Grußwort von Nuntius Eterovic an die Hörer von Radio Horeb
Berlin, 11. März 2021
Donnerstag der dritten Fastenwoche
Liebe Hörerinnen und Hörer von Radio Horeb,
„Jedes Reich, das in sich gespalten ist, wird veröden, und ein Haus ums andere stürzt ein“ (Lk 11,17). Das Wort Gottes am heutigen Tag lässt uns auf den Herrn Jesus hören, der weiß, was Menschen denken, wie sie den Verführungen in der Welt ausgesetzt sind, nicht glauben können oder wollen und umso mehr Zeichen verlangen. Der Herr tut etwas Gutes, als er den stummen Dämon aus einem Menschen vertreibt, doch die Leute fangen an, darüber zu phantasieren, er treibe mit Beelzebul die Dämonen aus (vgl. Lk 11,15), er verjage also den bösen Geist mit Hilfe des Teufels. Das aber ist unlogisch, denn weder kann man Gutes mit Hilfe des Bösen schaffen, also einen Menschen heilen, noch ist es möglich, zu einem Kranken sein liebevolles Ja zu sagen mit einem Geist, der stets verneint. Und so ist das Böse trefflich von Johann Wolfgang von Goethe beschrieben, wenn er den Mephisto zu Faust sagen lässt:
„Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht;
Drum besser wär's, daß nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz das Böse nennt,
Mein eigentliches Element“ (Faust Teil 1).
Wenn Jesus vom in sich gespaltenen Reich spricht, so ist diese zerstörerische Kraft gemeint, die wie ein Riss durch jeden Menschen geht, jede Gesellschaft und die ganze Welt. Im Gegensatz dazu ist das Reich Gottes das treue Ja Gottes zu Welt und Mensch, das in Jesus Christus sein Zentrum hat. Der Eingeborene Sohn des Vaters ist Zeuge des göttlichen Vaters. Und sein Zeugnis ist der Gehorsam bis in sein Leiden und zum Tod am Kreuz. Im Gehorsam wird die Einheit von Vater und Sohn im Heiligen Geist zum Dreh- und Angelpunkt des Erlösungswerkes und zum sichtbaren Ausdruck des Reiches Gottes. Der Gehorsam Jesu ist eine Haltung und zugleich sein heilsamer Wille. Beides ist zu beachten. Er verhält sich zum Vater gehorsam, weil er es will – als Mensch und als Gott.
Jede böse Tat, jede Sünde ist eine Folge von Ungehorsam, wenn wir etwas wollen, was dem Willen Gottes nicht entspricht, wie er es uns in den Zehn Geboten oder durch seinen Sohn Jesus Christus mitgeteilt hat. Wir sind nicht selten gespalten, wie es auch der Heilige Paulus bezeugt: „Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will, das vollbringe ich“ (Röm 7,19). An den Balken des Kreuzes hat Jesus Wollen und Vollbringen vereint, seinen Willen zum Gehorsam und das Vollbringen des göttlichen Willens.
In dieser österlichen Bußzeit sind wir dazu aufgefordert, uns mit Gott und dem Nächsten zu versöhnen und die Spaltungen in uns und untereinander heilen zu lassen. In der Beichte geschieht, was im heutigen Evangelium als Wunder geschieht: Jesus treibt den stummen Dämon aus und der geheilte Mensch konnte sprechen. Oder anders: indem wir unsere Sünden bekennen und die Lossprechung hören und annehmen, können wir mit neuer Kraft und in der Erneuerung der Gnade lebendige Zeugen des Glaubens in dieser Welt sein, in der Familie, am Arbeitsplatz, in Schule und Studium, wo immer wir leben und wirken.
Mit Ihnen bete ich, dass diese schwierige Zeit, die wir vielfältig erleben, uns nicht dazu führe, in die Spaltungen zu geraten, in die vielen Formen der Unversöhnlichkeit. Das gilt für die Kirche, das gilt für die Familien und Gemeinschaften, das gilt für jeden von uns. Mit dem Heiligen Paulus wollen wir hoffnungsfroh bleiben und sagen: Nichts „kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn“ (Röm 8,39).
Möge die selige Jungfrau Maria, die Mutter der Kirche, für uns eintreten, damit der gute und barmherzige Gott unsere Herzen verwandle, die Sünden vergebe und jeden von uns zu Zeugen seiner Auferstehung mache. Amen.