Predigt von Nuntius Eterovic am 3. Ostersonntag
Apostolische Nuntiatur, 4. Mai 2025
(Apg 25,27b-32.40b-41; Ps 29; Offb 5,11-14; Joh 21,1-19)
„Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese?“ (Joh 21,15).
Liebe Brüder und Schwestern!
Die biblischen Lesungen dieses dritten Ostersonntags ermuntern uns erneut zur Freude über die Auferstehung des Herrn Jesus, der Sünde und Tod besiegt und auch uns das Tor zum ewigen Leben geöffnet hat. Der verherrlichte Jesus ist gegenwärtig in unserer Mitte, vor allem durch Sein Wort und Sein sakramentales Wirken, insbesondere in der Heiligen Messe, woran uns auch das heutige Evangelium vom Mahl der Apostel mit Jesus am Ufer des Sees von Galiläa erinnert. Der Herr lädt auch uns persönlich und als Glieder der kirchlichen Gemeinschaft an den eucharistischen Tisch.
Wir Katholiken erleben gegenwärtig eine besondere Zeit unserer Kirche, denn der Stuhl Petri, die Kathedra des Bischofs von Rom und Hirten der Universalkirche ist verwaist. Nachdem wir für die ewige Ruhe unseres Heiligen Vaters Franziskus gebetet haben, den der Herr des Lebens am vergangenen Ostermontag, den 21. April zu sich gerufen hat, befinden wir uns in der Periode der sogenannten Sedisvakanz (sede vacante). Die Kardinäle der Heiligen Römischen Kirche sind in Rom, im Vatikan versammelt, um einen neuen Papst zu wählen, den 266. Nachfolger des heiligen Petrus. Es ist daher angebracht, vor allem über den Dialog des Herrn Jesus mit dem Apostel Petrus nachzudenken, den uns der Evangelist im eben verkündigten Evangelium überliefert. Das möge helfen, die wichtige Rolle des Papstes in der Kirche und in der Welt zu verstehen und unser Gebet zu stärken, dass uns der Herr einen Hirten der Weltkirche nach Seinem Herzen schenke.
„Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese?“ (Joh 21,15).
Der Abschnitt aus dem Johannesevangelium präsentiert uns die starke entschlossene wie impulsive Persönlichkeit des Apostels Petrus. Der erste, der die Gegenwart Jesu am Ufer des Sees von Galiläa erfasste, war nach dem wunderbaren Fischfang der Apostel Johannes. Als dieser sagte: „Es ist der Herr“, gürtete Simon Petrus sich sogleich „das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See“ (Joh 21,7), um als erster beim Meister zu sein. Petrus ergriff erneut die Initiative, als Jesus ihn bat, ihm welche von den Fischen zu bringen: „Da stieg Simon Petrus ans Ufer und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt“ (Joh 21,11).
Nachdem sie gegessen hatten, kommt es zu dem wichtigen Gespräch zwischen Jesus und Simon Petrus. Der Herr Jesus fragt ihn: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese?“ (Joh 21,15). Diese Frage dürfte den Petrus an die Weigerung erinnert haben, mit der er der bevorstehenden Passion des Meisters entgegentrat. Im Angesicht der Ankündigung Seines gewaltsamen Todes und der Tatsache, Er würde zum Skandal für seine Jünger werden, versicherte Petrus voller Selbstbewusstsein: „Und wenn alle an dir Anstoß nehmen - ich werde niemals an dir Anstoß nehmen“ (Mt 26,33). Der Evangelist überliefert das Versprechen des Petrus: „Mein Leben will ich für dich hingeben“ (Joh 13,37). Nunmehr antwortet Petrus dem Herrn demütig und ohne sich auf die anderen Apostel zu beziehen, denn er vertraut auf das Wissen des Meisters: „Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe“ (Joh 21,15). Der Herr nimmt diese Antwort an und sagt zu Petrus: „Weide meine Lämmer“ (Joh 21,15). Es ist angebracht, zwei weitere Male die Frage Jesu zu wiederholen. Bei der zweiten Frage lässt auch Jesus den Bezug auf die anderen weg und wendet sich allein an den Apostel, indem er fragt: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?“ (Joh 21,16). Petrus antwortet auf gleiche Weise wie bei der ersten Frage: „Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe“ (Joh 21,16). Hieraufhin gibt Jesus ihm mit folgenden Worten den Auftrag: „Weide meine Schafe“ (Joh 21,16). Die dritte Frage und die entsprechende Antwort verdienen besondere Aufmerksamkeit, denn angesichts dessen, dass Jesus insistiert und erneut fragt: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich“ (Joh 21,17), vermerkt der Evangelist die bemerkenswerte Reaktion des Apostels: „Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Liebst du mich? Er gab ihm zur Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebe“ (Joh 21,17). Und ein weiteres Mal gibt Jesus dem Petrus den Auftrag: „Weide meine Schafe“ (Joh 21,17) und fügt hinzu: „Amen, amen, ich sage dir: Als du jünger warst, hast du dich selbst gegürtet und gingst, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst“ (Joh 21,18). Der Sinn der Worte Jesu ist zwar klar, doch der Evangelist fügt kommentierend an: „Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen werde“ (Joh 21,19). Erst nach dieser Versicherung, dass Petrus den Herrn liebt und bereit ist, sein Leben wirklich für Ihn hinzugeben, weist Jesus ihn mit dem einfachen, jedoch klaren Wort an, wahrhaft sein Jünger zu werden, indem er spricht: „Folge mir nach!“ (Joh 21,19). Petrus wird dem Meister bis hin zum Martertod folgen, doch durch diesen wird Gottvater ihn verherrlichen, wie er den Herrn Jesus verherrlicht hat, und ihm das ewige Leben schenken.
In der ersten Lesung aus der Apostelgeschichte wird das Wirken des heiligen Petrus und der anderen Apostel beschrieben. Ohne Furcht und mit Mut widersetzt sich Petrus der Anweisung des Hohen Priesters: „in diesem Namen (Jesu) zu lehren“ (Apg 5,29). Vielmehr verkündet er vor dem Hohen Rat den Kern des Kerygmas: „Der Gott unserer Väter hat Jesus auferweckt, den ihr ans Holz gehängt und ermordet habt. Ihn hat Gott als Anführer und Retter an seine rechte Seite erhoben, um Israel die Umkehr und Vergebung der Sünden zu schenken. Zeugen dieser Ereignisse sind wir und der Heilige Geist, den Gott allen verliehen hat, die ihm gehorchen“ (Apg 5,30-32).
Liebe Schwestern und Brüder, das heutige Evangelium ist sehr lehrreich für uns und für die Kirche. Es erinnert uns, dass Simon Petrus, der Fels, auf den Jesus Christus seine Kirche gegründet hat (vgl. Mt 16,16), nicht perfekt war und schwer gesündigt hatte, als er den Meister verriet. Denn die drei Fragen Jesu an Simon Petrus spiegeln dessen dreifachen Verrat (vgl. Joh 18, 15,27). Zugleich geben diese Fragen dem Petrus Gelegenheit, zu bereuen und seine Liebe zum Herrn Jesus zu zeigen. Eine ähnliche Botschaft des Herrn Jesus an Petrus ist uns im Lukasevangelium überliefert: „Simon, Simon, siehe, der Satan hat verlangt, dass er euch wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt. Und wenn du wieder umgekehrt bist, dann stärke deine Brüder“ (Lk 22,31-32). Es ist wichtig zu unterstreichen, dass die Verantwortung, die Jesus Christus dem Petrus, wie auch dessen Nachfolgern anvertraut hat, nämlich seine Schafe und Lämmer zu weiden (vgl. Joh 21,15,16.17), also die Verantwortung für die Gläubigen, auf der Liebe des Petrus und der Päpste, die diese zum Herrn haben, gegründet ist. Mit ihrem Leben und Wirken sollen sie stets bereit sein zu versichern: „Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebe“ (Joh 21,17). Diese Liebe wird sodann von einem lebendigen Glauben begleitet, dank dessen die Nachfolger des heiligen Apostels Petrus öffentlich das Ostergeheimnis verkündigen können. Dies ist zusammengefasst im Bekenntnis des Petrus: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt 16,16).
Auf die Fürsprache der seligen Jungfrau Maria, der Königin des Himmels, beten wir inständig, dass der neue Bischof von Rom mit einem lebendigen Glauben und einer starken Liebe zu Gott und zum Nächsten zum Wohl der Kirche und der ganzen Welt gesegnet ist. Amen.