Predigt von Nuntius Eterovic am 3. Sonntag der Osterzeit

Apostolische Nuntiatur, 26. April 2020

(Apg 2,14.22-33; Ps 16; 1 Petr 1,17-21; Lk 24,13-35)

„Bleibe bei uns“ (Lk 24,29).

Liebe Schwestern und Brüder!

Wie die beiden Emmausjünger bitten auch wir Jesus, er möge bei uns bleiben. Auch wir erfahren ähnliche wie sie Furcht, Ungewissheit und Unsicherheit. Die Corona-Pandemie und ihre Folgen verursachen solche Gefühle bei vielen Personen, auch bei Christen. Sie machen sich die Bitte der beiden Jünger in Emmaus zu eigen: „Bleibe bei uns; denn es wird Abend, der Tag hat sich schon geneigt“ (Lk 24,29). Allein der auferstandene Herr kann Licht in die Dunkelheit bringen, in der wir derzeit leben. Allein Er kann uns Mut und Lebensfreude einflößen. Unter der Anleitung des Heiligen Geistes erfassen wir das auch in den Lesungen, die für diesen dritten Ostersonntag vorgesehen sind. Insbesondere in der gut bekannten Erzählung des Heiligen Lukas, wo wir in vier Schritten dem Gespräch der Emmausjünger folgen: der Enttäuschung (I); dem Hören auf Jesus (II); der Feier der Eucharistie (III); der Verkündigung (IV).

1. „Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde“
(Lk 24,21).

Mit diesen Worten ist nicht nur die tiefe Enttäuschung der beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaus nach dem Tod Jesu beschrieben, sondern auch die der Jünger allgemein. Sie hatten einen politischen, kraftvollen Messias erwartet, der das jüdische Volk von der Besatzung durch das römische Reich befreien würde. Diese Hoffnung war im jüdischen Volk zur Zeit Jesu weit verbreitet und so auch bei manchen von denen, die dem Meister von Nahem auf den Wegen durch das Heilige Land folgten. Sie hörten zwar die Worte des Herrn über seine Passion, seinen Tod und seine Auferstehung, doch verstanden haben sie diese nicht. Die von einigen Frauen verbreitete Nachricht vom leeren Grab und der Stimme der Engel, die behaupteten, Jesus sei am Leben, hatte die Jünger in Aufregung versetzt, doch hat es in ihnen nicht den Glauben an den Auferstandenen geweckt.

Auch wir, liebe Brüder und Schwestern, befinden uns in einer ähnlichen Situation, wenn wir das Gottesbild verformen. Anstatt das wahre Antlitz Gottes, so wie Er sich selbst zeigt, zu suchen, vor allem in der Heiligen Schrift, sind wir in Versuchung, einen Gott zu schaffen, der unsere Bedürfnisse und Wünsche einschließlich der materiellen, befriedigt. Wir sind sehr schnell enttäuscht, wenn dieser Gott unseren Erwartungen nicht entspricht.

2. Musste nicht der Christus das erleiden und so in seine Herrlichkeit gelangen? (Lk 24,26).

Das Ärgernis des Kreuzes, das Symbol der Leiden des Messias, war eine Enttäuschung für die beiden Emmausjünger. Anstatt eines starken Messias hatten sie einen gedemütigten, verurteilen, gekreuzigten und toten Jesus gesehen. Der auferstandene Herr wollte den beiden daher den Sinn von Leid eröffnen, wie er sich in den verschiedenen Abschnitten der Bibel erschließt, die sich auf den Messias beziehen. Hier genügt, an das Lied vom Gottesknecht zu erinnern. „Er wurde durchbohrt wegen unserer Vergehen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Züchtigung auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt“ (Jes 53,5). Die Jünger Jesu waren fromme Juden und kannten daher diese Abschnitte der Schrift. Er selbst hatte sich oft auf sie bezogen, doch sie haben ihre wahre Bedeutung nicht verstanden.

Wir dürfen über diese Haltung der Jünger nicht allzu sehr verwundert sein, denn auch wir haben oft genug Schwierigkeiten, die Bedeutung des Leidens zu verstehen und mehr noch, es anzunehmen. Das geschieht jedes Mal angesichts von Krankheit, wie jetzt im Fall durch das Corona-Virus. Die Versuchungen eines Christentums ohne Kreuz sind stets gegenwärtig. Der Herr Jesus aber will zum Verständnis führen, dass seine Liebe so groß ist, und er deswegen auch die größten Schmerzen der Menschen auf sich nimmt, um sie von innen her zu verwandeln. Die aus menschlicher Sicht demütigende Niederlage wird zum großen Sieg über Sünde und Tod. Denn in Jesu Leiden ist das menschliche Leid verwandelt. Der verherrlichte Leib Jesu trägt die Zeichen seiner Passion, die Wundmale. Doch sie wurden im Gedächtnis an die große Liebe, mit der Jesus Leid und Tod angenommen hat, verwandelt. In der Einheit mit dem auferstandenen Herrn können auch unsere Leiden verwandelt werden, wenn sie mit jenen Jesu Christi zum Heil der Kirche verbunden sind. Dabei hilft uns, wenn der Heilige Paulus sagt: „Jetzt freue ich mich in den Leiden, die ich für euch ertrage. Ich ergänze in meinem irdischen Leben, was an den Bedrängnissen Christi noch fehlt an seinem Leib, der die Kirche ist“ (Kol 1,24).

3. „Er nahm das Brot“ (Lk 24,30).

Die Emmausjünger erkannten Jesus beim Brotbrechen. Dieser Ritus, das Brot zu nehmen, es zu segnen, zu brechen und auszuteilen, wurde zum Symbol der Eucharistie. Dies ist höchst bedeutsam, weil Jesus die Eucharistie auf diese Weise am Abend des Gründonnerstags festlich gefeiert hat. Die beiden Jünger aber waren diese Weise der Feier der Eucharistie nicht gewohnt. Doch dies war so eindrücklich und einzigartig, so dass sie darin den auferstandenen Jesus erkannten: „Da wurden ihre Augen aufgetan und sie erkannten ihn; und er entschwand ihren Blicken“ (Lk 24,31).

Der Auferstandene, auch wenn er seine Identität behält, hat einen verwandelten Leib, der seiner neuen Verherrlichung entspricht. Aus diesem Grund erkannten ihn die beiden Jünger nicht, was sich auch bei den übrigen Erscheinungen des auferstandenen Herrn wiederholt. Aufgrund seines neuen, verherrlichten Zustandes ist dem Herr Jesus möglich, auch unter den Gestalten von Brot und Wein in jeder Feier der Eucharistie wahrhaft gegenwärtig zu sein. Es sind also zwei Weisen, mit denen alle den auferstandenen Jesus erkennen können: die Heilige Schrift und die Eucharistie. Danken wir dem dreieinen Gott für dieses große Geschenk. Beten wir, dass sich die Begegnung mit dem auferstandenen Herrn heute und in jeder Feier der Heiligen Messe verwirklicht.

4. „Noch in derselben Stunde brachen sie auf“ (Lk 24,33).

Die Freude über die Begegnung mit dem Auferstandenen war so groß, dass die beiden Emmausjünger sich sogleich auf den Rückweg nach Jerusalem machen, um den anderen zu berichten, was geschehen war. Die Elf, die im Abendmahlssaal in Jerusalem versammelt waren, hörten ihren Bericht, der die schon gemachten Zeugnisse über die Auferstehung des Herrn Jesus bestätigte: „Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen“ (Lk 24,34).

Liebe Brüder und Schwestern, auch wir müssen den anderen die gute Nachricht der Auferstehung Jesu Christi übermitteln, dem wir vor allem in der Feier der Heiligen Messe begegnet sind, was nichts anderes ist als die Feier des göttlichen Wortes und des eucharistischen Brotes. Diese Freude kann die Dunkelheit des modernen Menschen erhellen und auch jene unserer Gesellschaft, die so voller Furcht und Kummer angesichts so vieler Probleme dieser Zeit ist. Vertrauen wir diese wesentliche und daher drängende Mission der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria, der Königin des Himmels, an. Den verherrlichten Jesus, den Maria in ihrem Schoß getragen hat, bitten wir voll Vertrauen: „Bleibe bei uns; denn es wird Abend, der Tag hat sich schon geneigt“ (Lk 24,29). Amen.

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