Predigt von Nuntius Eterovic am 28. Sonntag im Jahreskreis
Berlin, 13. Oktober 2019
(2 Kg 5,14-17; Ps 98; 2 Tim 2,8-13; Lk 17,1-19)
„Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet“ (Lk 17,19).
Liebe Schwestern und Brüder!
Wir haben die Stimme des Herrn Jesus bei der Heilung des Leprakranken gehört, die uns lehrt, wie wir Gottvater für jede von ihm empfangene Gabe danken müssen. Öffnen wir uns der Gnade des Heiligen Geistes und suchen wir gemeinsam die Erzählung des Evangeliums zu erfassen (I), wie auch die erste Lesung (II), um über die Bedeutung des Dankens in unserem christlichen Leben nachzusinnen (III).
1. Der Glaube des geheilten Leprakranken
Die Erzählung von der Begegnung der zehn Leprakranken mit Jesus zeigt uns auf der einen Seite die traurige Situation, in der sich diese Menschen befanden. Sie waren von der Gemeinschaft getrennt und mussten sich von den Gesunden fernhalten. Sobald sich ihnen einer von diesen näherte, mussten sie rufen: „Unrein! Unrein!“ (Lev 13,45). Andererseits unterstreicht das Evangelium, daß Jesus mit den Leprakranken Mitleid hatte, die „in der Ferne stehen blieben und riefen: Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns!“ (Lk 17,12-13). Die Reaktion kommt umgehend. Sobald er sie sah, sagte er: „Geht, zeigt euch den Priestern“ (Lk 17,14). Nach den Vorschriften des Alten Testamentes mussten die Priester einen geheilten Leprakranken für rein erklären und konnten sie so wieder in die Gemeinschaft der Gläubigen aufnehmen. Es war die Absicht Jesu, die zehn Leprakranken zu heiligen. Das geschah nach dem Evangelisten, „während sie hingingen, wurden sie rein“ (Lk 17,14).
Der Akzent der Erzählung liegt bei der Reaktion der zehn geheilten Leprakranken. Nur einer, und der war ein Fremder, ein Samariter, kam zu Jesus zurück, um ihm zu danken. Die anderen neun waren möglicherweise Juden, die dachten, ihre Heilung sei nichts, wofür sie Jesus Dank schuldeten. Dem Herrn gefällt die Einstellung des Samariters, der „umkehrte, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme“ (Lk 17,15). Sein Wort: „Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet“ (Lk 17,19) zeigt, daß der Samariter nicht nur körperlich geheilt worden war, sondern er hatte auch die Gabe des Glaubens empfangen und somit das Heil der Seele; eine umfassende Heilung also.
Jesus tut Wunder, um seinen Vater im Himmel zu verherrlichen. Jesus ist in die Welt gekommen, um den Willen des Vaters zu erfüllen (vgl. Joh 6,38). Er tut alles in der Einheit mit dem Vater. Bevor er Wunder wirkt, wendet er sich an Gottvater. Erinnern wir uns an das Gebet Jesu zum Vater vor der Auferstehung des Lazarus (vgl. Joh 11,41-42). Außerdem setzen die Wunder den Glauben derer voraus, die Jesus um die Gnade der Heilung bitten. Auch zielen die Wunder darauf hin, den Glauben der Geheilten zu stärken, wie auch den seiner Jünger oder bei denen, die Zeugen des Geschehens waren. Daher hat Jesus den Dank des geheilten Leprakranken an Gottvater sehr begrüßt. Dieser Dank festigt den geistlichen Kontakt zwischen dem Herrn und dem Samariter. Das Ergebnis ist seine Heilung, materiell und spirituell.
2. Die Heilung des Syrers Naaman
In der ersten Lesung aus dem zweiten Buch der Könige haben wir die Beschreibung der Heilung des Naaman gehört, des Feldherrn des Königs von Aram, der an Lepra erkrankt war. Naaman besaß die Demut, auf den Rat des Propheten Elischa zu hören, sich nämlich siebenmal im Jordan zu waschen (vgl. 2 Kg 5,14) und so geheilt zu werden. Wie der Samariter im Evangelium, so kam auch Naaman, der „viel bei seinem Herrn galt und angesehen war; denn durch ihn hatte der HERR den Aramäern den Sieg verliehen“ (2 Kg 5,1), zum Propheten Elischa zurück, um zu danken. Er hatte verstanden, daß seine Heilung durch die Gnade „des Höchsten“ (Gen 14,19) geschehen war, worauf er das Glaubensbekenntnis ablegte: „Dein Knecht wird keinem andern Gott mehr Brand- und Schlachtopfer darbringen als dem HERRN allein“ (2 Kg 5,17), das heißt JHWH. Aus diesem Grund bittet Naaman darum, „so viel Erde, wie zwei Maultiere tragen können“ mitzunehmen, um den Dankritus auf jener Erde zu vollziehen, die er aus Israel mitgenommen hatte.
In der christlichen Tradition weist die Heilung des Naaman auf die Bedeutung des Glaubens und auf das Taufwasser hin, um ganz und gar geheilt zu werden, an Leib, Geist und Seele. Die Heilung von der Lepra bedeutet sodann die Reinigung von Sünden.
3. Die Bedeutung des Dankens
Das Wort Gottes betont die Bedeutung des Dankes an Gott für die empfangenen Güter. Der Heilige Paulus ermahnt uns diesbezüglich: „Sagt Gott, dem Vater, jederzeit Dank für alles im Namen unseres Herrn Jesus Christus“ (Eph 5,20). Leiden müssen wir feststellen, daß wir oftmals dem Beispiel der neun geheilten Leprakranken folgen, die Jesus nicht für die empfangene Gabe gedankt haben. Wir sollten jedoch die Haltung des Samariters nachahmen, der Jesus für die empfangene Gnade dankbar gewesen war und durch Jesus Gott dem Vater danken wollte, aus dem aller Segen im Himmel und auf der Erde hervorgeht (vgl. Eph 1,3-10). Ja, jeden Tag sollen wir Gott für so viele Gaben danken, auch für die kleinen, die wir aus seiner unendlichen Güte empfangen. Besonders dankbar müssen wir dem Herrn Jesus für die Gabe des Glaubens sein: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast“ (Mt 11,25).
Die Heilige Messe, die Eucharistie ist das herausragende Lob- und Dankgebet. Das griechische Wort εὐχαριστία (Eucharistia) bedeutet Danksagung. Für uns ist jede Eucharistiefeier das Opfer der Danksagung an Gottvater für die Hingabe der Liebe bis zum Ende (vgl. Joh 13,1) seines Eingeborenen Sohnes Jesus Christus in der Gnade des Heiligen Geistes. Wir sollten uns dieser wesentlichen Dimension der Feier der Heiligen Messe stärker bewußt sein. In ihr eint sich unser Dank für die kleinen und großen Gaben, vor allem aber für das so große Geschenk, welches uns der gute und allmächtige Gott gemacht hat: das Opfer seines Sohnes, das Wort, das Fleisch geworden ist (Joh 1,14) und der unser Bruder und Heiland wurde. Wir werden ermuntert, liebe Brüder und Schwestern, diese große Gabe jedes Mal zu beleben, wenn wir die Eucharistie feiern, nicht nur zu den feierlichen Anlässen des Sonntags, sondern auch in der täglichen Feier. Von dieser unerschöpflichen Quelle der Gnade können wir die Anregung und Kraft empfangen, um auch den anderen die große Gabe der Eucharistie zu vermitteln. Im Monat Oktober, der traditionell der Mission geweiht ist, denken wir besonders an die Nichtchristen, die auf die Verkündigung des Evangeliums Jesu Christi warten, damit auch sie an der großen Danksagung an den dreieinen Gott teilnehmen, das sich jeden Tag in der Feier des eucharistischen Opfers über die ganze Erde erstreckt.
Vertrauen wir unsere Überlegungen der Fürsprache der Gottesmutter Maria an, der Rosenkranzkönigin und Königin der Mission, damit wir nach ihrem Beispiel Gott in jedem Gebet danken, wenn wir ihren Worten folgen: „Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter“ (Lk 1,46-47). Amen.