Predigt von Nuntius Eterovic am Christkönigssonntag

Apostolische Nuntiatur, 14. November 2021

(Dan 7,13-14; Ps 93; Offb 1,5-8; Joh 18,33-37)

„Ich bin das Alpha und das Omega, spricht Gott, der Herr, der ist und der war und der kommt, der Herrscher über die ganze Schöpfung“ (Offb 1,8).

Liebe Schwestern und Brüder!

Wir feiern das Hochfest unseres Herrn Jesus Christus, des Königs des Universums. Seine machtvollen Worte: „Ich bin das Alpha und das Omega“ beschreiben gut dieses Fest, mit dem das liturgische Jahr 2021 schließt. Jener, der am Anfang war, der Erste, das Wort, durch das alles wurde, was geworden ist (vgl. Joh 1,3) ist zugleich der Letzte, denn „er wird Gott, dem Vater, seine Herrschaft übergeben, wenn er jede Macht, Gewalt und Kraft entmachtet hat“ (1 Kor 15,24).

Die biblischen Lesungen helfen uns, die Natur der Herrschaft Jesu Christi zu verstehen. Das, was der Prophet Daniel verheißt (I), hat sich im Leben des Herrn Jesus verwirklicht (II), was von entscheidender Bedeutung für die Menschen und vor allem für die Christen ist (III).

1. „Einer wie ein Menschensohn“ (Dan 7,13).

Der Prophet Daniel, der etwa im Jahr 580 vor Christus starb, hatte eine Vision, in Worte gefasst heißt; „Einer wie ein Menschensohn“, dem der Hochbetagte „Herrschaft, Würde und Königtum gegeben hat. Alle Völker, Nationen und Sprachen dienten ihm“ (Dan 7,14). Dies hatte großen Einfluss auf die Bibel, insbesondere auf die apokalyptischen Schriften. Es handelt sich um ein starkes Bild, das aber auch zu Missverständnissen führte. Nur im Licht der Offenbarung Jesu Christi und seiner Identifikation mit dem Menschensohn (vgl. Mk 8,20) wurde dieses Bild klar. Tatsächlich wurde die Vision missverständlich im politischen Sinne interpretiert. Viele in Israel erwarteten in jener Zeit den Messias, der das jüdische Volk von der Dominanz des römischen Reiches befreien und das Königtum in Israel wiederherstellen würde. Zu dieser Interpretation passten auch die Aussagen zur ewigen Herrschaft jenes Menschensohnes, wie auch die Verheißung: „Seine Herrschaft ist eine ewige, unvergängliche Herrschaft“ (Dan 7,14).

Die Reaktion des Apostels Petrus im Garten von Gethsemane, als er das Schwert zog, um den Meister zu verteidigen (vgl. Joh 18,10-11), zeigt, wie politisch diese Konzeption vom Messias gewesen war.

2. „Du sagst es, ich bin ein König“ (Joh 18,37).

Der heutige Abschnitt aus dem Johannesevangelium ist von zentraler Bedeutung für das Verständnis von der Sendung des Herrn Jesus; und auch dafür, den Sinn seines Königtums zu verstehen. Dies wird offenbar im Gespräch Jesu mit Pilatus. Es hebt an mit der Frage des Pilatus: „Bist du der König der Juden?“ (18,33), worauf Jesus nicht sogleich antwortet. Vielmehr stellt er eine Gegenfrage: „Sagst du das von dir aus oder haben es dir andere über mich gesagt?“ (Joh 18,34). Aus der Antwort des Pilatus schließt der Herr, dass es sich um eine Anklage seines Volkes handelt, der Führer des jüdischen Volkes, die ihn der Macht Roms ausgeliefert hatten, damit sie ihn richte und verurteile. Diese Anklage aber war falsch, denn Jesus hatte nie politisch agiert, um so das Volk gegen die römische Vorherrschaft aufzuwiegeln. Das zeigt sich allein in seiner Aussage: „So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört“ (Mk 12,17). Um jedoch die wahre Bedeutung dieser Worte zu verstehen, war das Kommen des Heiligen Geistes auf die Apostel notwendig. Denn auch sie hatten den Meister noch kurz vor seiner Himmelfahrt gefragt: „Herr, stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her?“ (Apg 1,6). Der Prozess Jesu wurde zum Prototypen von Prozessen gegen zahlreiche Personen, die das Gute wollten, jedoch aus Eifersucht, Neid und aus politischem oder religiösem Kalkül unschuldig vor Gericht geschleppt und ungerecht verurteilt worden sind. Auf diese Weise sollten sie zum Schweigen gebracht werden, denn ihre Gegenwart und ihr Handeln wurden zur Anklage der Schlechtigkeit ihrer Gegner.

Zwischenzeitlich nimmt das Gespräch im Prätorium seinen Lauf. Es ist einer der dramatischsten Augenblicke im Leben Jesu vor dem römischen Statthalter, der das Recht hatte, ihn am Leben zu lassen oder zum Tode zu verurteilen. Auf die Frage des Pilatus: „Was hast du getan?“ (Joh 18,35) antwortet Jesus nicht direkt, sondern er beschreibt die Natur seines Königtums: es sei unterschieden von den Reichen dieser Welt und seine Leute benutzen keine Waffen, um ihn zu verteidigen (vgl. Joh 18,36). Auf diese Aussage Jesu: „Nun aber ist mein Königtum nicht von hier“ (Joh 18,36) zieht Pilatus die logische Schlussfolgerung: „Also bist du doch ein König?“ (Joh 18,37). Jetzt ist der Moment der Wahrheit, wo Jesus unmissverständlich und klar antwortet: „Du sagst es, ich bin ein König“ (Joh 18,37). Es gibt verschiedene Arten von Reichen und Königen. Das Reich Jesu ist anders als die bekannten, und sein Reich ist nicht von dieser Welt, nicht von hier. Die weltlichen Reiche stützen sich auf Waffen, auf menschliche Machtstrukturen. Und doch gehen sie nach einer gewissen Zeit wieder unter. Das Reich des Herrn Jesus ist davon verschieden, es ist spiritueller und ewiger Natur. Das kann man den Worten Jesu entnehmen, die er voller Überzeugung spricht, als er von den Seinen erniedrigt, verhöhnt und verspottet wird: „Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege“ (Joh 18,37). Die Wahrheit, von der Jesus spricht, ist nicht eine philosophische oder wissenschaftliche, sondern jene Gottes, der Liebe ist (vgl. 1 Joh 4,8.16). Er ist in die Welt gekommen, um Zeugnis von der großen Liebe Gottes abzulegen, der „die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat“ (Joh 3,16). Zu diesem Leben sind alle gerufen, die Gott und den Nächsten lieben. Diejenigen, die bereits aus der Wahrheit sind und auf die Stimme des Herrn Jesus hören (vgl. Joh 18,37), brechen auf in das Reich des Lebens und der Heiligkeit, der Gnade und Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens. Er ist der gute, gerechte, barmherzige und vor allem der Gott, der Liebe ist.

3. „Ich bin das Alpha und das Omega“ (Offb 1,8).

Der gedemütigte Jesus, zum Tode verurteilt und gestorben, ist auferweckt worden und sitzt in der Herrlichkeit Gottes zur Rechten des Vaters (vgl. Kol 3,1). Wir haben schon jetzt Anteil an seiner Verherrlichung durch das Sakrament der Taufe. Wir vereinen unsere Stimme mit dem Verfasser der Offenbarung zum Lobpreis: „Ihm, der uns liebt und uns von unseren Sünden erlöst hat durch sein Blut, der uns zu einem Königreich gemacht hat und zu Priestern vor Gott, seinem Vater: Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen“ (Offb 1,5-6).

Am Christkönigsonntag wollen wir unsere Erwartung auf das zweite Kommen des Herrn beleben, der richten wird die Lebenden und die Toten. Denn in der prophetischen Vision sagt uns der Verfasser der Apokalypse: „Siehe, er kommt mit den Wolken und jedes Auge wird ihn sehen“ (Offb 1,7). Die Zeit, die er uns bis zu seinem Kommen geschenkt hat, soll der Umkehr dienen: „Auch alle, die ihn durchbohrt haben; und alle Völker der Erde werden seinetwegen jammern und klagen“ (Offb 1,7).

Liebe Brüder und Schwestern, erneuern wir unseren Glauben an den Herrn Jesus, denn er ist „der treue Zeuge, der Erstgeborene der Toten, der Herrscher über die Könige der Erde“ (Offb 1,5).

Vor diesem großen König, der uns liebt und unser Heil will, dass wir eintreten in sein Reich des Leben, des Lichtes und des Frieden, rufen wir mit der seligen Jungfrau Maria, der Mutter der Kirche, und mit allen Heiligen: „Würdig bist du, Herr, unser Gott, / Herrlichkeit zu empfangen und Ehre und Macht. Denn du bist es, der die Welt erschaffen hat, / durch deinen Willen war sie und wurde sie erschaffen“ (Offb 4,11). „Würdig bist du, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du wurdest geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erworben aus allen Stämmen und Sprachen, aus allen Nationen und Völkern und du hast sie für unsern Gott zu einem Königreich und zu Priestern gemacht; und sie werden auf der Erde herrschen“ (Offb 5,9-10).

Gläubig hören wir auch das Echo jener Stimme, die antwortet, die Stimme des Opferlammes: „Ja, Amen. Ich bin das Alpha und das Omega, spricht Gott, der Herr, der ist und der war und der kommt, der Herrscher über die ganze Schöpfung“ (Offb 1,8). Amen.

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