Predigt von Nuntius Eterovic am 2. Sonntag im Jahreskreis - LJ C
Apostolische Nuntiatur, 19. Januar 2025
(Jes 62,1-5; Ps 96; 1 Kor 12,4-11; Joh 2,1-11)
„Was er euch sagt, das tut“ (Joh 2,5).
Liebe Brüder und Schwestern!
Mit diesen Worten der seligen Jungfrau Maria wollen wir die Worte und Werke des Herrn Jesus verstehen, der sein erstes Wunder in Kana in Galiläa gewirkt hat. Kana ist eine Stadt im alten Galiläa. Möglicherweise befand sie sich nordöstlich von Nazareth und nördlich vom Berg Tabor. Kana wird im Johannesevangelium wiederholt erwähnt. So befand sich Jesus in Kana, als man ihn ersuchte, den kranken Sohn eines königlichen Beamten des Tetrarchen Herodes Antipas von Galiläa in Kafarnaum zu heilen (vgl. Joh 4,46-54). Kana ist sodann die Heimatstadt von „Natanaël aus Kana in Galiläa“ (Joh 21,2). Dieser wird allgemein mit dem heiligen Apostel Bartholomäus identifiziert.
Wir folgen aber dem Herrn Jesus nach Kana in Galiläa, wo eine Hochzeit stattfand (vgl. Joh 2,1), um den doppelten Sinn seines ersten Wunders zu entdecken. Der Evangelist bemerkt, „die Mutter Jesu war dabei“ (Joh 2,1). Maria wird also privilegiert und vor Jesus genannt. Möglicherweise hat jemand aus der Familie geheiratet, so dass über Maria auch Jesus und seine Jünger eingeladen worden waren (vgl. Joh 2,2).
„Sie haben keinen Wein mehr“ (Joh 2,3).
Der Abschnitt des Evangeliums beschreibt nicht detailliert, wie die Hochzeit von Mann und Frau, zwischen Bräutigam und Braut vonstattenging, denn sie folgte einer langen und gemeinhin bekannten jüdischen Tradition. Der Akzent liegt vielmehr auf der Verlegenheit des Mangels an Wein. Die selige Jungfrau, die aufmerksam für die Nöte anderer war, bemerkte als erste das Problem der Brauleute. Es ist äußerst bemerkenswert, dass Maria diese Tatsache Jesus mitgeteilt hat: „Sie haben keinen Wein mehr“ (Joh 2,3). Aus ihrem Gespräch lässt sich schließen, dass sie nach dreißig gemeinsam verbrachten Jahren sehr vertraut miteinander waren. Um des guten Rufes des Brautpaares willen, wandte sie sich an ihren Sohn, denn ihr war bewusst, dass Er diese unglückliche Situation retten konnte. Sie bleibt von der Antwort Jesu unbeeindruckt: „Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen“ (Joh 2,4). Man kann dies als eine Kritik Jesu an seiner Mutter auffassen, um sie verstehen zu lassen, dass er bereits erwachsen war und sich nicht mehr wie ein Kind behandeln lässt. Der Ausdruck „Frau“ könnte hierbei eine gewisse Distanz zu seiner Mutter Maria ausdrücken. Sie aber sagt voller Überzeugung zu den Dienern: „Was er euch sagt, das tut“ (Joh 2,5). Auf den Einwand von Maria hin lässt Jesus die Diener die vorhandenen sechs Steinkrüge, die für die Waschungen dienten, mit Wasser füllen, lässt wiederum daraus schöpfen und es dem Speisemeister bringen. Es ist hervorzuheben, dass Jesus zwei alltägliche Redewendungen verwendet: „Füllt die Krüge mit Wasser“ und dann: „Schöpft jetzt und bringt es dem, der für das Festmahl verantwortlich ist“ (Joh 2,7-8). Kein besonderer Segen, sondern diese Worte allein genügen, um das Wasser in Wein bester Qualität zu wandeln. Das bemerkt der Speisemeister und wendet sich an den Bräutigam: „Jeder setzt zuerst den guten Wein vor und erst, wenn die Gäste zu viel getrunken haben, den weniger guten. Du jedoch hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt“ (Joh 2,10).
„So tat Jesus sein erstes Zeichen“ (Joh 2,11).
Der Evangelist Johannes lässt uns die tiefere geistliche Bedeutung des Wunders von Kana suchen. Er gibt dabei die Richtung an, wenn er schreibt: „So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit und seine Jünger glaubten an ihn“ (Joh 2,11). Wunder sind Zeichen einer tieferen Wirklichkeit. Der Evangelist Johannes bemerkt, dass Jesus mit dem genannten Wunder seine Herrlichkeit offenbart hat. Was das bedeutet, können wir mit Hilfe der ersten Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja erfassen, der die Beziehungen zwischen JHWH und dem erwählten Volk beschreibt und hierfür die Bilder einer Hochzeit und die Sprache der Liebe wählt. JHWH wollte einen eigenen Bund mit Israel schließen, was aber wegen der Untreue des auserwählten Volkes nicht möglich war. Gott selbst aber verheißt ein besonderes Eingreifen zugunsten Israels, bei dem Er selbst der Bräutigam sein wird, der sich mit der Braut vermählt und ihr Schöpfer bleibt: „Wie ein junger Mann sich mit einer Jungfrau vermählt, so nehmen dich deine Söhne in Besitz“ (Jes 62,5). Die Beziehung der Liebe des Schöpfers zu seinem Volk wird in Begriffen ausgedrückt, die aus dem Bereich der Hochzeit stammen, denn „wie der Bräutigam sich freut über die Braut, so freut sich dein Gott über dich“ (Jes 62,5). Vom Volk erwartet Gott eine Antwort aus Liebe, die in Treue zum Bund gelebt wird. Diese Gottvater wohlgefällige Antwort konnte allein Jesus, Sein Eingeborener Sohn geben. Daher geschah in Kana in Galiläa nicht nur ein Wunder, mit dem Jesus auf die Bitte seiner Mutter Maria hin den Brautleuten helfen wollte und für ausreichend Wein für den Fortgang des Festes sorgte, sondern es gab ein Zeichen, das die wahre Absicht Gottes mit seinem Volk und zugleich die Natur der Sendung Jesu zeigte. Daher wird theologisch auf der Hochzeit zu Kana Jesus selbst der Bräutigam. In diesem Sinne verwendet der Evangelist Johannes den Begriff des Bräutigams mit Blick auf den Herrn Jesus und lässt Johannes den Täufer sagen: „Wer die Braut hat, ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber, der dabeisteht und ihn hört, ist voller Freude über die Stimme des Bräutigams. Diese Freude hat sich nun bei mir vollendet. Er muss wachsen, ich aber geringer werden“ (Joh 3,29-30). Die große Liebe Jesu ermöglicht die Hochzeit von Gott und seinem Volk. Darin besteht die wahre Herrlichkeit Jesu. Im Kreuz wird sie ihren Höhepunkt erreichen. Diese Wahrheit hat Jesus vorweggenommen, als er den Verrat des Judas feststellte und sagte: „Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht und Gott ist in ihm verherrlicht. Wenn Gott in ihm verherrlicht ist, wird auch Gott ihn in sich verherrlichen und er wird ihn bald verherrlichen“ (Joh 13,31-32). In diesem Licht können wir die Bedeutung des ausgezeichneten Weines beim Wunder Jesu in Kana erfassen. Er führt uns zum Sakrament der Eucharistie. Während des letzten Abendmahls nahm Jesus „den Kelch, sprach das Dankgebet, gab ihn den Jüngern und sie tranken alle daraus. Und er sagte zu ihnen: Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird. Amen, ich sage euch: Ich werde nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken bis zu dem Tag, an dem ich von Neuem davon trinke im Reich Gottes“ (Mk 14,23-25). Die Worte Jesu sind im Kreuzesopfer verwirklicht, denn ein Soldat „stieß mit der Lanze in seine Seite und sogleich floss Blut und Wasser heraus“ (Joh 19,34). Während das Wasser auf die Taufe hinweist, weist das Blut auf den Wein des neuen Bundes (vgl. Lk 22,20), der in der Liebe Jesu bis zur Vollendung gründet (Joh 13,1). Wie wir in der zweiten Lesung gehört haben, ist die Eucharistie sodann die Quelle der zahlreichen Charismen, die das christliche Leben charakterisieren (vgl. 1 Kor 12,7-10) und vom Heiligen Geist ausgegossen werden, den der Herr Jesus „ohne Maß“ gibt (Joh 3,34). Es handelt sich nicht notwendigerweise um ausgezeichnete Gaben, sondern vor allem um jene, die für ein authentisches Leben nötig sind.
Im heutigen Evangelium werden wir erinnert, dass eine dieser Gaben die Ehe ist, die Jesus zur Würde des Sakramentes erhoben hat, als er in Kana in Galiläa zur Hochzeitsfeier gekommen war und den Brautleuten geholfen hat. Insofern können wir zusammenfassend sagen, dass die Hochzeit von Kana einen programmatischen Wert im Leben Jesu Christi hat, da sich schon hier das Ostergeheimnis ankündigt, an dem wir im Glauben teilhaben, vor allem, wenn wir aktiv die Eucharistie mitfeiern, in der sich die geistliche Hochzeit des Bräutigams Christus mit Seiner Braut der Kirche erneuert.
Der Evangelist Johannes hat auch vermerkt, dass aufgrund des Wunders von Kana in Galiläa die Jünger Jesu an ihn glaubten (vgl. Joh 2,11). Es war aber ein noch schwacher Glaube, wie die Evangelien berichten, ein Glaube, der noch wachsen und gestärkt werden musste im Ostergeheimnis und durch die Herabkunft des Heiligen Geistes. Auch wir sind nicht selten gleichsam wie „Kleingläubige“ (Mt 8,26). Deswegen bitten wir mit den Aposteln: „Stärke unseren Glauben“ (Lk 17,5).
Liebe Brüder und Schwestern, in Kana in Galiläa spielte die selige Jungfrau Maria eine wichtige Rolle, indem sie den Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu beschleunigt hat. Sie handelte wie eine Mutter der Brautleute, als Mutter der Menschen, auch wenn sie diesen Titel erst später auf dem Kalvarienberg von ihrem Sohn und Herrn bekommen hat, als Jesus sie dem geliebten Jünger Johannes anvertraute und sagte: „Siehe, deine Mutter“ (Joh 19,27). Vertrauen wir ihrer mütterlichen Fürsprache alle Menschen an, vor allem die christlichen Eheleute, damit sie alle ihrem mütterlichen Rat folgen und ihn in die Tat umsetzen: „Was er euch sagt, das tut“ (Joh 2,5). Amen.