Predigt von Nuntius Eterovic am 3. Adventssonntag

Apostolische Nuntiatur, 13. Dezember 2020

(Jes 61,1-2.10-11; Lk 1; 1 Thes 5,16-24; Joh 1,6-8.19-28)

„Ebnet den Weg für den Herrn“ (Joh 1,23).

Liebe Schwestern und Brüder!

An diesem dritten Adventssonntag präsentiert uns das Wort Gottes in besonderer Weise das Zeugnis von Johannes dem Täufer, der gesandt war, die Ankunft des Messias vorzubereiten. Bei unseren Überlegungen konzentrieren wir uns auf den Dialog zwischen Johannes und den von der Jerusalemer Führung gesandten Priestern und Leviten, um ihn zu befragen. Wir tun dies mit Bezug auf die beiden anderen Lesungen, die uns heute von der Liturgie vorgelegt werden.

„Wer bist du?“ (Joh 1,19). Die Gesandten der Führungsschicht von Jerusalem wollen wissen, wer Johannes der Täufer in Wirklichkeit ist, jener Mann, der das Volk an den Jordan zieht, die Umkehr predigt und eine Taufe zur Vergebung der Sünden spendet. Auf diese Frage gibt Johannes eine doppelte, eine sowohl negative wie positive Antwort.

Negative Antwort: Auf die Frage: „Wer bist du?“ antwortet Johannes in negativer Weise, indem er zunächst feststellt, nicht der Christus zu sein. Er wusste, alle erwarteten die Ankunft des Messias, des Gesalbten Gottes, was in griechischer Übersetzung Christus bedeutet. Die Worte des Propheten Jesaja aus der ersten Lesung, die wir gehört haben, beleuchten gut den Inhalt dieser Erwartung. Der Messias ist der vom Geist des Herrn Gesalbte, der eine besondere Sendung hat: „Er hat mich gesandt, um den Armen frohe Botschaft zu bringen, um die zu heilen, die gebrochenen Herzens sind, um den Gefangenen Freilassung auszurufen und den Gefesselten Befreiung, um ein Gnadenjahr des HERRN auszurufen“ (Jes 61,1-2). Die Erwartungen an den Messias waren hoch, denn seine Mission war sehr bedeutsam. Als Widerschein der göttlichen Barmherzigkeit wird er das Evangelium den Armen verkünden, die Vergebung den Zerknirschten und die Befreiung aus der Knechtschaft.
Weiterhin sagt Johannes der Täufer, nicht Elia zu sein. Die Frage der von Jerusalem Gesandten ist bezeichnend für jene Zeit der messianischen Erwartung. Nach der verbreiteten Meinung wird Elia vor der Ankunft des Messias wiederkehren und ihm den Weg bereiten. Hierzu schreibt der Prophet Maleachi, der im fünften Jahrhundert vor Christus gelebt hat: „Seht, da sende ich zu euch den Propheten Elija. Er wird das Herz der Väter wieder den Söhnen zuwenden und das Herz der Söhne ihren Vätern, damit ich nicht komme und das Land schlage mit Bann“ (Mal 3,23-24). Nach dem Evangelisten Lukas hat der Engel dem Zacharias im Tempel von Jerusalem über seinen Sohn Johannes verkündet: „Er wird ihm mit dem Geist und mit der Kraft des Elija vorangehen, um die Herzen der Väter den Kindern zuzuwenden und die Ungehorsamen zu gerechter Gesinnung zu führen und so das Volk für den Herrn bereit zu machen“ (Lk 1,17). Die Erwartung des Elia hatte somit ein biblisches Fundament.

An dritter Stelle sagt Johannes, überhaupt kein Prophet zu sein. Es genügt, an die Verheißung von JHWH zu erinnern, er werde den Juden einen dem Mose ähnlichen Propheten schicken. „Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, aus deiner Mitte, unter deinen Brüdern, erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören“ (Dtn 18,15). Nach dem Alten Testament ist „niemals wieder in Israel ein Prophet wie Mose aufgetreten. Ihn hat der HERR von Angesicht zu Angesicht erkannt“ (Dtn 34,10). Die Juden erwarteten also das Kommen eines großen Propheten, der mit Mose vergleichbar ist. Diese Erwartung erfüllt sich mit der Ankunft des Herrn Jesus in der Heiligen Nacht.

Positive Antwort: Aufgrund der Eindringlichkeit der Priester und Leviten gibt Johannes eine positive Antwort: „Ich bin die Stimme eines Rufers in der Wüste: Ebnet den Weg für den Herrn!, wie der Prophet Jesaja gesagt hat“ (Joh 1,23). In seiner Demut bezeichnet sich Johannes lediglich als die Stimme dessen, der klar und unmissverständlich zum ganzen Volk Israel spricht und vom Geist Gottes geführt wird. Und das ist der Messias. Die Delegaten der Führung von Jerusalem hatten offensichtlich den Sinn dieser Antwort von Johannes nicht recht verstanden und wollten wissen, wieso er taufe, wenn er doch nicht der Christus sei oder Elia oder sonst einer der Propheten. Die Demut des Vorläufers durchscheint auch den zweiten Teil seiner Antwort über seine Identität: „Ich taufe mit Wasser. Mitten unter euch steht einer, den ihr nicht kennt, der nach mir kommt; ich bin nicht würdig, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen“ (Joh 1,26-27). Es gibt einen großen Unterschied zwischen der Taufe des Johannes und der von Jesus Christus. Die Taufe des Johannes ist Ausdruck der Erwartung von Gnade. Wirklich vermittelt wird sie erst in der Taufe des Herrn Jesus, durch das Sakrament, das den Heiligen Geist schenkt, der imstande ist, den Menschen von all seinen Sünden zu reinigen und vollständig zu erneuern, so daß er Kind Gottes wird.

In dieser Adventszeit, wo wir auf die Geburt Jesu Christi an Weihnachten warten, müssen auch wir die Demut von Johannes dem Täufer nachahmen. Wir sind gerufen, nicht nur dem Wortsinn nach zu erkennen, dass niemand sich allein heilen und heiligen kann. Alle Menschen haben einen Erlöser nötig, einen Gott, der uns zu Hilfe kommt, ja, einen, der den Menschen dazu bringt, seine Hand auszustrecken und aus den Sünden zur Gnade auferstehen lässt, von einem irdischen Leben, das von materiellen Dingen gefangen ist, zu einem geistlichen Leben, das offen ist für die Ewigkeit. Das Zeugnis von Johannes dem Täufer ermuntert uns außerdem, an unsere Taufe zu denken und dem dreieinen Gott für die große Gabe der Gnade zu danken, seine Kinder zu sein, die im Sakrament durch Wasser und Geist wiedergeboren worden sind (vgl. Joh 3,5).

Liebe Brüder und Schwestern, auch der Heilige Paulus fordert uns in der zweiten Lesung dazu auf, gut auf das Hohe Weihnachtsfest vorbereitet zu sein. Wie einst die Christen in Thessaloniki, so ermahnt er auch uns: „Freut euch zu jeder Zeit! Betet ohne Unterlass! Dankt für alles“ (1 Thes 5,16-18). Auch in dieser angstvollen und notgeplagten Zeit der Corona-Pandemie sollen wir die Freude nicht verlieren, den Herrn zu erwarten. Er bringt uns das Heil, was zu unterscheiden ist von einer Heilung von Krankheit, die den Körper befällt, sondern vielmehr jenes Heil, das die Sünde hinwegnimmt, die sonst unser zur Ewigkeit gerufenes Sein zerstört. Selbstverständlich sind wir alle aufgefordert, gemeinsam im Gebet und mit Hilfe der Gnade unseren Beitrag im Kampf gegen die Übel unserer Welt und insbesondere in dieser von Covid-19 gekennzeichneten Zeit zu leisten, indem wir die Regeln einhalten, die eine weitere Verbreitung verhindern mögen, den Kranken und deren Familien helfen und allen beistehen, die materielle und spirituelle Hilfe nötig haben. Tun wir all dies mit der göttlichen Gnade und im Geist freudiger Erwartung auf das Kommen des Messias. Dies wird die beste Weise sein, dem Herrn Jesus Christus den Weg zu ebnen, unserem Heiland und Erlöser. Amen.

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