Predigt von Nuntius Eterovic am 6. Ostersonntag
Berlin, 26. Mai 2019
(Apg 15.1-2.22-29; Ps 67; Offb 21,10-14.22-23; Joh 14,23-29)
6. Ostersonntag – LJ C
„Der Beistand aber … wird euch alles lehren“ (Joh 14,26).
Liebe Schwestern und Brüder!
Die Schriftlesungen an diesem 6. Ostersonntag setzen die Beschreibung des Reichtums fort, den das Geheimnis der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus birgt. Wir stehen vor dem Fest der Himmelfahrt und der Herrentag, den wir feiern, bereitet uns auf das Hochfest von Pfingsten vor. Daher lade ich Euch ein, bei einigen Versen zu verweilen, die sich direkt auf den Heiligen Geist beziehen, die Gabe, die der auferstandene Herr in Fülle auf seine Jünger sendet (vgl. Joh 3,34).
Im heutigen Evangelium wird der Geist als Tröster vorgestellt (I), während Er in der Apostelgeschichte als Hauptfigur des Konzils in Jerusalem beschrieben wird (II).
1. Der Heilige Geist, der Tröster.
Vor seiner Passion hat Jesus seine Jünger getröstet. Er wollte sie auf die schwere Probe vorbereiten, die in seiner Erniedrigung bis zum Tod hin besteht. Daher ermahnt der die Seinen: „Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht“ (Joh 14,27). Er verheißt seinen Weggang, den Tod, aber auch seine Wiederkunft: „Ich gehe fort und komme wieder zu euch“ (Joh 14,28). Trotz der leiblichen Trennung bleibt Jesus durch den Glauben und in der Liebe bei ihnen. Mit Bezug auf den Glauben sagt er: „Jetzt schon habe ich es euch gesagt, bevor es geschieht, damit ihr, wenn es geschieht, zum Glauben kommt“ (Joh 14,29). Wenn es um die Liebe geht, sind seine Worte aufschlussreich: „Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen“ (Joh 14,23). Durch die Liebe wohnt der dreieine Gott im Herzen des Glaubenden.
Jesus ist sich bewußt, daß seine Worte nicht leicht zu verstehen sind. Es ist ein zu großes Geheimnis, als daß es allein mit der Kraft menschlicher Vernunft zu begreifen wäre. Deshalb verheißt er eine besondere Hilfe, nämlich die Unterstützung durch den Heiligen Geist. Hören wir nochmals auf seine Verheißung. Nachdem Jesus gesagt hat: „Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin“ (Joh 14,25), fährt er fort: „Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe“ (Joh 14,26). Die Worte des Herrn sind sehr wichtig. Er verspricht, seine Jünger nicht alleine zu lassen. Der Heilige Geist, der Tröster, wird nach seiner Himmelfahrt über sie kommen und in ihren Herzen Wohnung nehmen. Er wird in ihnen als innerer Meister wirken und sie stets ermutigen und trösten. Der Geist ist eins mit Gottvater und dem Menschen und Gott Jesus Christus. Er wird vom Vater gesandt, aber im Namen Jesu verherrlicht. Daher wird der Heilige Geist, der mit Jesus Christus eins ist, eine doppelte Funktion haben: Er wird an alles erinnern, was Jesus seine Jünger gelehrt hat. Sie waren nicht imstande, den wahren Sinn seiner Worte zu erfassen, die sich ihrer Vernunft erst in der Kraft des Heiligen Geistes erschließen. Darüber hinaus wird der Heilige Geist sie in alles einführen und lehren. An anderer Stelle sagt Jesus über die Rolle des Heiligen Geistes: „Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird reden, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird“ (Joh 16,13).
Danken wir Gott für die Gabe des Heiligen Geistes, der uns in das Geheimnis der Allerheiligsten Dreifaltigkeit einführt und uns immer besser den unermesslichen Reichtum Jesu Christi verstehen lässt. Dank des Wirkens des Heiligen Geistes entdeckt die Kirche im Laufe ihres irdischen Pilgerweges immer tiefer die vom Herrn Jesus geoffenbarte Wahrheit. Sie schreitet in der Einsicht dessen fort, was der Herr gesagt und getan hat, und was die Kirche in Treue zu seiner Lehre jeder Kreatur auf der ganzen Erde zu verkünden hat (vgl. Mk 16,15).
2. Der Heilige Geist beim Apostelkonzil von Jerusalem.
Der Heilige Geist ist der Dreh- und Angelpunkt beim Konzil von Jerusalem. Die Apostel hatten diese Versammlung einberufen, um eine sehr bedeutsame Frage zu behandeln, welche die Gemeinschaft der ersten Christen zu spalten drohte. Einige von ihnen, die der jüdischen Welt entstammten, wollten vorschreiben, daß die Christen vor dem Empfang der Taufe und bevor sie Jünger Jesu Christi werden konnten beschnitten wurden. Paulus und Barnabas waren entschieden gegen diese Position. Das hätte nämlich bedeutet, daß die Heiden hätten Juden werden müssen, bevor sie Christen werden konnten. Die Folgen eines solchen Vorgehens wären negativ gewesen. Es hätte nämlich bedeutet, daß nur die Menschen aus dem jüdischen Kulturkreis Christen werden konnten. Eine Vielzahl von Kulturen anderer Völker wäre verloren gegangen, die durch den christlichen Glauben gereinigt und erhoben wurden und welche die Katholische Kirche mit ihren Beiträgen bereichert haben. Die Apostel waren sich der Entscheidungsmacht des Geistes in ihren Überlegungen und einmütigen Entscheidungen bewußt, was die gewählte Formulierung zeigt: „Denn der Heilige Geist und wir haben beschlossen, euch keine weitere Last aufzuerlegen als diese notwendigen Dinge: Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktes und Unzucht zu meiden“ (Apg 15,28-29). Es handelt sich um einige disziplinarische Normen, um einen Kompromiss, der getroffen wurde, um das Zusammenleben von Christen aus dem Heidentum und denen des Judentums zu erleichtern. Mit Unzucht scheinen die ehelichen Gemeinschaften gemeint zu sein, die nach dem mosaischen Gesetz als ungültig gelten. Auf diese Weise haben die Konzilsbeschlüsse unter der Führung des Heiligen Geistes erlaubt, den Frieden im Schoß der kirchlichen Gemeinschaft zu bewahren, jenen Frieden, den der auferstandene Herr den Seinen verheißen hat: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht, wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch“ (Joh 14,27).
Der Heilige Geist begleitet die Kirche immer, vor allem in den besonderen Momenten wie denen der Ökumenischen Konzile. Öffnen wir uns daher seiner Gnade, damit er auch uns, unsere Gemeinschaft und die ganze Kirche auf dem Heilsweg führt, der uns zum Vater bringt und von Seinem Eingeborenen Sohn Jesus Christus geoffenbart worden ist.
Möge die Gottesmutter Maria, die selige Jungfrau voll der Gnade, Fürsprache halten, damit sich dieser Plan des dreieinen Gottes in unserer Welt verwirklicht, die es so nötig hat, die Wahrheit in der Liebe Jesu Christi zu kennen, zu unserem Wohl und das aller Menschen, die der Herr liebt (vgl. Lk 1,14). Amen.