Predigt von Nuntius Eterovic am Dreifaltigkeitssonntag

Apostolische Nuntiatur, 15. Juni 2025

(Spr 8,22-31; Ps 8; Röm 5,1-5; Joh 16,12-15)

„Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten“ (Joh 16,13).

Liebe Schwestern und Brüder!

Mit dem Dreifaltigkeitssonntag führt uns die liturgische Ordnung in das Zentrum christlichen Glaubens, in die ganze Wahrheit, in welche uns der Heilige Geist leitet. Vor dem Geheimnis der Allerheiligsten Dreifaltigkeit kann der Gläubige nur staunen und dankbar bekennen: Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. Der eine Gott in den drei Personen von Vater, Sohn und Heiligem Geist hat in der Heiligen Schrift deutliche Spuren hinterlassen, auf deren Fährte wir dem Geheimnis der Dreifaltigkeit in den heutigen biblischen Texten und mit Hilfe des Heiligen Geistes näherkommen können.

„Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen“ (Röm 5,5).

Der christliche Glaube gründet auf die Offenbarung Gottes als Abba, als Vater durch Seinen Eingeborenen Sohn Jesus Christus. Daher wird verständlich, wenn der Apostel Johannes Gott gleichsam als Liebe definiert: „Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4,8). Diese Botschaft ist wunderbar, denn der allmächtige Gott ist zugleich jener liebende Gott, der als göttlicher Vater seine Liebe zu den Menschen zeigt, „weil er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat“ (Joh 3,16). Die göttliche Hingabe ist dreifaltig in der Liebe des Vaters, im Ostergeheimnis des Sohnes und in der Herabkunft des Heiligen Geistes. Jeder Christ hat den „Zugang zur Gnade“ (Röm 5,1) durch das Sakrament der Taufe im Namen des dreieinen Gottes, das in der Kraft des Heiligen Geistes im Sakrament der Firmung vollendet wird. Dieser Geist ist es auch, der uns die Liebe Gottes erschließt und uns „in der ganzen Wahrheit leitet“ (Joh 16,13). Und zur „ganzen Wahrheit“ gehört auch, dass diese Liebe, die in unsere Herzen durch die Tauf- und Firmgnade ausgegossen ist, fruchtbar werden soll. Wir wollen diese Liebe nicht einfach in uns einschließen, sondern unser Glaube soll in der Liebe wirksam sein (vgl. Gal 5,6). Hierzu ist das Gebot der Liebe zu Gott und dem Nächsten ein Antrieb (vgl. Mt 22,37-39). Die Liebe in unseren Herzen soll zur sichtbaren Liebe werden, soll Salz der Erde und Licht der Welt sein (vgl. Mt 5,13.14). Christen sollen eifrige Zeugen der Liebe Christi sein, denn „er ist für alle gestorben, damit die Lebenden nicht mehr für sich leben, sondern für den, der für sie starb und auferweckt wurde“ (2 Kor 5,15). So werden wir in unserem christlichen Leben Missionare der frohen Botschaft, die auch dem Menschen von heute zu verkünden ist.

„Ich spielte auf seinem Erdenrund und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein“ (Spr 8,31).

Gottes Weisheit, die seit Urbeginn bei Gott ist, spricht in der Lesung aus dem Buch der Sprichwörter und ist die Art und Weise, wie Gott in der Welt wirkt und schafft. Sie ist es, die in die Tiefe des göttlichen Geheimnisses blickt und den Menschen seine Würde erkennen lässt. Er ist Gottes Geschöpf, von dem der Psalmist sagt: „Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott“ (Ps 8,6). Die Sinnspitze dieser Aussage erkennen wir als Christen darin, dass der göttliche Logos selbst Fleisch geworden ist. Im Glauben an ihn wird die Aussage des heiligen Evangelisten Johannes Wirklichkeit: „Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben“, weil sie „aus Gott geboren sind“ (Joh 1,12.13). Durch den Glauben sind wir Kinder Gottes im Sohn des himmlischen Vaters. Insofern Jesus Christus in der innigen Gemeinschaft mit dem Vater lebt, werden wir durch Ihn und in der Kraft des Heiligen Geistes in die göttliche Gemeinschaft gerufen, die wir jeden Tag im Sakrament der Eucharistie feiern und in der heiligen Kommunion genießen dürfen, in der Jesus Christus die Liebe Gottes in unseren Herzen stärkt und erneuert.

Wenn es aber der Weisheit gefällt, ja eine Freude ist, bei den Menschen zu sein, dann gilt das umso mehr für das fleischgewordene Wort des Vaters, der uns die Kunde vom Vater gebracht hat (vgl. Joh 1,18). Wir haben dieser Kunde geglaubt, doch unser Auftrag ist, Künder dieser guten Nachricht zu werden – durch ein christliches Leben und, wenn nötig, durch das Wort. Die Welt braucht dieses Evangeliums der unbedingten Liebe Gottes, die gerne bei den Menschen ist.

Der Heilige Geist „wird mich verherrlichen“ (Joh 16,14).

Die Dreieinigkeit Gottes ist weniger eine Frucht von theologischer Spekulation, sondern vielmehr das göttliche Urbild inniger Gemeinschaft, tiefer Liebe und des gemeinsamen und ungeteilten göttlichen Willens, „dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1 Tim 2,4). Zu dieser Wahrheitserkenntnis führt uns der Heilige Geist, der nichts Neues verkündet, sondern den Sohn verherrlicht (vgl. Joh 16,13.14) und uns an das erinnert, was der Herr Jesus während seines öffentlichen Wirkens gelehrt hat. Es gibt nur die eine göttliche Wahrheit, denn im Geheimnis des dreieinen Gottes wird nicht nach Funktionen und Zuständigkeiten getrennt, sondern nach außen ist alles das Werk des einen Gottes in den drei Personen. Dabei sind wir angewiesen auf den Heiligen Geist, der uns in diese „ganze Wahrheit“ leitet. Mit ihm werden wir erkennen und glaubwürdig den Fernen und Nahen verkünden: „Christus, den Gekreuzigten ….. Gottes Kraft und Weisheit“ (1 Kor 1,24). Das Kreuz ist Schandmal und Siegeszeichen zugleich. Der heilige Völkerapostel Paulus wusste, die Menschen in seiner und zu keiner Zeit konnten erfassen, dass Gott in Jesus Christus in der Fülle der Zeit Mensch wurde, dass er sich für uns Menschen dahingegeben hat am Kreuz und am dritten Tag von den Toten erstanden ist. Zugang zu diesen christlichen Kernbotschaften verschafft uns allein der Heilige Geist, dessen Freude es ist, Ihn zu verherrlichen, was bedeutet, wir erkennen im Herrn Jesus den Grund „der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes“ (Röm 5,2). Gott ist die Tür, das Schloss und der Schlüssel zu der Hoffnung, die nicht zugrunde gehen lässt (Röm 5,5), weswegen wir in diesem Heiligen Jahr berufen sind, Pilger der Hoffnung zu sein.

Liebe Schwestern und Brüder, vertrauen wir diese Betrachtungen und unsere guten Vorsätze der mächtigen Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, der Mutter der Hoffnung, der Heilige Geist möge uns in die ganze Wahrheit leiten, auf die wir einst getauft worden und als Pilger der Hoffnung zur Ewigkeit unterwegs sind „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Amen.

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