Vortrag von Nuntius Eterovic auf dem Priestertag im Bistum Fulda

Priestersein heute - Herausforderungen und Hoffnung

Fest des Heiligen Bonifatius

„Wir haben den Messias gefunden
- das heißt übersetzt: Christus“ (Joh 1,41).

 

Exzellenz, lieber Bischof Heinz Josef Algermissen!
Verehrte Mitbrüder im priesterlichen Dienst!

I. Einleitung

Am heutigen Festtag des Heiligen Bonifatius, dessen kostbare Reliquien hier in der Kathedrale ruhen, möchte ich daran erinnern, wie jener Wynfreth im Jahre 718, also vor 1.200 Jahren, von seinem Bischof Daniel von Winchester nach Rom zu Papst Gregor II. gesandt wurde, um von diesem zur Mission zu den deutschen Völkern geschickt zu werden. Keiner konnte zu jener Zeit wissen, daß Wynfreth als Bonifatius zum Apostel der Deutschen werden sollte. In der Nachfolge Jesu Christi kündete er den Menschen in diesem Land, was am Anfang der Apostel Andreas seinem Bruder Simon sagte: „Wir haben den Messias gefunden – das heißt übersetzt: Christus“ (Joh 1,41).

Für einen frommen Juden war sogleich klar, daß damit der gemeint ist, der von Gott als Retter gesandt wird, um die Menschen von den Sünden zu erlösen und der Ungerechtigkeit dieser Welt die Gerechtigkeit des Reiches Gottes entgegenzustellen. Was sie noch nicht begriffen: dieser Jesus Christus muss durch Leiden und Tod gehen, um das Heilswerk Gottes zu vollbringen, und durch Seine Auferstehung zum Urgrund der Hoffnung zu werden.

Ich bin der göttlichen Vorsehung dankbar, vor Ihnen sprechen zu können. Mein Weg hat mich heute nach Fulda geführt, um Euch zu treffen, aber auch, um Eurem verehrten Bischof Heinz Josef den Dank des Heiligen Vaters Franziskus zu überbringen, denn heute nach fast 17 Jahren als 17. Bischof von Fulda hat der Papst seinen Verzicht angenommen. In der Nachfolge der Apostel und des Heiligen Bonifatius ist und war er sich bewußt, daß wir alle die Gnade Gottes zwar als Schatz empfangen haben, diesen aber in „zerbrechlichen Gefäßen“ tragen. „So wird deutlich, dass das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt“ (2 Kor 4,7). Thesaurus in vasis fictilibus ist Ihr bischöflicher Wahlspruch, lieber Bischof Heinz Josef, der nicht zuletzt daran erinnert, daß wir als Menschen versagen können, doch es gilt das Wort des Heiligen Paulus: „Treu ist Gott, durch den ihr berufen worden seid zur Gemeinschaft mit seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn“ (1 Kor 1,8). Der Bezug auf den Heiligen Bonifatius kann uns helfen zu verstehen, wie auf die Herausforderungen an die Priester von heute zu antworten:

- Das Ausbleiben von Berufungen. Im Jahr 2016 wurden in Deutschland 92 Priester geweiht, davon 77 Diözesanpriester.
- Durch den Rückgang der Priesterzahlen kann man kaum mehr in Ruhe alle kirchlichen Dienste ausüben, wie es bisher getan wurde.
- Eine gewisse Müdigkeit hat den Klerus angesichts der vielen Belastungen erfasst, die bürokratischen eingeschlossen, auch mit Blick auf die großen territorialen Einheiten von Pfarreien, was zu Unsicherheit führt.
- Es fehlt an Begeisterung, an geistlichem Eifer in einer immer stärker säkularisierten Gesellschaft, welche Berufungen zum Priestertum oder Ordensleben nicht unterstützt.
- Wir erleben eine immer stärker werdende materialistische und individualistische Mentalität, eine Kultur der Relativität und auch Gleichgültigkeit, was die Menschen beeinflusst, insbesondere die Jugend.

Um diesen bleibenden Herausforderungen zu begegnen, möchte ich als Vertreter des Heiligen Vaters Franziskus in der Bundesrepublik Deutschland einige Elemente anführen und zehn Anregungen in Erinnerung rufen, die der Papst den Priestern vorschlägt (III). Vorher jedoch noch ein Wort zur Heiligkeit, zu der die Priester in besonderer Weise berufen sind.

II. Heiligkeit ist das Eintauchen in die Liebe Gottes.

In seinem Apostolischen Schreiben Gaudete et exultate ermuntert der Papst die Christgläubigen zu einem Leben in Heiligkeit. Gerade die Priester sind am Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu aufgefordert, sich ihrer Sendung zu vergewissern, um Seine Gnade zu bitten und gestärkt im Glauben erneut die Bürde anzunehmen und die Sorgen der Menschen zu teilen. „Manchmal stellt einen das Leben vor größere Herausforderungen und durch sie lädt uns der Herr zu neuen Veränderungen ein, die es ermöglichen, dass seine Gnade in unserer Existenz deutlicher offenbar wird, »damit wir Anteil an seiner Heiligkeit gewinnen« (Hebr 12,10). Ein anderes Mal geht es nur darum, etwas, das wir bereits tun, auf eine vollkommenere Art und Weise zu tun“ . Die Herausforderungen dieser Welt und die Veränderungen innerhalb der kirchlichen Strukturen führen manche Mitbrüder an den Rand ihrer Belastbarkeit. Der Ruf zur Heiligkeit möge hier nicht eine zusätzliche Last sein, sondern eine tröstliche Hoffnung, denn es ist „unmöglich, an seine eigene Sendung auf Erden zu denken, ohne sie als einen Weg der Heiligkeit zu begreifen, denn das »ist es, was Gott will: eure Heiligung« (1 Thess 4,3). Jeder Heilige ist eine Sendung; er ist ein Entwurf des Vaters, um zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte einen Aspekt des Evangeliums widerzuspiegeln und ihm konkrete Gestalt zu verleihen“ .

Zwar ist die Heiligkeit im Sinne der göttlichen Vollkommenheit ein Ideal, zu dem wir aufgerufen sind: „Seid vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist“ (Mt 5,48). Der Weg dorthin aber wird ebenfalls durch Gottvater gekennzeichnet, wenn der Evangelist Lukas in der sogenannten Feldrede Jesu Worte aufzeichnet: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist“ (Lk 6,36). Insofern ist die Heiligkeit im barmherzigen Wirken der Priester das verlängerte Wirken Gottes in dieser Welt. „Verwandelt durch die Gegenwart Christi und die Leidenschaft seines Wortes werden wir ein konkretes Zeichen der Leben spendenden Liebe Gottes für alle unsere Brüder und Schwestern sein, besonders für die Leidenden, für alle, die einsam und verlassen sind, für die Kranken und für die große Schar von Männern und Frauen, die in verschiedenen Teilen der Welt durch Ungerechtigkeit, Anmaßung und Gewalt erniedrigt werden “.

Priester, die täglich mit dem Heiligen umgehen, erfahren auf eigene Weise jene „gewohnheitsmäßige Offenheit für die Transzendenz …, die sich in Gebet und Anbetung äußert. Der Heilige ist ein Mensch mit einem betenden Geist, der die Kommunikation mit Gott braucht“ .

Darum ist das Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu eine gute Gelegenheit, sich dessen und der eigenen Sendung erneut bewußt zu werden. „Die Kirche braucht nicht viele Bürokraten und Funktionäre, sondern leidenschaftliche Missionare, die verzehrt werden von der Begeisterung, das wahre Leben mitzuteilen. Die Heiligen überraschen, verwirren, weil ihr Leben uns einlädt, aus der ruhigen und betäubenden Mittelmäßigkeit hinauszugehen“ . Heiligkeit ist für den Priester demnach weniger das Ideal in der Ferne, sondern das Konkrete der Gegenwart, die er zwar nie ausschöpfen kann, doch kommt er in der Gegenwart Gottes immer mehr zu sich selber. Hierzu mögen die folgenden zehn Vorschläge unseres Heiligen Vaters ebenfalls hilfreich sein. Wie tröstlich ist es doch für einen Priester, immer wieder wie der junge Samuel zu schweigen und zu Ihm zu sagen: „Rede, denn dein Diener hört“ (1 Sam 3,10).

III. Zehn Vorschläge von Papst Franziskus an die Priester.

Der argentinische Jesuit Diego Fares hat es unternommen, Aussagen des Heiligen Vaters Franziskus zusammenzutragen, die zu zehn Vorschlägen an die Priester werden, die ich Euch kurz vorstellen werde:

1. Tragt die Lasten auf Euren Schultern und lasst die Menschen Euch zu Herzen gehen.

Der Heilige Vater verwendet gerne Bilder, die zum einen biblisch inspiriert sind, zum anderen aber bis in unsere Alltagswelt hinein gebrochen werden. Eines seiner Grundanliegen an uns Priester ist, den uns anvertrauten Menschen nahe zu sein, sie zu kennen. Vielleicht ist ihnen das Papstwort vom Hirten vertraut, der „den Geruch der Schafe“ hat, also inmitten der Menschen ist . Bei dieser Gelegenheit aber erinnert der Papst an die biblisch überlieferten Gewänder der jüdischen Hohenpriester, die mit unseren heutigen liturgischen Gewändern einige verwandtschaftliche Beziehungen haben. Wenn wir uns in der Sakristei zur Feier der Eucharistie ankleiden und die Stola anlegen, so kommt uns das Wort des Herrn in den Sinn: „Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig“ (Mt 11,29). Das Joch aber, das der Herr dem Priester auferlegt, das sind die Menschen mit ihren Anliegen, Sorgen und auch Schlechtigkeiten, so daß der Papst ausführt, es solle so sein, „dass der Priester sich beim Zelebrieren das ihm anvertraute Volk auf die Schultern lädt und seine Namen ins Herz eingeschrieben trägt. Wenn wir uns mit unserem einfachen Messgewand bekleiden, kann es uns hilfreich sein, auf unseren Schultern und im Herzen das Gewicht unseres gläubigen Volkes, unserer Heiligen und unserer Märtyrer – und in unserer Zeit gibt es deren viele! – zu spüren und sie uns vor Augen zu führen“ . Dabei werden wir ermahnt, dies in einer liebenden Haltung zu tun, denn wir sind Verwalter der Heilsgaben Gottes. „Nur das Herz kann uns zur göttlichen Tugend der Liebe führen. Wo es aber fehlt, da wird alles erniedrigt und degradiert“ . Es führt zur Höhe des priesterlichen Dienstes, wer vorlebt, was der Heilige Paulus schreibt: „Einer trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen“ (Gal 6,2). Mit Blick auf die Heiligen erweist sich, daß der, der viel trägt und auch erträgt, letztlich vom Herrn selbst getragen wird.

2. Helft den Menschen, gut zu unterscheiden.

Schon im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Amoris Laetitia ruft der Papst den Zusammenhang von Wahrheit und Liebe bei der komplexen Betrachtung der oft schwierigen Situationen von Menschen in Erinnerung . In der Tradition des Ignatius von Loyale braucht es die Unterscheidung der Geister, also jene Gabe zu unterscheiden, was vom Geist Gottes gewirkt ist und was nicht. Der Priester ist hier der diskrete Helfer. Um diese Hilfe gewähren zu können, braucht es einerseits eine gute Kenntnis der Heilsgeschichte und der lebendigen Tradition der Kirche, andererseits schlicht genügend Zeit, um zu hören und zu verstehen, was der Herr in dieser Situation sagen will. Zuweilen sind hierzu auch die Exerzitien, die Geistlichen Übungen ein geeignetes Mittel – sowohl für den, dem man zur Unterscheidung helfen soll, aber auch für den Priester selbst. Es geht nicht um eine punktuelle Situationsanalyse, sondern um den Lebensentwurf eines Menschen insgesamt und mit Blick auf dessen Berufung und damit um den Willen Gottes. Die dabei angewendeten lehramtlichen Normen sind dabei ein geeignete Handleitung, jedoch kein starres Korsett, in das man jede konkrete Situation pressen kann. „Es handelt sich also um einen Weg der Begleitung und der Unterscheidung, der »diese Gläubigen darauf aus[richtet], sich ihrer Situation vor Gott bewusst zu werden. Das Gespräch mit dem Priester im Forum internum trägt zur Bildung einer rechten Beurteilung dessen bei, was die Möglichkeit einer volleren Teilnahme am Leben der Kirche behindert, und kann helfen, Wege zu finden, diese zu begünstigen und wachsen zu lassen. Da es im Gesetz selbst keine Gradualität gibt (vgl. Familiaris consortio, 34), wird diese Unterscheidung niemals von den Erfordernissen der Wahrheit und der Liebe des Evangeliums, die die Kirche vorlegt, absehen können. Damit dies geschieht, müssen bei der aufrichtigen Suche nach dem Willen Gottes und in dem Verlangen, diesem auf vollkommenere Weise zu entsprechen, die notwendigen Voraussetzungen der Demut, der Diskretion, der Liebe zur Kirche und ihrer Lehre verbürgt sein.«“ .

3. Hört nicht auf zu beten.

Damit erlässt der Papst keinen moralischen Apell, sondern gibt gleichsam zu bedenken, dass das Gebet die Herzkammer eines geistlichen Lebens ist, unerlässlich, um auch nur irgendeine Situation zu verstehen oder ein Problem zu lösen. Typisch für den Heiligen Vater ist auch die pädagogische Wendung, wenn er sagt: „Betet, so wie ihr könnt, aber betet!“ . Merkmale für unser Gebet als Priester sind Geduld und Mut. Die Geduld braucht es in diesen unruhigen Zeiten, der Mut aber ist nötig, weil im Gebet der apostolische Mut erwächst, der Mut zur Mission und zum Zeugnis. Wenn wir geduldig im Gebet bleiben, werden wir ermutigt, unser Leben immer mehr auf Christus hin auszurichten, der uns niemals entmutigt, wie wir es selbst oft tun, wenn wir sagen: „Das geht nicht!“. Christus sagt schlicht und einfach: „Geht, ich sende euch!“ (z.B. Lk 10,3). Der apostolische Mut verlässt uns auch dann nicht, wenn wir „wie Schafe mitten unter die Wölfe“ (ebd.) geschickt werden.

Oft werden Priester unter der Last der ihnen übertragenen Aufgaben traurig oder werden krank an Leib und Seele. Ihnen sei die Kraft gewünscht, ihr verwundetes Herz dem durchbohrten Herzen des Herrn Jesus hinzuhalten und mit dem Psalmisten zu beten: „Sagen will ich zu Gott, meinem Fels: Warum hast du mich vergessen? Warum muss ich trauernd einhergehn“ (Ps 42,10). Nicht nur die Priester, die traurig sind, mögen ihre Zuflucht im Gebet suchen, sondern wir alle, denn wie sonst sollen wir die Herausforderungen dieser Zeit bestehen, vor allem, wie vermögen wir unseren Dienst in der Freude tun? Darum „können wir den Dienst nicht mit Freude ausüben, wenn wir nicht das persönliche Gebet pflegen, im Zwiegespräch mit dem Herrn stehen “. Das Gebet des Priesters ist persönlich und stellvertretend, er schaut auf sich und auf diejenigen, die ihm und seiner Sorge anvertraut sind. Und so wollen wir jeden Tag um die Erneuerung unserer Versprechen bitten, die wir bei der Priesterweihe geleistet haben, um „normale, einfache, sanftmütige, ausgeglichene Priester zu sein, die aber fähig sind, sich beständig vom Heiligen Geist erneuern zu lassen. “

4. Lass nicht nach, auf die Gottesmutter zu schauen und sie wie eine Mutter anzusehen.

Es ist bekannt, daß der Heilige Vater Franziskus die Gottesmutter Maria kindlich verehrt. Nach jeder Reise bringt er ihr Blumen zur Basilika Santa Maria Maggiore. Für ihn ist Maria sowohl die Hohe Frau, wie auch die zärtliche Mutter. Eine Darstellung, die Papst Franziskus in Deutschland kennen und lieben lernte, ist Maria Knotenlöserin. Viele kennen sicher das Gnadenbild in der Augsburger Perlachkirche. An sie kann sich auch der Priester wenden, wenn ihm die Sorgen und Nöte der Menschen aufgeladen werden (vgl. Punkt 1) oder er ihnen bei der Unterscheidung der Geister helfen soll (vgl. Punkt 2). Im Gebet und der Betrachtung (vgl. Punkt 3) bleibt sie die Herrin und die Mutter, die sich mit liebender Aufmerksamkeit der Probleme ihrer Kinder annimmt, auch die der Priester.

Man versteht, daß einst Jorge Bergoglio dieses Gnadenbild drucken ließ, um es den Menschen als Anregung zu schenken. Maria löst die Probleme, in dem sie sich einfühlt und versteht. Sie löst und macht es nicht wie ein Alexander der Große, der mit dem Schwert den gordischen Knoten zerschlägt. Mit Blick auf Unsere Liebe Frau von Guadelupe sagte der Papst den mexikanischen Bischöfen: „Vor allem lehrt uns die Virgen Morenita, dass die einzige Kraft, die fähig ist, das Herz der Menschen zu gewinnen, die Zärtlichkeit Gottes ist. Das, was begeistert und anzieht, was nachgiebig macht und überwältigt, was öffnet und Fesseln löst, ist nicht die Kraft der Mittel oder die Härte des Gesetzes, sondern die allmächtige Schwachheit der göttlichen Liebe, das heißt die unwiderstehliche Kraft seiner Sanftmut und die unwiderrufliche Verheißung seiner Barmherzigkeit“ .

5. Verliert nicht den (apostolischen) Eifer. Sucht, etwas zu tun.

Der priesterliche Dienst vollzieht sich nach Papst Franziskus in einer Synthese und Wechselwirkung einer Trias von Herz und Augen, mit denen die ganze Welt des menschlichen Verlangens umfaßt wird, mit Zunge und Ohren, was die rechte Lehre, das Wort und die menschliche Logik umreißt, sowie Hände und Füße, welche das Handeln beschreiben, womit der Mensch diese Welt verändert .

Für den Heiligen Vater Franziskus gehören der von Herzen kommende Eifer mit dem Tun durch Hände und Füße zusammen. Gleichsam beglaubigt sich das eine und andere wechselseitig. Die Amtspflichten des Priesters beziehen sich vornehmlich auf den Aufbau des Leibes Christi, der die Kirche ist (vgl. 1 Kor 12), durch die Verkündigung des Wortes Gottes und die Spendung der Sakramente. Tun wir dies in der innigen Gemeinschaft mit Christus, so wird durch unseren Dienst sichtbar, daß der Leib der Kirche viele Glieder hat und der Herr selbst das Haupt ist (vgl. Kol 1,18), „der Frieden gestiftet hat am Kreuz durch sein Blut“ (Kol 1,20).

Apostolischer Eifer, das meint nicht jede Aktivität und Anstrengung, sondern hat im Blick, daß der Priester für die Menschen, für seine Gemeinde vor Gott eintritt, so wie einst Abraham für die Menschen von Sodom eingetreten ist (vgl. Gen 18,16-33). Wir können dies umso mehr tun, weil Christus, der Gerechte, unser Beistand, unser Anwalt und die Sühne für unsere Sünden ist (vgl. 1 Joh 2,1-2). Was den apostolischen Eifer angeht, stützt sich Papst Franziskus auf das Apostolische Schreiben von Papst Paul VI. Evangelii nuntiandi, der einen Mangel an Eifer beklagt, „weil er aus dem Innern entspringt. Er zeigt sich in der Müdigkeit, in der Enttäuschung, der Bequemlichkeit und vor allem im Mangel an Freude und Hoffnung. Wir ermahnen deshalb alle diejenigen, die auf irgendeine Weise und auf welcher Ebene auch immer mit der Evangelisierung beauftragt sind, gerade den geistlichen Eifer zu fördern“ . Der priesterliche Dienst in apostolischem Eifer ist herausfordernd. Denn „die Welt von heute, die sowohl in Angst wie in Hoffnung auf der Suche ist, möge die Frohbotschaft nicht aus dem Munde trauriger und mutlos gemachter Verkünder hören, die keine Geduld haben und ängstlich sind, sondern von Dienern des Evangeliums, deren Leben voller Glut erstrahlt, die als erste die Freude Christi in sich aufgenommen haben und die entschlossen sind, ihr Leben einzusetzen, damit das Reich Gottes verkündet und die Kirche in das Herz der Welt eingepflanzt werde“ .

6. Verliert nicht die Nähe zu den Menschen und bleibt für sie verfügbar.

Diego Fares erinnert in seinem Buch daran, wie Erzbischof Bergoglio stets nach seiner Agenda ausschaute, wenn er eine Terminanfrage bekam. Das Wort Agenda wird nicht übersetzt, denn es ist viel mehr, als bloß ein Terminkalender, sondern in ihm befinden sich stets Zettel, Bildchen, vor allem aber Adressen und Telefonnummern. Diese Agenda und das Brevier, das sind die beiden Dinge, die der Papst nicht verlieren möchte . In Zeiten von Smartphones und iPhones ändert sich die Form, wie wir uns an Menschen und Termine erinnern, doch es kommt darauf an, daß wir die Menschen in unseren Herzen tragen, ihnen nahe bleiben. Ein Priester, der die Menschen mit den Augen und dem Herzen ansieht, findet immer Zeit, das soll die Botschaft jener Agenda von Papst Franziskus sein.

Daß man dabei auch Verzicht üben muss, versteht sich von selbst, weil die Balance zu halten ist zwischen dem, was auch für einen selbst wichtig ist, und den Menschen, die einen Priester beanspruchen. Die rechte Distanz zu den eigenen Wünschen braucht es sicherlich. Und manchmal ist es gut, mit einem, der mich braucht, einfach zu beten. Die Nähe des Priesters zum Menschen zeigt sich auch in der geistlichen Weise, mit den Menschen die Nähe Gottes zu suchen. Der Verzicht, den Papst Franziskus als geistliche Übung vom Priester anmahnt, ist ein apostolischer Verzicht. Der Priester will nicht etwas werden, sondern handelt im Sinne des Heiligen Paulus: „Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten“ (1 Kor 9,22).

Dies ist kein moralischer Imperativ, sondern eine Frucht des Verzichts aus apostolischem Eifer. Denn in rechter Weise verstanden, ist unser priesterliches Tun ein Dienst aus Liebe – zum Herrn Jesus Christus und zu den Menschen, die er mit Gott versöhnt hat. Darum gilt: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“ (1 Kor 16,13). In diesem Sinne mahnt der Heilige Vater Franziskus bei der ersten Priesterweihe als Papst in St. Peter: „Seid euch bewusst, dass ihr aus den Menschen auserwählt und für sie eingesetzt seid zum Dienst vor Gott, und übt daher das Priesteramt Christi mit Freude und echter Liebe aus, einzig darauf bedacht, Gott zu gefallen und nicht euch selbst. Seid Hirten, nicht Funktionäre! Seid Mittler, nicht Zwischenhändler!“

7. Verliert nicht den Humor.

Was der Papst damit meint, daß ein Priester Humor haben soll, findet einen ersten Hinweis im Gebet um Humor des Heiligen Thomas Morus, das auch im alten Gebet- und Gesangbuch Gotteslob zu finden war: „Herr, schenke mir Sinn für Humor. Gib mir die Gnade, einen Scherz zu verstehen, damit ich ein wenig Glück kenne im Leben und anderen davon mitteile“ .

Der Heilige Vater Franziskus bekennt, dieses Gebet jeden Tag zu beten . In seiner Mahnung an die Römische Kurie wendet er sich unter anderem gegen die „Krankheit der Totengräbermiene“. Vor dieser Krankheit müssen wir als Priester gewarnt werden. „Es ist die Krankheit der Mürrischen und Griesgrämigen, die meinen, um seriös zu sein, müsse man ein trübsinniges, strenges Gesicht aufsetzen und die anderen – vor allem die, welche man niedriger einstuft – mit Strenge, Härte und Arroganz behandeln. In Wirklichkeit sind theatralische Strenge und steriler Pessimismus oft Symptome von Angst und mangelndem Selbstvertrauen. Der Apostel muss sich bemühen, ein freundlicher, unbeschwerter, begeisterter und fröhlicher Mensch zu sein, der Freude verbreitet, wo immer er sich befindet. Ein von Gott erfülltes Herz ist ein glückliches Herz, das Freude ausstrahlt und alle in seiner Umgebung damit ansteckt: Das sieht man sofort! Verlieren wir also nicht jenen fröhlichen, humorvollen Geist, der sogar zur Selbstironie fähig ist und der die Menschen auch in schwierigen Situationen liebenswürdig sein lässt“ .

8. In der Beichte helft, den begrenzten Raum des persönlichen Gewissens mit der unendlichen Liebe Gottes zu erleuchten.

Der Wille Gottes ist es, den Menschen zu retten. Priester sind „aus den Menschen genommen und für die Menschen bestellt“ (Hebr 5,1). Weil sie Menschen sind, sind sie auf die Gnade Gottes unbedingt angewiesen. Als Priester verkünden sie die Versöhnung, die Rettung durch den eingeborenen Sohn des Vaters Jesus Christus im Heiligen Geist. So wird der erlöste Mensch hineingewoben in das Heilsgeschehen des dreieinen Gottes in der Hoffnung auf das ewige Leben.
Dabei ist der Priester der erste, der rufen kann: „Ich habe Erbarmen gefunden“ (1 Tim 1,13.16). Zweimal ruft dies der Apostel Paulus staunend aus. Gottes Barmherzigkeit lässt auch uns immer wieder staunen und danken. Für den priesterlichen Dienst der Versöhnung bedeutet das nach den Worten von Papst Franziskus: „Wir haben als Erste Vergebung empfangen, im Hinblick auf diesen Dienst, und sind zu persönlichen Zeugen der Universalität der Vergebung gemacht worden. Es gibt weder ein Gesetz, noch eine Vorschrift, die Gott verbieten könnte, den Sohn wieder in die Arme zu schließen, der zu ihm zurückkehrt und gesteht, einen Fehler begangen zu haben, aber entschlossen ist, wieder von vorne anzufangen. Nur bei dem Gesetz stehen zu bleiben bedeutet, den Glauben und das göttliche Erbarmen zu vereiteln. Es gibt einen propädeutischen Wert im Gesetz (vgl. Gal 3,24), dessen Ziel die Liebe ist (vgl. 1 Tim 1,5). Der Christ ist jedoch berufen, die Neuheit des Evangeliums zu leben, »das Gesetz des Geistes und des Lebens in Christus Jesus« (Röm 8,2). Selbst in den kompliziertesten Fällen, in denen man versucht ist, einer Gerechtigkeit den Vorrang zu geben, die allein aus den Normen hervorgeht, muss man an die Kraft glauben, die aus der göttlichen Gnade entspringt“ .

Im Sakrament der Versöhnung wird den Gläubigen in ihrer Endlichkeit das Fenster zur Ewigkeit geöffnet, denn sie erfahren durch die Priester den Zuspruch der Gnade, das Geschenk, das heilig macht. Der Papst ermuntert uns, durch unser Wirken das persönliche Gewissen des Menschen mit dem Glanz der unendlichen Liebe Gottes zu erfüllen. Im Apostolischen Schreiben Misericordia et misera führt er dies mit Blick auf das Bußsakrament und das priesterliche Tun aus: „Die Priester fordere ich erneut auf, sich mit großer Sorgfalt auf den Dienst der Beichte vorzubereiten, der eine wirklich priesterliche Aufgabe ist. Ich danke euch herzlich für euren Einsatz und bitte euch, für alle offen und aufnahmebereit zu sein; Zeugen der väterlichen Zärtlichkeit zu sein trotz der Schwere der Sünde; fürsorglich zu helfen, über das getane Böse nachzudenken; unmissverständlich die moralischen Prinzipien darzulegen; verfügbar zu sein, um die Gläubigen auf ihrem Weg der Buße zu begleiten und dabei geduldig ihr Tempo zu berücksichtigen; weitsichtig zu sein in der Unterscheidung jedes einzelnen Falles und großherzig in der Gewährung der Vergebung Gottes. Wie Jesus vor der Ehebrecherin die Wahl traf, im Schweigen zu verharren, um sie vor dem Todesurteil zu bewahren, so möge auch der Priester im Beichtstuhl weitherzig sein, in dem Bewusstsein, dass jeder Beichtende ihn an seine eigene persönliche Lage erinnert: Sünder, aber Diener der Barmherzigkeit“ .

9. Sprecht zu den Herzen der Menschen.

Papst Franziskus ist bekannt dafür, nicht nur prägnante Ansprachen und Predigten zu halten, sondern auch kurze, denn er weiß, das gläubige Volk braucht nicht ständige Belehrung, sondern eine Ansprache im Wortsinn, d.h. Auslegungen des Wortes Gottes, die nicht nur dem Geist Nahrung geben, sondern auch das Herz berühren. Auf diese Weise erstreckt sich der Sonntag in den Alltag der Gläubigen hinein. Der Heilige Vater sagt hierzu: „Eine gute Nachricht kann man nicht mit trauriger Miene überbringen. Die Freude ist kein schmückendes Beiwerk, sondern ein deutlicher Hinweis auf die Gnade: Sie verweist darauf, dass die Liebe tätig, wirksam, gegenwärtig ist. Deshalb darf die Suche nach ihr nicht verwechselt werden mit der Suche nach einem »Spezialeffekt«, den unsere gegenwärtige Zeit aus Gründen des Konsums zu erzeugen weiß. Vielmehr muss nach ihrem existenziellen Anzeichen gesucht werden, also nach »Beständigkeit «“ .

Der Papst weiß, es ist nicht immer einfach, mit dem Herzen zum Volk Gottes zu sprechen. Die Gläubigen aber erkennen den guten Willen und die beste Absicht, die Offenbarung aus dem Ewigen in die Hütten des Endlichen zu bringen, um sie zu erleuchten: den Alltag der Familien, der Generationen, der Hilfebedürftigen und Armen, der Satten und Reichen, der Menschen, die unter Hunger, Gewalt und Krieg leiden. Daher braucht die Auslegung des Wortes Gottes, der Predigtdienst, der zuweilen Lust, manchmal Last ist, sehr viel Aufmerksamkeit. Es braucht Zeit, die rechten Worte und Bilder zu finden, die das Wort Gottes so auslegen, dass die Gläubigen nicht nur deren Richtigkeit wahrnehmen, sondern daraus Hoffnung und Zuversicht für ihr christliches Leben schöpfen können. Zum Herzen des Volkes Gottes spricht der Priester, wenn er es mit der Gnade des Heiligen Geistes zustande bringt, daß jeder Gläubige seine Sendung umso eifriger verfolgen kann, nämlich Missionar der Guten Botschaft und Zeuge Jesu Christi zu sein. Es reicht nicht, nur den Alltag zu bestehen, sondern die Botschaft des Sonntags möge vielmehr diesen Alltag heiligen.

Das wissen wir Priester und suchen danach, es den Gläubigen zu vermitteln. Oft werden wir traurig angesichts der wenigen Früchte, die unsere Anstrengungen hervorbringen. Doch wir dürfen dabei nicht resignieren oder noch schlimmer, dürfen nicht hart werden. Ich wünsche in diesen schwierigen Stunden und Zeiten, die mancher Priester durchmachen muss, daß er erfährt, was der Heilige Vater beschreibt: „Ein aufmunterndes Wort, eine Umarmung, durch die du dich verstanden fühlst, eine Liebkosung, welche die Liebe spüren lässt, ein Gebet, das es möglich macht, stärker zu sein … dies alles sind Zeichen der Nähe Gottes durch den Trost seitens der Brüder und Schwestern“ .

An dieser Stelle möchte ich Sie ermuntern, auch als Presbyterium dieser verehrten Diözese von Fulda auf solche Weise miteinander umzugehen und das Schriftwort zu leben: „Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht“ (Phil 2,9).

10. Den guten Priester erkennt man daran, wie sein Volk gesalbt wird

Dieser letzte Punkt, den uns der Heilige Vater Franziskus als Hilfe für das Priestersein vorschlägt, lässt uns tief in das Denken und das geistliche Leben unseres Papstes schauen, denn mit dem, was Salbung bedeutet, ist für ihn die Totalität aller Gnade zum Ausdruck gebracht. Wir sind ermahnt, die Salbung zum Priester nie zu lassen, sondern sie vielmehr fruchtbar zu machen wie der gute und treue Knecht im Gleichnis der Talente (vgl. Mt 25,14-30, hier 21).

„Salben ist eine Geste, die sich mit dem ganzen Sein vollzieht: mit den Händen, mit dem Herzen, mit dem Wort. Es ist eine Geste der totalen Gabe, eine Geste, die furchtbar und lebendig sein will. Es ist die Geste des Vaters“ . Indem der Sohn, der Gesalbte, Christus, uns ruft und aussendet, tut er dies aus der Tiefe seines Herzens. In der Salbung der Weihe werden wir dazu gesalbt und begnadet, unser Herz mit seinem zu vereinen. Die Frucht des Heiligen Geistes, den der auferstandene Herr in Fülle ausgießt, ist diese Communio mit Jesus Christus und untereinander in der Gemeinschaft des Volkes Gottes. Wie schön ist es, wenn der priesterliche Dienst fruchtbar wird und die Gläubigen alle „ein Herz und eine Seele“ sind (Apg 4,32)?

„Den guten Priester erkennt man daran, wie sein Volk gesalbt wird; das ist ein deutliches Beweismittel. Wenn die uns anvertrauten Menschen mit dem Öl der Freude gesalbt werden, ist das zu merken – zum Beispiel, wenn sie aus der Messe kommen mit dem Gesicht dessen, der eine gute Nachricht erhalten hat. Die Leute mögen es, wenn das Evangelium so gepredigt wird, dass man die Salbung spürt, sie mögen es, wenn das Evangelium, das wir predigen, ihr Alltagsleben erreicht, wenn es wie das Salböl Aarons bis an den „Saum“ der Wirklichkeit hinabfließt, wenn es die Grenzsituationen, die „Randgebiete“ erleuchtet, wo das gläubige Volk stärker der Invasion derer ausgesetzt ist, die seinen Glauben ausplündern wollen. Die Leute danken uns, weil sie spüren, dass wir unter Einbeziehung der Situation ihres Alltagslebens gebetet haben, mit ihren Leiden und ihren Freuden, ihren Ängsten und ihren Hoffnungen“ .

Das Salböl der Freude am Glauben soll sich über den ganzen Leib Christi, die Kirche, ergießen, damit den Menschen, die uns anvertraut sind, die Ewigkeit „in die Nase“ steigt, sinnenfällig wird und die Sehnsucht weckt nach der communio sanctorum in der Anschauung des Dreieinen. Oder wie es der Heilige Paulus sagt: „Wir sind Christi Wohlgeruch für Gott unter denen, die gerettet werden, wie unter denen, die verloren gehen“ (2 Kor 2,15), wir sind der „Geruch der Erkenntnis“ (2,14).

Unsere Salbung, der Papst unterscheidet klar die Salbung vom Einölen oder dem heuchlerisch Salbungsvollen , sei eine Salbung der Freude, der Unvergänglichkeit und der Mission – angefangen, bei denen, „die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes“ (Lk 1,79). Jeden Tag in unserem priesterlichen Leben mögen wir daher voll Freude sagen können: „Wir haben den Messias gefunden – das heißt übersetzt: Christus“ (Joh 1,41), den Gesalbten, der uns gesalbt hat, damit wir das Volk Gottes salben.

IV. Schluss

Am Ende können wir, wenn wir uns den Heiligen Vater Franziskus vor Augen halten und auf den Heiligen Bonifatius schauen, folgendes festhalten:
- Auch zur Zeit des Heiligen Bonifatius gab es in den deutschen Landen nur wenige Priester. Er und seine Begleiter kamen von außerhalb, aus England. Ich danke den Priestern und Ordensleuten, die aus dem Ausland gekommen sind, um hier zu arbeiten und den einheimischen Priestern zu helfen.
- Der Heilige Bonifatius fand hierzulande keine katholische Kultur vor. Mit dem Evangelium suchte er, die Menschen zu christianisieren und hat dabei sein Leben eingesetzt. Das Martyrium demonstriert seinen großen Eifer für Jesus Christus und Sein Evangelium. Mit Worten und mehr noch mit dem Beispiel seines Lebens hat er bezeugt: „Wir haben den Messias gefunden!“ (Joh 1,41). Diese Haltung hat vielen jungen Menschen geholfen, dem Ruf des Herrn zu folgen und den Weg zum Priestertum einzuschlagen.
- Auch heute ruft der Herr in seinen Dienst. Wir müssen diese Berufungen begleiten und darum beten, daß der Herr der Ernte gute Arbeiter in seine Ernte sende (vgl. Mt 9,38). Über das Gebet hinaus ist das Beispiel eines priesterlichen Lebens wichtig, das mit Freude und Großherzigkeit dem Lobe Gottes und dem Dienst an den Menschen geweiht ist, besonders an den spirituell und materiell Hilfsbedürftigen.
- Im Einsatz für den auferstandenen und in seiner Kirche gegenwärtigen Herrn Jesus und vom Heiligen Geist beseelt, dürfen wir uns nicht mit einem oft gleichgültigen und passiven Umfeld abfinden, das nicht selten Gott und dem christlichen Glauben feindlich gesinnt ist. Im Gegenteil können wir unter der Führung des Heiligen Geistes, den der auferstandene Herr in Fülle aussendet, das Böse mit dem Guten, Gewalt mit Frieden und Hass mit Liebe besiegen.
- Auf diese Weise müssen wir einen tragfähigen Beitrag zum Aufbau einer Kultur leisten, die von christlichen Prinzipien inspiriert ist und die christlichen Wurzeln wiederentdecken, auf denen die europäische Zivilisation aufruht. Lässt man sich hingegen vom Individualismus und Materialismus leiten, wird mit einer solchen Haltung die Schönheit der christlichen Gemeinschaft zerstört. Mag sie auch nur klein sein, wird in ihr jede Person mit ihren geistlichen und leiblichen Dimensionen als Glied der kirchlichen Gemeinschaft geachtet.
- Unser Glaube hat die Welt besiegt (vgl. 1 Joh 5,4). In einer oftmals ungläubigen Umwelt (in einigen Regionen Deutschlands wie zum Beispiel in Ostdeutschland bezeichnen sich über 80% der Menschen als „religionslos“) kann auch eine kleine Gruppe von Gläubigen ein helles Licht entzünden. Der Glaube von nur wenigen vermag, die starke Mauer des Unglaubens einzureißen und erlaubt dem Menschen, den Glanz des Lichtes aufzunehmen, das Wunderbare der Transzendenz zu erfahren, die Hoffnung des Glaubens zu entdecken. Die Apostel waren nur zwölf; die Urgemeinde war klein. Zur Zeit des Heiligen Bonifatius war die Zahl der Priester gering. Dennoch haben sie den Befehl des Herrn befolgt: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung“ (Mk 16,15). Lassen auch wir uns auf diese Mission ein, die in den Augen der Mitmenschen unmöglich scheint, aber nicht für Gott, denn für ihn ist nichts unmöglich (vgl. Mt 19,26).
- Im Namen des Heiligen Vaters Franziskus danke ich Euch allen, allen Priestern, die in Treue ihre Sendung in der Diözese Fulda und überall in Deutschland verfolgen. Der priesterliche Dienst ist wesentlich für und in der Katholischen Kirche, denn nur der Priester kann die Heilige Messe feiern oder das Sakrament der Versöhnung spenden. „Die Eucharistie macht die Kirche, und die Kirche macht die Eucharistie“ . In diesem Spannungsfeld und Wechselspiel hat der Priester eine unverzichtbare Rolle.
- Liebe Priester, dankt dem dreieinen Gott für diese Berufung, die Euch fähig macht, in persona Christi zu handeln, dem Haupt des mystischen Leibes der Kirche. Entdeckt aufs Neue, wie groß und schön Eure Berufung ist, und verhaltet Euch wie der Apostel Andreas, der voll Freude seinem Bruder Petrus zugerufen hat: „Wir haben den Messias gefunden!“ (Joh 1,41). Bestätigt und vermittelt diese Wahrheit freudig und in Demut, damit viele Jugendliche nicht zuletzt durch Euer Beispiel auf den Ruf des Herrn antworten.

Liebe Brüder!

Euer priesterliches Wirken möge reiche Früchte tragen – hier im Weinberg des Herrn der Kirche von Fulda und dort in der Ewigkeit des guten und barmherzigen Gottes, von wo aus uns die selige Jungfrau Maria anschaut. Sie ist die Mutter der Kirche und die Mutter der Priester. Ihrer mütterlichen Fürsprache empfehle ich Euch alle, jeden einzelnen, damit der Herr, der Euch berufen hat, das Feuer Eurer Liebesglut in der Sendung des Heiligen Geistes entfache, so daß wir mit den uns Anvertrauten gut in das Haus des Vaters gelangen, der auf uns wartet.



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