Predigt von Nuntius Eterović am 6. Sonntag im Jahreskreis
(Lev 13,1-2.4.44-46; Ps 32; 1 Kor 10,31-11,1; Mk 1,40-45)
Berlin, 11. Februar 2018
„Wenn du willst, kannst du mich rein machen" (Mk 1,40).
Liebe Brüder und Schwestern!
Jesus Christus antwortet positiv auf das Flehen des Leprakranken: „Wenn du willst, kannst du mich rein machen" (Mk 1,40). Er heilt ihn. Wie wir gehört haben, war Lepra eine im Alten Testament gefürchtete Krankheit (I). Der Herr Jesus heilt den Leprakranken und fügt ihn somit wieder in die Gemeinschaft ein (II). Im Licht des Gotteswortes betrachten wir auch die Bedeutung von Lepra in der heutigen Welt (III).
1. Die Lepra im Alten Testament.
Das Buch Levitikus widmet zwei Kapitel der gefürchteten Krankheit Lepra, was verschiedene Hautkrankheiten einschließt. Im 13. Kapitel werden die Normen für Leprakranke aufgezeigt und im 14. die Weise der Reinigung eines solchen Kranken. In der ersten Lesung haben wir einige Verse des 13. Kapitels gehört, in dem die sozialen und religiösen Konsequenzen der Lepra beschrieben werden. Sie wurde als schwere Krankheit betrachtet, die darüber hinaus den Kranken von der religiösen und sozialen Gemeinschaft ausschloss. Lepra deformiert den menschlichen Körper, vor allem die Extremitäten, so daß das Volk sogleich Ekel vor solchen Personen empfand. Man dachte, Lepra stelle eine Strafe Gottes für die Sünden dar, so daß der Leprakranke rituell gereinigt werden musste, bevor er wieder in die Gemeinschaft aufgenommen werden konnte. Der Priester, der erklären musste, daß eine Person an einer solchen Krankheit litt, war auch beauftragt, seine eventuelle Heilung festzustellen. Es ist möglich, die komplexe Wirklichkeit zu erfassen, die in der ersten Lesung angesprochen wird. Besonders schmerzlich ist der Umstand, daß die Leprakranken von der Familie und der Gemeinschaft getrennt wurden: „Er soll abgesondert wohnen, außerhalb des Lagers soll er sich aufhalten" (Lev 13,46). Darüber hinaus waren sie verpflichtet zu rufen: „Unrein! Unrein!" (Lev 13,45), wenn gesunde Menschen sich näherten, um keinen Kontakt mit ihnen zu haben. Über die Ansteckungsgefahr hinaus gab es das religiöse Verbot. Jemand, der einen Leprakranken berührte, wurde ebenfalls unrein.
2. Jesus heilt den Aussätzigen.
Der Herr Jesus hatte Mitleid mit dem Leprakranken, der ihn auf Knien um Heilung und Reinigung anflehte. Auf seine Bitte hin: „Wenn du willst, kannst du mich rein machen" antwortet Jesus: „Ich will, werde rein" (Mk 1,40-41). Bevor er diese Worte der Heilung sprach, berührte Jesus den Aussätzigen und durchbrach damit das Verbot des Gesetzes. Auch in diesem Fall zeigt sich der Perspektivenwechsel. Jesus ist rein und heilt einen Leprakranken, der als unrein betrachtet wurde. Es ist nicht die Unreine, der Jesus unrein macht, im Gegenteil: Es ist Jesus, der von der Lepra heilen und reinigen kann. Tatsächlich geschieht das nach Jesu Worten: „Ich will, werde rein! Sogleich verschwand der Aussatz und der Mann war rein" (Mk 1,42). Nach der Heilung wollte der Herr die Vorschriften des Gesetzes respektieren und schickte den Mann zu einem Priester, damit der seine Heilung feststellen könne und um das vorgeschriebene Reinigungsopfer darzubringen. Auf diese Weise haben auch die Priester des Tempels gewusst, daß Jesus ein Wunder tat, was ein Zeichen für das Kommen der messianischen Zeit war. Menschlich verständlich scheint die Freude des geheilten Mannes zu sein, der das Verbot Jesu nicht beachtete, von dem Wunder zu sprechen. Jesus wollte keine Sensationsausbrüche bewirken oder Wundergläubige im Volk bestärken. Im Gegenteil, als man dem Herrn erzählte, der geheilte Aussätzige habe die Nachricht davon verbreitet, geriet Jesus in Schwierigkeiten. Denn deswegen, so schreibt der Evangelist, konnte sich Jesus „in keiner Stadt mehr zeigen; er hielt sich nur noch an einsamen Orten auf. Dennoch kamen die Leute von überallher zu ihm" (Mk 1,45).
3. Die Lepra in der Welt von heute.
Auch in der Welt von heute existiert nach wie vor die Lepra, eine Krankheit, die immer noch Angst macht und die Betroffenen von der Gesellschaft absondert, so wie es zur Zeit Jesu war. Die Gründe sind mehr oder weniger psychologischer Natur oder bringen Urängste zum Ausdruck. Nach einigen Statistiken gibt es jedes Jahr etwa 200.000 ermittelte Fälle von neuen Lepraerkrankungen. Mit Hilfe der modernen Medizin können Leprakranke geheilt werden, vor allem dann, wenn man sie rechtzeitig behandelt. Die betroffenen Personen können, wenn sie die entsprechende Medizin bekommen, in ihren eigenen Häusern leben und so der Absonderung von der Gesellschaft entgehen, was einem spirituellen Tod gleichkommt.
Die Katholische Kirche hatte stets eine besondere Sorge um die von der Lepra betroffenen Brüder und Schwestern. Heute unterhält die Kirche 604 Leprastationen weltweit, vor allem in Asien (296) und in Afrika (187). Aus Anlass des 65. Weltlepratages am 25. Januar d.J. hat der Heilige Vater Franziskus gesagt: „Diese Krankheit betrifft leider noch immer vor allem jene Menschen, die in größter Not und Armut leben. Diese Brüder und Schwestern wollen wir unserer Nähe und Solidarität versichern; und wir wollen auch für alle beten, die ihnen beistehen und sich für ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft einsetzen" (Angelus am 28. Januar 2018).
In der Tradition der Kirche wurde die Lepra oft als Bild für die Sünde betrachtet. Daher macht die Sünde, vor allem die Todsünde, denMenschen unrein und isoliert ihn von Gott und der Gemeinschaft. Jesus Christus bleibt immer bereit, den Sünder von der Lepra der Sünde zu heilen, vor allem durch das Sakrament der Beichte. Das Wort Gottes lädt uns daher ein, dieses Sakrament immer wieder neu zu entdecken. Vor allem in der Österlichen Bußzeit, die am kommenden Mittwoch beginnen wird, suchen wir danach, uns mit Gott und dem Nächsten durch die Gnade des Bußsakramentes zu versöhnen.
Liebe Brüder und Schwestern, wir alle haben nötig, uns durch Jesus Christus von der Lepra, von anderen Krankheiten des Leibes, aber auch von denen des Geistes, die allein wir in der Tiefe unseres Gewissens kennen, das vom Heiligen Geist erleuchtet ist, heilen zu lassen.
Vertrauen wir unsere guten Vorsätze der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, der Mutter Jesu und Mutter der Kirche, und auch dem Heiligen Damian de Veuster, dem Patron der Aussätzigen, damit wir im Frieden mit Gott und dem Nächsten sind, wenn wir immer Jesus Christus folgen, und mit Ihm gegen die Lepra und alle anderen Krankheiten des Leibes und des Geistes kämpfen. Amen.