Predigt von Nuntius Eterovic im Wallfahrtshochamt zum Heiligen Jahr

Werl, 28. September 2025

(Am 6,1.4-7; Ps 146; 1 Tim 6,11-16; Lk 16,19-31)

26. Sonntag im Jahreskreis – LJ C

„Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ergreife das ewige Leben, zu dem du berufen worden bist“ (1 Tim 6,12).

Exzellenz!

Liebe Brüder und Schwestern!

Das Wort Gottes, das wir gehört haben, kündet von wesentlichen Aspekten unseres christlichen Lebens. Als erstes lädt es uns ein, Gott, den Vater, Sohn und Heiligen Geist mit Worten zu loben, mehr noch aber durch das Lebenszeugnis. An zweiter Stelle wird die an vielen Stellen der Heiligen Schrift dargelegte Lehre vom rechten Gebrauch der materiellen Güter aufgegriffen. Als drittes belehrt uns der Herr Jesus über die „letzten Wahrheiten“, die sogenannten „letzten Dinge“: Tod, das Gericht und jene ewige Bestimmung des Menschen, die traditionell mit den Begriffen wie Hölle, Fegefeuer und Paradies benannt wird. Die Wahrheiten betreffen uns alle und verlangen von jedem einzelnen von uns persönlich und als Mitglied von Familie und christlicher Gemeinschaft, die christliche Berufung im Lob Gottes und im Dienst am Nächsten ernst zu nehmen, vor allem mit Blick auf die Armen und Kleinen, jenen Personen, die oft an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden.  

Bevor ich auf diese Punkte zurückkomme, möchte ich meine Freude zum Ausdruck bringen, als Pilger nach Werl in die Wallfahrtsbasilika von Mariä Heimsuchung gekommen zu sein. An diesem Ort der Verehrung der Trösterin der Betrübten sind wir auf geistliche Weise in besonderer Weise unseren Schwestern und Brüdern verbunden, die in diesem Heiligen Jahr als Pilger der Hoffnung nach Rom und in die römischen Basiliken unterwegs sind. Ich freue mich darüber hinaus, mit Ihrem Hochwürdigsten Herrn Erzbischof Dr. Udo Benz die festliche Eucharistie in dieser Basilika minor zu feiern. Dies ist für mich als päpstlicher Gesandter von besonderer Bedeutung, denn jede Basilika minor ist auf eigene Weise mit der Kirche von Rom und ihrem Bischof verbunden, dessen Wappen, das ich segnen durfte, sichtbar an der Kirchenfassade angebracht wird. Deshalb freut es mich, Euch alle im Namen des Heiligen Vaters Leo XIV., des Bischofs von Rom und Hirten der Universalkirche zu grüßen. Als Apostolischer Nuntius in Deutschland danke ich in seinem Namen für die Gebete, mit denen ihr seinen so wichtigen Dienst für die Einheit der Kirche und den Frieden in der Welt begleitet und unterstützt. Als Zeichen der Einheit mit dem Papst werde ich am Ende der Heiligen Messe den Apostolischen Segen erteilen, Euch, die Ihr hier anwesend seid, aber auch all Euren Angehörigen und Freunden, vor allem den Kindern, Jugendlichen und jenen alten und kranken Menschen, die diese Eucharistiefeier nicht mitfeiern können.

„Ihm gebührt Ehre und ewige Macht“ (1 Tim 6,16).

Jede Eucharistiefeier ist eine Gnadenhandlung von Gottvater durch das Liebesopfer Seines Eingeborenen Sohnes Jesus Christus und in der Kraft des Heiligen Geistes. Lasst uns mit Freude an dieser Quelle der Gnade teilhaben, indem wir uns den Hymnus des Ersten Timotheus-Briefes zu eigen machen, den der Verfasser dieses Briefes aus der Urgemeinde übernommen hat, und der auf diese Weise auch uns übermittelt worden ist. Der Text fordert zunächst von Timotheus, aber auch von jedem Jünger ein in sich stimmiges christliches Leben. Er warnt ihn vor den materiellen Gütern, „denn die Wurzel aller Übel ist die Habsucht. Nicht wenige, die ihr verfielen, sind vom Glauben abgeirrt und haben sich viele Qualen bereitet“ (1 Tim 6,10). Im weiteren Verlauf des Briefes wird Timotheus ermahnt: „Du aber, ein Mann Gottes, flieh vor alldem! Strebe vielmehr nach Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Glauben, Liebe, Standhaftigkeit und Sanftmut! Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ergreife das ewige Leben, zu dem du berufen worden bist und für das du vor vielen Zeugen das gute Bekenntnis abgelegt hast“ (1 Tim 6,11-12). Darüber hinaus gibt es eine andere Ermutigung an Timotheus: „Ich gebiete dir bei Gott, von dem alles Leben kommt, und bei Christus Jesus, der vor Pontius Pilatus das gute Bekenntnis abgelegt hat und als Zeuge dafür eingetreten ist: Erfülle deinen Auftrag rein und ohne Tadel, bis zum Erscheinen Jesu Christi, unseres Herrn“ (1 Tim 6,13-14). Als zweites folgt im Text der folgende Lobpreis auf Jesus Christus und seine Wiederkunft, die „zur vorherbestimmten Zeit herbeiführen wird der selige und einzige Herrscher, der König der Könige und Herr der Herren, der allein die Unsterblichkeit besitzt, der in unzugänglichem Licht wohnt, den kein Mensch gesehen hat noch je zu sehen vermag: Ihm gebührt Ehre und ewige Macht. Amen“ (1 Tim 6,15-16).

Liebe Schwestern und Brüder, vom Wort Gottes sind wir ermutigt, uns in dieser Heiligen Messe mit dem Opfer des Herrn Jesus Christus mit unseren Gebeten, unseren Opfern, unseren Gaben zum Lob Gottes und für das Heil der Kirche und der Welt zu vereinen.

Der Reiche „in der Unterwelt litt qualvolle Schmerzen“ (Lk 16,23).

In der Bibel wird relativ oft vom rechten Gebrauch der materiellen Güter gesprochen. Dieses Thema ist in der ersten Lesung aus dem Buch Amos und im soeben verkündeten Evangelium gegenwärtig. Der Prophet Amos kritisiert hart die „Vornehmen des Ersten unter den Völkern“ (Am 6,1) wegen ihrer Sorglosigkeit, mit der sie es sich gut gehen lassen, und der Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal des Volkes. Sie bleiben nämlich ungerührt angesichts des „Untergangs Josefs“ (Am 6,6). Und deswegen werden sie bestraft, denn „sie müssen jetzt in die Verbannung, allen Verbannten voran. Das Fest der Faulenzer ist vorbei“ (Am 6,7).

Ähnlich verhält sich im Evangelium der Reiche gegenüber dem armen Lazarus. Der Herr hat offensichtlich mehr Gefallen an dem Armen. In der biblischen Erzählung ist der Name des Lazarus überliefert. Im Gegensatz zu dem Reichen, „der sich in Purpur und feines Leinen kleidete und Tag für Tag glanzvolle Feste feierte“ (Lk 16,19). Der Reiche ohne Namen ist jeder Empathie für den armen Lazarus beraubt, der vor der Tür seines Palastes lag. Es kamen die Hunde, die Wunden des Lazarus zu lecken, denn sie nahmen ihn und seine Armut wahr, während der Reiche in seiner Völlerei gleichgültig bleibt. Über das schlechte menschliche Verhalten hinaus ist zu unterstreichen, dass diese Haltung des Reichen nicht einmal die Vorschriften des Alten Testamentes zugunsten der Armen respektiert. Es genügt, an das zu erinnern, was im Buch Levitikus steht: „In deinem Weinberg sollst du keine Nachlese halten und die abgefallenen Beeren nicht einsammeln. Du sollst sie dem Armen und dem Fremden überlassen. Ich bin der Herr, euer Gott“ (Lev 19,10). Ähnliche Normen finden sich im Buch Exodus (vgl. Ex 23,11 etc.). Wir haben schon die harsche Kritik an den gleichgültigen Reichen durch den Propheten Amos vernommen (vgl. Am 6,1.4-7). Der Herr Jesus seinerseits identifiziert sich mit den Armen und Hilfsbedürftigen, wenn er sagt: „Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen“ (Mt 25,35). Daher soll der Christ großzügig sein und je nach seinen Möglichkeiten seine Güter mit jenen teilen, die überhaupt nichts besitzen. In jedem Fall soll er auf angemessene Weise den Armen helfen.

„Der Arme starb und wurde von den Engeln in Abrahams Schoß getragen“ (Lk 16,22).

Die Erzählung im Evangelium endet mit dem Gericht Gottes über Lazarus, der gesegnet wurde, denn er „wurde von den Engeln in Abrahams Schoß getragen“ (Lk 16,22). Der in sich selbst verschlossene und gegenüber den Nöten des Nächsten unsensible Reiche erfährt das Urteil der Verdammnis. Denn auch er starb und kam in die „Unterwelt, wo er qualvolle Schmerzen litt“ (Lk 16,23).

Liebe Brüder und Schwestern, mit dem Gespräch zwischen Abraham, unserem Vater im Glauben, und dem Reichen will der Herr Jesus auch uns über die Bedeutung der Glaubenswahrheit belehren. Sie kann mit folgenden Worten zusammengefasst werden: Es gibt das ewige Leben, wie auch das Paradies und die Hölle: das letzte Los des Menschen; Es gibt eine göttliche Gerechtigkeit und eine Vergeltung: die Bösen werden bestraft und die Guten belohnt. Nach dem Tod und dem Gericht ist das Schicksal jener im Himmel oder der Hölle unabänderlich. Wer gut leben und den Himmel erreichen und der ewigen Verdammnis in der Hölle entgehen will, muss auf Mose und die Propheten hören (Lk 16,2), das bedeutet, das Wort Gottes kennen und danach leben. Das bezieht sich auf den Inhalt der Bibel und für uns Christen vor allem auf die Evangelien und die anderen Schriften des Neuen Testamentes. Die heutigen Lesungen können bieten eine gute Gelegenheit, um aufmerksam vor allem den Artikel 12 des Katechismus der Katholischen Kirche zu lesen, der überschrieben ist: Ich glaube an das ewige Leben (vgl. Nr. 1020-1065).

Das Wort Gottes mahnt uns, liebe Schwestern und Brüder, ernsthaft die christliche Berufung zu leben, denn wir alle müssen eines Tages dem barmherzigen und gerechten Gott gegenüber Rechenschaft ablegen. Auch die Menschen, die in der Welt große Verantwortung tragen, wie beispielsweise die Politiker, müssen sich eines Tages für ihre Taten rechtfertigen. Das bezieht sich auch auf jene, die schwere Schuld auf sich geladen haben durch Kriegsverbrechen oder gar Völkermord. Sie mögen zeitweilig entkommen oder die irdische Justiz, einschließlich der Internationalen Tribunale ignorieren. Doch es kommt der Tag der Wahrheit, wo sie vor dem Angesicht Gottes erscheinen müssen, der ein „gerechter Richter“ ist (Ps 7,12). Diese Schlussfolgerung lässt auch die menschliche Vernunft zu dem Postulat kommen, das die Wiederherstellung der Gerechtigkeit und die Verurteilung der Schuldigen fordert.

Liebe Brüder und Schwestern, vertrauen wir die Erfüllung unserer Gebete und guten Vorsätze der mächtigen Fürsprache der seligen Jungfrau und Gottesmutter Maria an, der Trösterin der Betrübten, damit wir alle vor allem mit unserem Leben Gott loben und dem Nächsten helfen, vor allem den Armen. Wir erflehen ihre Hilfe, damit Gott, der Vater, Sohn und Heilige Geist unseren Glauben erneuere, die Liebe entflamme und die Hoffnung stärke. Mit Hilfe der göttlichen Gnade setzen wir unseren Pilgerweg der Hoffnung fort und kämpfen den guten Kampf des Glaubens und trachten danach, das ewige Leben zu erlangen, zu dem wir alle berufen sind (vgl. 1 Tim 6,12). Amen.

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