Predigt von Nuntius Eterovic am 2. Sonntag im Jahreskreis

Berlin, 19. Januar 2020

(Jes 49,3.5-6; Ps 40; 1 Kor 1,1-3; Joh 1,29-34)

„Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt!“(Joh 1,29)

Liebe Schwestern und Brüder!

Das Wort Gottes an diesem zweiten Sonntag im Jahreskreis unterstreicht die Universalität des Heils. Gott hat Israel als sein Volk erwählt, doch wollte er über dieses die frohe Kunde seiner Liebe ohne Grenzen auf jedes Menschenkind und die ganze Menschheit hin ausdehnen. Dieser Wille Gottes wird im Neuen Testament zum Ausdruck gebracht (I) und war schon im Alten Testament gegenwärtig (II). Dies betrifft die Kirche und jedes ihrer Mitglieder (III).

1. Seht das Lamm Gottes

Der Abschnitt des Evangeliums, den wir gehört haben, ist mit der Taufe Jesu verbunden. Der Apostel Johannes beschreibt das Geschehen nicht so detailreich wie die drei Synoptiker (vgl. Mk 1,9-11; Mt 3,13-27; Lk 3,21-22). Er konzentriert sich auf das Zeugnis von Johannes dem Täufer. Er kannte Jesus nicht persönlich, doch wurde ihm eine Offenbarung Gottes zuteil, die klare Kriterien enthielt, ihn zu erkennen. Johannes bezeugt: „Ich kannte ihn nicht; aber er, der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, er hat mir gesagt: Auf wen du den Geist herabkommen und auf ihm bleiben siehst, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft“ (Joh 1,33). Johannes der Täufer sah, „dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb“ (Joh 1,32). Vom Heiligen Geist inspiriert, bezeugt Johannes, daß Jesus „mit dem Heiligen Geist tauft“ (Joh 1,33). Johannes der Täufer unterscheidet seine Taufe mit Wasser klar von jener Taufe Jesu. Nur die Taufe mit dem Heiligen Geist kann die Sünden der Menschen tilgen und sie zu Kindern Gottes machen. Daher hat die Aussage des Täufers: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt!“ (Joh 1,29) eine sehr tiefe Bedeutung. In Jesus erfüllen sich die Verheißungen des Alten Testaments zur Vergebung der Sünden. Er ist das Lamm, das die Tieropfer des Alten Testamentes ersetzt, welche die Vergebung der Sünden nicht bewirken konnten (vgl. Hebr 10,11). Jesus „aber hat nur ein einziges Opfer für die Sünden dargebracht und sich dann für immer zur Rechten Gottes gesetzt; seitdem wartet er, bis seine Feinde ihm als Schemel unter die Füße gelegt werden“ (Hebr 10,12-13). Der Prophet Jeremia zum Beispiel kündigte einen neuen Bund zwischen JHWH und dem Haus Israel an, bei dem sich der Herr dazu verpflichtet: „Denn ich vergebe ihre Schuld, an ihre Sünde denke ich nicht mehr“ (Jer 31,34). Diese Vergebung, die allein das erwählte Volk meinte, erstreckt sich nun auf die ganze Welt. Somit haben wir die Bedeutung der Aussage, daß Jesus das Lamm Gottes ist, das die Sünden der Welt hinweg nimmt. Es sind nicht mehr nur die Sünden der Glieder des erwählten Volkes gemeint, sondern die Sünde der ganzen Welt. Jesus Christus weitet den Horizont der Offenbarung und somit den des Heils auf alle Menschen und die ganze Menschheit.

2. Der Gottesknecht

Schon die vom Heiligen Geist geführten Propheten hatten eine Ahnung von der Universalität des Heils. Der Prophet Jesaja, der im 8. Jahrhundert vor Christus lebte, hat mit Blick auf den Gottesknecht geschrieben: „Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, nur um die Stämme Jakobs wieder aufzurichten und die Verschonten Israels heimzuführen. Ich mache dich zum Licht der Nationen; damit mein Heil bis an das Ende der Erde reicht“ (Jes 49,6). Der Gottesknecht ist zugleich Israel, das Volk Gottes, und der Messias. Mit dieser Vision hat Jesaja die Sendung der Juden inmitten der Völker aufgezeigt. Zur göttlichen Vorsehung gehören auch die Tragödien des jüdischen Volkes, der Verlust des Staates und die Zerstreuung in verschiedene Gebiete, was dazu führte, den Monotheismus, den Glauben an den einen und einzigen Gott, in der Welt zu verbreiten. Für uns Christen ist Jesus Christus der Messias, der Gottesknecht, der sein Leben zu unserem Heil hingegeben hat. Er hat die Prophezeiung des Jesaja verwirklicht und das Heilsangebot für die ganze Welt wirksam verbreitet. Das bezeugt der Verfasser des ersten Briefes an Timotheus: „Das ist recht und wohlgefällig vor Gott, unserem Retter; er will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1 Tim 2,3-4).

3. Unsere Sendung

Der auferstandene Herr Jesus Christus ruft seine Jünger zur Teilhabe an der Sendung, das Evangelium, die gute Nachricht, den Menschen zu verkünden. Uns ist sein Befehl bekannt, den er seinen Apostel gab, bevor er in den Himmel aufgefahren ist: „Mir ist alle Vollmacht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“ (Mt 28,18-20). Weil er unsere Schwächen, Grenzen und Sündhaftigkeit kennt, versichert uns der Herr Jesus: „Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20).

Der Heilige Paulus, „durch Gottes Willen berufener Apostel Christi Jesu“ (1 Kor 1,1), hat diesen Willen seines Meisters gut verstanden. Nach seiner Bekehrung wurde er durch sein Lebensbeispiel und in der Kraft des vom Heiligen Geist inspirierten Wortes ein eifriger Missionar des Evangeliums. Der Heilige Paulus war sich auch darüber im Klaren, daß das Evangelium des Heils für die ganze Welt bestimmt ist. Er dankt Gott für die Christen, seine Brüder in Korinth, aber auch „mit allen, die den Namen unseres Herrn Jesus Christus überall anrufen, bei ihnen und bei uns“ (1 Kor 1,2).

Auch wir, liebe Brüder und Schwestern, sind gerufen, auf aktive Weise an dieser herausfordernden Mission teilzuhaben. Wir dürfen uns von der Größe der Aufgabe und angesichts unserer Grenzen nicht entmutigen lassen. Jesus hat seine universale Mission den Aposteln anvertraut, die wenige gewesen sind und die darauf nicht auf professionelle und kulturelle Weise vorbereitet waren. Ihre Mission war dennoch sehr erfolgreich. Sie hatten Vertrauen in den Herrn Jesus, der versprochen hatte, bei ihnen zu sein, inmitten seiner Kirche, wie auch durch die Unterstützung des Heiligen Geistes. Durch das Sakrament der Taufe setzt Jesus Christus mittels der Kirche das Werk fort, daß Männer und Frauen aus jedem Volk, jeder Nation, Sprache und Kultur zum neuen Leben der Kinder Gottes wiedergeboren werden. Auf diese Weise ist uns die Angst genommen, wir könnten in einem missionarischen Leben aufgerieben werden, und es wird uns eine erneuerte Dynamik im Heiligen Geist geschenkt, der immer jung und die Quelle des Lebens ist.

Vertrauen wir unsere guten Vorsätze der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, der Mutter der Kirche, damit wir dem Heiligen Geist gestatten, unseren Glauben an Jesus Christus, den Heiland aller Menschen, zu stärken, damit wir vor der Welt das Zeugnis von Johannes dem Täufer ablegen, daß Jesus Christus das Lamm Gottes ist, das einzig und allein fähig ist, die Sünde der Welt hinwegzunehmen (vgl. Joh 1,29). Amen.

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