebten Sohnes“ teilt.

Liebe Brüder und Schwestern, danken wir Gott für die Erfahrung der Verklärung Jesu Christi, welche die Apostel als Zeugen dieses wichtigen Ereignisses überliefert haben. Das möge uns in dieser Fastenzeit helfen, mit der menschlichen Natur Jesu auch seine göttliche zu betrachten. Die Fürsprache der seligen Jungfrau Maria, der Mutter Jesu und unsere Mutter helfe uns auf diesem Weg. Sie ist ihrem Sohn auf dem langen Kreuzweg gefolgt, aber sie wurde auch Zeugin seiner Auferstehung und der Ausgießung seines Geistes am Pfingsttag. Amen.

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