Predigt von Nuntius Eterovic am 28. Sonntag im Jahreskreis

Berlin, 9. Oktober 2022

(2 Kg 5,14-17; Ps 98; 2 Tim 2,8-13; Lk 17,11-19)

„Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet“ (Lk 17,19).

Liebe Schwestern und Brüder!

Das Wort Gottes, das wir an diesem 28. Sonntag im Jahreskreis gehört haben, berichtet uns von Leprakranken und deren Heilung. Lepra war in früheren Zeiten eine schreckliche Krankheit, welche die daran Erkrankten an den Rand der Gesellschaft drängte. Dank des medizinischen Fortschritts kennen wir heute die Ursachen dieser Krankheit, können sie besser behandeln oder Vorsorgemaßnahmen treffen. Die Katholische Kirche war diesen an Lepra erkrankten Brüdern und Schwestern stets besonders zugetan, die der materiellen und geistlichen Hilfe besonders bedürfen. Sie tut dies auch heute in ihren 532 Leprastationen, die vor allem in Asien (269) und Afrika (201) wirken.

Lepra ist auch aus geistlicher Sicht ein Bild einer Sünde, von der man sich reinigen muss, vor allem durch das Sakrament der Versöhnung. Im Bewußtsein für das Wort Gottes und offen für den Heiligen Geist folgen wir der Struktur der Erzählungen des Alten (I) und des Neuen Testamentes (II) und suchen danach, den Ertrag aus den Lesungen auf unser persönliches und gemeinschaftliches Leben zu übertragen (III).

1. „Jetzt weiß ich, dass es nirgends auf der Erde einen Gott gibt außer in Israel“ (2 Kg 5,15).

In der biblischen Erzählung über Krankheit und Heilung des Syrers Naaman können wir folgende Struktur feststellen:

-Die Suche nach Heilung. Naaman war der Heerführer des Königs von Syrien und nahm in seinem Land eine wichtige Position ein, „Der Mann war tapfer, aber an Aussatz erkrankt“ (2 Kg 5,1). Von einem gefangenen jüdischen Mädchen, die eine Dienerin seiner Frau ist, erfährt er von der Existenz des Propheten Elischa, der ihn heilen könne. Naaman packte sodann eine Fülle von Gaben für den möglichen Heiler ein und machte sich auf den Weg zu dem Propheten, der in Israel lebte.

-Die Heilung. Der Syrer Naaman hörte widerwillig, was ihm seine Knechte als Botschaft des Propheten Elischa überbrachten, was er tun solle: „Geh und wasch dich siebenmal im Jordan! Dann wird dein Leib wieder gesund und du wirst rein“ (2 Kg 5,10). Doch schließlich tut Naaman, was gesagt wurde, er steigt siebenmal in den Jordan und wird geheilt.

-Dank. Der nunmehr geheilte Naaman kehrt zu Elischa zurück, zum „Gottesmann“ (2 Kg 5,15), um ihm und seinem Gott zu danken, in dessen Namen er geheilt worden war. Elischa jedoch nahm das kostbare Geschenk nicht an und erklärt sich als einfacher Knecht Gottes. Der Prophet gestattete ihm aber, „so viel Erde (mitzunehmen), wie zwei Maultiere tragen können; denn dein Knecht wird keinem andern Gott mehr Brand- und Schlachtopfer darbringen als dem HERRN allein“ (2 Kg 5,17).
-Glaube an Gott. Die geschenkte Heilung und die Großherzigkeit des Propheten Elischa lassen den Syrer Naaman die Einzigheit des wahren Gottes JHWH erkennen. „Jetzt weiß ich, dass es nirgends auf der Erde einen Gott gibt außer in Israel“ (2 Kg 5,15). Naaman wurde also nicht nur von der Krankheit des Leibes geheilt, sondern auch im Geist gereinigt.

2. „Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet“ (Lk 17,19).

Im Abschnitt des Evangeliums haben wir eine ähnliche Struktur. Der Evangelist Lukas berichtet jedoch von gleich zehn Leprakranken, die Jesus begegnen und sich wie folgt strukturieren lässt:

-Suche nach Heilung. Auf seinem Weg nach Jerusalem, wo er den Tod erleiden und auferstehen wird, begegnet er den zehn Aussätzigen. Gemäß den zu jener Zeit geltenden Vorschriften durften sie sich Jesus und seinen Jüngern nicht nähern. Fern des Ortseingangs standen sie und riefen mit lauter Stimme: „ Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns“ (Lk 17,13).

-Heilung. Wie im Fall des Syrer Naaman gibt es auch hier keinen direkten Kontakt zwischen dem Heiler und den Kranken. Jesus aber reagiert umgehend auf den Schrei der Zehn. Als er sie sah, sagte er: „Geht, zeigt euch den Priestern“ (Lk 17,14). Die Priester hatten die Vollmacht der Entscheidung, ob ein Leprakranker gesund geworden war. In diesem Fall konnten sie ihm erlauben, am Gottesdienst und am regulären sozialen Leben teilzunehmen. Der Herr Jesus wollte die zehn Kranken heilen, und so geschah es: „Während sie hingingen, wurden sie rein“ (Lk 17,14).

-Dank. Es waren zehn Leprakranke, doch nur einer kam, um Jesus zu danken. Der Herr bemerkte dies und sagte: „Sind nicht zehn rein geworden? Wo sind die neun?“ (Lk 17,17). Zu dem Samariter, der als einziger dankbar zurückkehrte und sich zu Boden geworfen hatte, aber bemerkt er: „Steh auf und geh!“ (Lk 17,19).

-Glaube an Gott. Der Samariter war voller Dankbarkeit gegenüber Jesus und pries Gott für seine Heilung, „kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme. Er warf sich vor den Füßen Jesu auf das Angesicht und dankte ihm“ (Lk 17,15-16). Der Herr lobte die Haltung des geheilten Samariter, nicht ohne zu bemerken: „Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden?“ (Lk 17,18). Indem er zu dem Samariter sagte: „Steh auf und geh!“, war er nicht nur von der körperlichen Krankheit geheilt, sondern auch seine Seele war befreit, denn: „Dein Glaube hat dich gerettet“ (Lk 17,19). Die neun anderen Leprakranken waren nur körperlich geheilt. Möglicherweise waren diese Juden, die meinten, ihre Heilung wäre der Tatsache geschuldet, sie seien Glieder des erwählten Volkes.

3. „Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns“ (Lk 17,13).

Mit diesem Bittruf der zehn Kranken sollen auch wir uns an den Herrn Jesus wenden, liebe Brüder und Schwestern. Wir haben seine Hilfe nötig, um den Leprakranken besser helfen und denen, die ihnen beistehen, unterstützen zu können, auch finanziell. Es gibt aber auch eine spirituelle Lepra, die Sünde nämlich, von der wir alle affiziert sind. Das wirksamste Heilmittel der Reinigung ist das Bußsakrament, das leider oft gering geschätzt und deswegen ignoriert wird.

In unseren Beziehungen zu Gott, dem Vater, Sohn und Heiligem Geist folgen auch wir dem aufgezeigten Schema im Fall des Syrers Naaman und der zehn Leprakranken. Wenn wir krank sind, bitten wir jedes Mal darum, dass wir gesund werden. Unsere Bereitschaft ist nicht wirklich ausgeprägt, für unsere Heilung dem zu danken, der sie bewirkt, dem allmächtigen, guten und barmherzigen Gott. Oft aber verhalten wir uns wie die zehn Leprakranken, von denen nur einer kam, um Jesus zu danken. Dabei handelte es sich um einen Fremden, einen aus Samaria. Nun müssen sich die Christen bewußt darüber sein, dass die beste Weise, Gott für jede einzelne Gabe zu danken, die wir von ihm empfangen haben, die Heilige Messe ist. Doch wir kennen leider die nur geringe Zahl von Katholiken, die jeden Sonntag die Eucharistie mitfeiern, was eine Gnadenhandlung bedeutet. In Deutschland lag die Zahl vor der Corona-Pandemie die bei neun Prozent. In der von Corona bestimmten Zeit reduzierte sich diese Zahl nochmals und steigt auch jetzt noch nicht wieder an. Nach einigen Statistiken ist die Zahl derer, die jeden Sonntag die Heilige Messe besuchen am höchsten bei den nationalen Gemeinschaften, die etwa zwanzig Prozent der Katholiken in Deutschland ausmachen.

Liebe Brüder und Schwestern, vertrauen wir unseren Ruf: „Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns“ (Lk 17,19) der mächtigen Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, unserer Mutter und Mutter der Kirche, damit sie uns die Gabe des Heiligen Geistes erflehe. Diese Gabe ist imstande, unser christliches Gewissen zu wecken und die vielen Gründe zum Danken zu entdecken, was wie Gottvater durch Seinen Eingeborenen Sohn Jesus Christus im Heiligen Geist schulden. Mit Freude und aus tiefstem Herzen wollen wir dies tun im Gebet und vor allem, indem wir die Eucharistie an den Sonn- und Feiertagen mitfeiern. Amen.

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