Predigt von Nuntius Eterovic am 3. Adventssonntag
Apostolische Nuntiatur, 12. Dezember 2021
(Zef 3,14-18; Jes 12; Phil 4,4-7; Lk 3, 10-18)
3. Advent – Gaudete - Lesejahr C
„Freut euch im Herrn zu jeder Zeit" (Phil 4,4).
Liebe Schwestern und Brüder!
Die Aufforderung des Heiligen Paulus zur Freude im Herrn gilt nicht nur den Christen in Philippi, sondern uns allen und charakterisiert so diesen dritten Adventssonntag, der deswegen auch Sonntag Gaudete genannt wird. Der Name stammt aus der lateinischen Version der Mahnung des Völkerapostels: „Gaudete in Domino semper: iterum dico, gaudete“ – Freut euch im Herrn zu jeder Zeit. Noch einmal sage ich: Freut euch!“ (Phil 4,4). Daher soll man diese Zeit geistlicher Anstrengung und Umkehr mit christlicher Freude begehen. Papst Franziskus hat dieses Thema besonders im Apostolischen Schreiben Gaudete et exultate vom 19. März 2018 behandelt.
Öffnen wir uns dem Heiligen Geist und sind wir des verkündeten Wortes Gottes bewußt, so wollen wir bei drei wichtigen Aspekten für das christliche Leben in dieser Gnadenzeit verweilen: bei der Freude (I), der Demut (II) und der Liebe (III).
1. „Freut euch im Herrn“ (Phil 4,4).
Die ersten beiden Lesungen ermuntern uns zur Freude. Der Prophet Zefanja fordert die Tochter Zion, Jerusalem, wie ganz Israel auf, sich an der Gegenwart des Herrn zu erfreuen: „Der Herr, dein Gott, ist in deiner Mitte“. Er ist ein starker Gott, der das Heil will, „ein Held, der Rettung bringt“ (Zef 3,17). Dieser allmächtige Gott hat seinem Volk die Schuld vergeben: „Der HERR hat das Urteil gegen dich aufgehoben“ und es von seinen Feinden befreit, denn er hat „deine Feinde zur Umkehr gezwungen“ (Zef 3,15). Die Freude hierüber wird geteilt. Es freuen sich nicht nur die Menschen, die Glieder des Volkes Israel, sondern Gott selbst teilt die Freude seines Volkes: Der Herr, dein Gott „jubelt über dich und frohlockt, wie man frohlockt an einem Festtag“ (Zef 3,17).
Die Verheißungen des Alten Testamentes erfüllen sich im Kommen unseres Herrn Jesus Christus. Das bezeugt der Heilige Paulus, der unterstreicht, dass der Grund zur Freude die Nähe Gottes ist, die sich in Jesus Christus offenbart. „Der Herr ist nahe“ (Phil 4,5). Die Nähe Jesu, des Menschen und Gott, ist Ursache der Hoffnung der Christen. Und diese benötigen wir immer, vor allem in dieser Zeit der Corona-Pandemie, welche die Beziehungen zum Nächsten, unsere Art der Arbeit verändert und behindert, uns aber auch stark mit Krankheiten, Leiden und Tod konfrontiert. Daher sind die Worte des Heiligen Paulus sehr aktuell: „Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott“ (Phil 4,6). Wir leben mit dem Herrn jene Schwierigkeit der gegenwärtigen Zeit. Er ist immer mitten unter uns, mehr noch, durch die Gnade ist er im Herzen eines jeden Menschen gegenwärtig, auch bei denen, die in den Krankenhäusern isoliert sind, so dass sie ihre Lieben nicht besuchen dürfen: Gott lässt sie nicht allein, sondern er ist gerade in diesen schwierigen Momenten der Einsamkeit mit ihnen. Das Vertrauen auf den guten und barmherzigen Gott bringt reiche Früchte an Frieden und Hoffnung. Der Heilige Paulus versichert: „Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in Christus Jesus bewahren“ (Phil 4,7).
Für uns ist sehr wichtig, dass Jesus selbst diese Freudenbotschaft teilt, auch wenn er sich bewußt ist, dass seine Sendung ihn zum Tod am Kreuz bringt. Und so beteuert er: „Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird“ (Joh 15,11).
2. „Ich taufe euch mit Wasser“ (Lk 3,16).
Im Geist der christlichen Freude verweilen wir beim Abschnitt des Lukasevangeliums. Er zeigt Johannes den Täufer und seine Mission, mit der er auch uns zeigt, wie wir uns vorbereiten sollen, um dem Herrn Jesus zu begegnen, der kommen wird. Der Täufer bietet uns ein Beispiel der Demut. Er hatte beachtlichen Erfolg, denn viele Menschen kamen, ihn zu hören und sich taufen zu lassen. Es war leicht, ihn mit dem Messias zu verwechseln, dessen Erwartung allenthalben gegenwärtig war. Aber Johannes gibt seine wahre Persönlichkeit und seine Sendung zu erkennen, die darin bestand, den Weg des Herrn zu bereiten. Er ist nicht der Messias, sondern sein Vorläufer. Er spendet eine Taufe mit Wasser, die auf jene des Messias hinweist: „Ich taufe euch mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen“ (Lk 3,16). Johannes der Täufer wird nicht müde, die Menschen zur Umkehr und Änderung ihres Lebens aufzufordern und die „Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden“ (Mk 1,4) zu empfangen. Das heutige Evangelium endet mit der Anmerkung: „Mit diesen und vielen anderen Worten ermahnte er das Volk und verkündete die frohe Botschaft“ (Lk 3,18).
Um diese Heilsbotschaft erfassen zu können, braucht es Demut. Sie ist eine über die Maßen vornehme christliche Tugend, wie der Herr Jesus zeigt, wenn er die Jünger einlädt: „Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele“ (Mt 11,29).
3. „Was sollen wir also tun?“ (Lk 3,10).
Die Freude über die Erwartung des kommenden Herrn Jesus zeigt sich über die Demut hinaus in Werken der Liebe. Nach der Lehre des Evangeliums besteht sie in erster Linie darin, täglich unsere menschliche und christliche Berufung gut zu erfüllen. Das könnte heißen, die gewöhnlichen Dinge, die wir jeden Tag verrichten, auf außergewöhnliche Weise tun. Jedoch auf demütige Weise, denn Johannes der Täufer verlangt nichts Außergewöhnliches von den Zöllnern, sondern lediglich: „Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist“ (Lk 3,13). Und zu den Soldaten sagt er: „Misshandelt niemanden, erpresst niemanden, begnügt euch mit eurem Sold“ (Lk 3,14). Den anderen Leuten, die Johannes fragten, was sie tun sollen, um sich auf das Kommen des Messias vorzubereiten, rät er: „Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso“ (Lk 3,11).
Aus diesen sehr konkreten Worten ergibt sich, dass wir uns alle der Gegenwart in gerechter und solidarischer Weise stellen müssen. Die Gerechtigkeit steht gegen die Korruption, die es leider auch in unserer Gesellschaft gibt. Wie viele Probleme wären gelöst, wenn alle Menschen ehrenhaft wären und ihre Aufgaben gewissenhaft mit Blick auf das Gemeinwohl erfüllten. Ähnlich verhält es sich mit der Solidarität, die uns anspornt, gegenüber den Armen und den Hilfsbedürftigen aufmerksam zu sein und ihnen nach unseren Möglichkeiten zu helfen. Wir alle müssen kämpfen, beispielsweise gegen den Skandal des Hungers, unter dem weltweit etwa eine Milliarde Menschen leiden.
Liebe Brüder und Schwestern, wie leben diese Adventszeit mit christlicher Freude, gerade weil wir uns der Herausforderungen und Schwierigkeiten bewußt sind. Vertrauen wir die Erfüllung unserer Gebete der mächtigen Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, der Mutter der Erwartung. Die Aufforderung des Propheten Zefanja: „Juble, Tochter Zion! Jauchze, Israel! Freu dich und frohlocke von ganzem Herzen, Tochter Jerusalem“ (Zef 3,14) haben die Christen in besonderer Weise auf die Jungfrau von Nazareth übertragen, auf die neue Tochter Zion. Verstärkt wird dies durch die Botschaft des Engels Gabriel: „Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir“ (Lk 1,28). Sie möge in uns die Gaben der Gerechtigkeit und Solidarität entfachen, damit jeder von uns die Mahnung des Heiligen Paulus erfüllen möge: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit“ (Phil 4,4). Amen.