Predigt von Nuntius Eterovic am 5. Ostersonntag
Apostolische Nuntiatur, 18. Mai 2025
(Apg 14,21-27; Ps 144; Offb 21,1-5; Joh 13,31.34-35)
„Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht und Gott ist in ihm verherrlicht“ (Joh 13,31).
Liebe Brüder und Schwestern!
In der Liturgie dieser österlichen Festzeit preisen wir Gottvater für die Wunder, die er gewirkt hat, insbesondere durch die Passion, den Tod und die Auferstehung Seines Eingeborenen Sohnes Jesus Christus. Der auferstandene Herr ist unter uns durch sein Wort, die Eucharistie, zu der Er uns einlädt, und durch Werke der Liebe, die wir Christen vor allem für die an Leib und Geist Hilfsbedürftigen vollbringen. Zu diesem Ziel haben wir den Heiligen Geist empfangen, der uns zur Tiefe der Erkenntnis Gottes und Seines Geheimnisses führt (vgl. Joh 16,13).
„Durch viele Drangsale müssen wir in das Reich Gottes gelangen“ (Apg 14,22).
Der Heilige Geist schenkt uns die Kraft, als Christen in der Gesellschaft von heute zu leben, wo es nicht an Problemen und Herausforderungen mangelt. Das ist nichts Neues. Wie wir in der ersten Lesung aus der Apostelgeschichte gehört haben, mussten auch die ersten Christen ihren Glauben inmitten vieler Probleme, vor allem in der Verfolgung zu bewahren suchen. Daher mussten Paulus und Barnabas die Jünger stärken und sie ermahnen, „treu am Glauben festzuhalten; sie sagten: Durch viele Drangsale müssen wir in das Reich Gottes gelangen“ (Apg 14,22). Um die Gläubigen bei diesem geistlichen Kampf zu unterstützen, setzten Paulus und Barnabas „in jeder Gemeinde Älteste ein und empfahlen sie unter Gebet und Fasten dem Herrn, an den sie nun glaubten“ (Apg 14,23). In der vom Herrn gewollten Kirche gibt es Apostel und deren Nachfolger, die eingesetzt sind, die gute Nachricht in der ganzen Welt zu verkünden und die Gläubigen mit der Gnade des Heiligen Geistes zu unterstützen.
Nach dem Heimgang von Papst Franziskus danken wir dem dreieinen Gott für das Geschenk des neuen Hirten der Weltkirche in der Person des Heiligen Vaters Leo XIV. In seiner ersten Botschaft Urbi et orbi an die Stadt Rom und den Erdkreis hat er die Christen ermutigt, furchtlos das Evangelium jeder Kreatur und jedem Menschen guten Willens zu verkünden: „Lasst uns daher ohne Angst, Hand in Hand mit Gott und untereinander vereint, voranschreiten! Wir sind Jünger Christi. Christus geht uns voraus. Die Welt braucht ihr Licht. Die Menschheit braucht Ihn als Brücke, um von Gott und seiner Liebe erreicht zu werden“ (Erster Gruß, 08. Mai 2025).
Der Abschnitt des Evangeliums zeigt uns zwei wichtige Aspekte der Botschaft vom Heil, das im Liebesopfer unseres Herrn Jesus Christus verwirklicht ist und das wir den Nahen und den Fernen zu verkündigen haben. Der erste Aspekt zielt auf die Verherrlichung des Herrn Jesus und sodann auf das Maß der Liebe zu Gott und zum Nächsten.
„Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht“ (Joh 13,31).
Im Licht der Auferstehung Christi verstehen wir gut das Evangelium, vor allem die Geschehnisse vor dem Ostergeheimnis. So wird beispielsweise die Aussage Jesu über den Verräter Judas Iskariot klarer, der den Abendmahlssaal verlassen und sich entschieden hatte, seinen Meister auszuliefern. Schon in diesem dramatischen Moment hat Jesus von seiner Verherrlichung gesprochen. Sie ist daher nicht allein mit seinem Tod verbunden, sondern die Verherrlichung beginnt bereits mit seinem Leiden. Diese Wahrheit können wir durch die Beziehung in Liebe verstehen, die zwischen Jesus und dem Vater besteht, aber auch zwischen Jesus und seinen Jüngern. In beiden Fällen ist es eine Liebe „bis zur Vollendung“ (Joh 13,1). Unter der Führung des Heiligen Geistes hat der heilige Johannes geschrieben: „Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4,8.16). Das bedeutet, dass Liebe die Beziehung zwischen den göttlichen Personen von Vater, Sohn und Heiligem Geist charakterisiert: Liebe ist die Herrlichkeit Gottes. Der Sohn erfüllt aus Liebe zum Vater dessen Willen, er hat Fleisch angenommen, hat uns das Geheimnis des dreieinen Gottes offenbart und sein Leben hingegeben für das Heil der Menschen. Allein mit der Logik der Liebe können wir die Worte des Herrn Jesus verstehen, die er sprach, als er sich auf die Passion, das Leid und den demütigenden Tod am Holz des Kreuzes vorbereitete: „Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht und Gott ist in ihm verherrlicht“ (Joh 13,31). Der Tod Jesu Christi für uns war der höchste Erweis seiner Liebe, die imstande ist, das Böse in Gutes, das Leiden in Freude, den Tod in die Auferstehung und das ewige Leben zu verwandeln. Deswegen ist die Passion nur der Beginn der Verherrlichung Jesu. Er selbst hat gesagt: „Wenn Gott (Vater) in ihm (in Jesus) verherrlicht ist, wird auch Gott ihn in sich verherrlichen und er wird ihn bald verherrlichen“ (Joh 13,32).
„Ein neues Gebot gebe ich euch“ (Joh 13,34).
Die Liebe Gottes, von Vater, Sohn und Heiligem Geist, bezieht sich auf uns alle. Wir sind gerufen, Teil dieser Liebe zu werden. Hierzu schreibt der Jünger, den Jesus liebte, der heilige Apostel Johannes: „Geliebte, wir wollen einander lieben; denn die Liebe ist aus Gott und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist Liebe“ (1 Joh 4,7-8). Und der Herr Jesus, der weiß, dass seine Stunde gekommen ist, vertraut seinen Jüngern das Liebesgebot an. „Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben“ (Joh 13,34). Es bleibt die Frage, worin die Neuheit des Liebesgebotes besteht, das schon im Alten Testament bekannt war (vgl. Mt 22,35-40)? Das Neue besteht in den klaren Worten Jesu: liebt einander „wie ich euch geliebt habe“. Es ist eine großherzige Liebe, ohne Hintergedanken, „bis zur Vollendung“, bis zur Hingabe des eigenen Lebens. In besonderer Weise haben die Märtyrer eine solche Liebe zu allen Zeiten der Christenheit bezeugt. Nach dem Herrn Jesus soll diese Liebe das Erkennungszeichen seiner Jünger werden: „Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt“ (Joh 13,35). Mit der konkreten Liebe über die Werke der Caritas wird die wirksame Gegenwart des Herrn Jesus in unserer Welt bezeugt und auf diese Weise helfen sich auch die Glieder des mystischen Leibes untereinander. Wir nehmen somit schon jetzt an der Verherrlichung des Herrn Jesus teil, die ihren Höhepunkt im himmlischen Jerusalem haben wird (vgl. Offb 21,1-5).
Liebe Brüder und Schwestern, noch pilgern wir in einer Welt voller Drangsal hin zur ewigen Heimat, die der auferstandene Herr seinen Jüngern bereitet hat. Öffnen wir unsere Herzen der Gnade des Heiligen Geistes, damit wir Sünder gedrängt werden, den Weg der Heiligkeit einzuschlagen, denn dazu sind wir alle gerufen. Dieses hohe Ideal können wir allein mit der Hilfe der Liebe Gottes erreichen, die im Herrn Jesus ihre unvorstellbare Größe gezeigt hat: er hat uns bis zur Vollendung geliebt. Vertrauen wir diesen guten Vorsatz der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, der Königin des Himmels, damit auch wir den Himmel erreichen und mit ihr und allen Heiligen Gott, den Vater, Sohn und Heiligen Geist loben und preisen auf ewig, indem wir teilhaben an Seiner Liebe, die in Ewigkeit bleibt, „denn seine Huld währt ewig“ (Ps 136). Amen.