Predigt von Nuntius Eterovic am 3. Fastensonntag

Apostolische Nuntiatur, 15. März 2020

(Ex 17,3-7; Ps 95; Röm 5,1-2.5-8; Joh 4,5-42)

„Gib mir zu trinken!“(Joh 4,7).

Liebe Schwestern und Brüder!

Mit diesen Worten beginnt Jesus das Gespräch mit der Frau aus Samarien, die zum Jakobsbrunnen gekommen war, um Wasser zu schöpfen. Das Ereignis findet sich zu Beginn des vierten Kapitels des Johannes, das sich auf das Thema des Wassers konzentriert. Wasser ist für das Leben unverzichtbar. Es ist vor allem in heißen Gegenden kostbar, so auch bei uns im Sommer. Trinkwasser wird heute zu einem großen Problem der Menschheit. Leider haben derzeit etwa zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu sicheren Wasserquellen und etwa 800 Millionen Menschen sterben früher, weil sie nur schmutziges oder kontaminiertes Wasser zur Verfügung haben (Daten von 2019 entnommen von Oxfam Italia).

Kehren wir zum Evangelium des Heiligen Johannes zurück, so müssen wir erkennen, daß es sich um ein hervorragendes Beispiel der Katechese Jesu handelt. Es ist daher nicht erstaunlich, daß dieser Text in der Tradition der Kirche gerade in der Fastenzeit aufgegriffen wird als Etappe der Vorbereitung der Katechumenen auf die Taufe am Hohen Osterfest. Mit der Hilfe des Heiligen Geistes wollen auch wir bei der katechetischen Methode Jesu verweilen, mit der er das Herz der Samariterin erreicht hat und auch das Herz eines jeden von uns berühren möchte. Der Meister ruft uns zur Umkehr und zur Suche nach dem lebendigen Wasser, das nur Er geben kann. Bedenken wir den Anfang des Gespräch (I), den zentralen Teil (II) und den Schluss (III).

1. Jesus schenkt das Wasser des ewigen Lebens

Die Aufforderung Jesu: „Gib mir zu trinken!“ (Joh 4,7) erstaunt die Samariterin. Sie dient jedoch dazu, das Gespräch Jesu mit der fremden Frau zu eröffnen. Nach dem Staunen darüber, daß ein Jude mit einer Samariterin spricht, die als zu einem heidnischen Volk zugehörig betrachtet wurde, nimmt das Gespräch den von Jesus gewünschten Verlauf. Er, der um Hilfe bittet, Wasser aus dem Jakobsbrunnen trinken zu können, möchte in Wirklichkeit vielmehr der Frau das lebendige Wasser spenden, das nur Er besitzt. Mit Blick darauf sind die Worte, die Jesus an die Samariterin richtet, für uns alle bedeutsam: „Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben fließt“ (Joh 4,13-14). Natürlich möchte die Samariterin genau dieses Wasser, „damit ich keinen Durst mehr habe und nicht mehr hierherkommen muss, um Wasser zu schöpfen“ (Joh 4,15).

2. Die wahre Anbetung Gottes

An diesem Punkt wechselt Jesus das Gesprächsthema und spricht wesentliche Punkte im Leben der Frau an, ihre eheliche Situation, denn er möchte ihr die Wahrheit über ihr Leben und ihre Beziehung zu Gott offenbaren. Auf die Worte Jesu: „Geh, ruf deinen Mann und komm wieder her“ (Joh 4,16) entgegnet die Frau: „Ich habe keinen Mann“ (Joh 4,17). Die Aussage Jesu ist bedeutsam und unterstreicht das göttliche Projekt der Unauflöslichkeit der Ehe. „Du hast richtig gesagt: Ich habe keinen Mann. Denn fünf Männer hast du gehabt und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann“ (Joh 4,17-18). Die Samariterin begreift, daß sie einen Propheten vor sich hat, der ihr Innerstes kennt. Und nicht nur mit Blick auf die moralische Unordnung, sondern auch zur wahren Anbetung Gottes äußert sich Jesus auf unerwartete Weise, ja geradezu revolutionär, denn für die Juden seiner Zeit wurde diese allein vom Tempel in Jerusalem bestimmt. Für Jesus spielt weder der Berg Garizim, wo die Samariter einen Tempel errichtet hatten und Gott anbeteten, noch der Jerusalemer Tempel eine entscheidende Rolle für den wahren Gottesdienst. „Die Stunde kommt und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit“ (Joh 4,23). Nach Jesus ist Gott der Vater, der jene Beter sucht, die offensichtlich nicht mit einem äußeren und formalen Kult glücklich sind, wie er im erwähnten Tempel praktiziert wird. Und so erläutert Jesus Christus: „Gott ist Geist und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten“ (Joh 4,24). Mit diesen Worten entbindet der Herr Jesus die Anbetung von materiellen Tempeln und dehnt sie auf alle Menschen zu jeder Zeit aus, die sich an Gott im Geist und in der Wahrheit wenden. Nach seiner Auferstehung wurde sein verherrlichter Leib der wahre Tempel (vgl. Joh 2,21). Viele Christen haben Gott auf diese Weise angebetet, als sie in den Gefängnissen oder Konzentrationslagern waren und keine Kirche oder einen Andachtsraum aufsuchen konnten. Die Samariterin ist sich bewußt, vor sich eine außergewöhnliche und überzeugende Persönlichkeit zu haben, die mit Autorität und Überzeugungskraft spricht. Die Haltung und die Lehre Jesu erinnert sie an den Messias. Auf die Äußerungen zum Kommen des Messias antwortet Jesu Christus: „Ich bin es, der mit dir spricht“ (Joh 4,26). Die heidnische Frau mit ihrem tadelnswerten moralischen Lebenswandel wurde von Jesus des Vertrauens gewürdigt, sich ihr als Messias zu offenbaren.

3. Die Samariterin legt Zeugnis ab für Jesus

Als die Jünger zu Jesus zurückkehrten, entfernte sich die Frau und kehrte in die Stadt zurück. Die Begegnung mit Jesus hat sie verwirrt. Bezeichnend dafür ist, daß sie den Wasserkrug am Jakobsbrunnen zurückließ, weil sie sogleich in die Stadt zurückkehren wollte, um dort die gute Nachricht zu verbreiten: „Kommt her, seht, da ist ein Mensch, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe: Ist er vielleicht der Christus?“ (Joh 4,29). Und auf das Wort der Frau hin kamen viele Leute der Stadt und gingen zu Jesus. Daher wird die Samariterin nach der Begegnung mit Jesus auf gewisse Weise missionarisch. Sie verkündet den anderen, was sie vom Herrn gehört hat und berichtet besonders von seiner außergewöhnlichen Persönlichkeit, was sie auf den Gedanken brachte, Er sei der Messias. Ihre Mission hatte Erfolg. Viele Samariter begegneten Jesus und, was noch wichtiger war, sie glaubten an Ihn. Zuerst glaubten sie an Jesus „auf das Wort der Frau hin, die bezeugt hatte: Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe“ (Joh 4,39). In der Folge glaubten sie an Jesus, weil sie ihm persönlich begegnet und von Ihm und Seiner Botschaft begeistert waren. Und so baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben. Der Meister blieb und verlängerte seinen Aufenthalt um zwei Tage. In dieser Zeit „kamen noch viel mehr Leute zum Glauben an ihn aufgrund seiner eigenen Worte“ (Joh 4,41).

Liebe Brüder und Schwestern, Jesus Christus war nicht nur ein großer Prediger, sondern auch ein exzellenter Katechet. Er wusste, wie man ein Gespräch mit Leuten beginnt, auch mit solchen, die am Rand der jüdischen Gesellschaft standen und nach Meinung der Öffentlichkeit Sünder oder Heiden waren. Offenbar wollte der Herr auch ihnen das Evangelium, die gute Nachricht verkünden. Er wendet sich ihnen mit Empathie und Respekt zu, auch wenn er sie in manchen Bereichen ihres Lebens korrigieren muss und sie zur Umkehr aufruft. Bei den Schriftgelehrten, den Pharisäern und Gesetzeslehrern geht Jesus methodisch oft anders vor, er kritisiert sie offen und tadelt sie, denn sie achten zwar formalistisch genau das Gesetz, doch ihre Herzen waren weit entfernt vom Geist des Gotteswortes, das den Menschen verändern und von innen her verwandeln will.

So wie Jesus, müssen wir auch wir unterscheiden, welche Methode bei der Verkündigung des Evangeliums an die Menschen, denen wir begegnen, die überzeugendere ist. Bei diesem Werk kann das Symbol des Wassers helfen, das wir alle kennen und schätzen. Dieses Symbol kommt in der Heiligen Schrift oft vor. Auch der Herr Jesus verwendet es häufig. So lädt er beispielsweise alle ein, zu Ihm zu kommen, um den Heiligen Geist zu trinken: „Wer Durst hat, komme zu mir und es trinke, wer an mich glaubt! Wie die Schrift sagt: Aus seinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen. Damit meinte er den Geist, den alle empfangen sollten, die an ihn glauben; denn der Geist war noch nicht gegeben, weil Jesus noch nicht verherrlicht war“ (Joh 7,37-29).

Liebe Brüder und Schwestern, auf unserem Weg der Fastenzeit vertrauen wir die Erfüllung dieser Überlegungen der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, der Mutter Jesu und unsere Mutter. Bei der Hochzeit zu Kana war sie die erste, die merkte, daß der Wein ausging, und hat das erste Zeichen Jesu beschleunigt, der Wasser in Wein wandelte (vgl. Joh 2,1-12). Möge ihr Beispiel unseren Einsatz in zweifacher Weise beschleunigen: bei der Arbeit für ausreichendes und sauberes Wasser für alle Menschen der Welt und daß wir über das Symbol des Wassers bei Jesus Christus ankommen, der allein in der Lage ist, das lebendige Wasser für das ewige Leben zu schenken. Amen.

 

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