Predigt von Nuntius Eterovic am 6. Sonntag im Jahreskreis

Apostolische Nuntiatur, 14. Februar 2021

(Lev 13,1-2.45-46; Ps 32; 1 Kor 10,31-11,1; Mk 1,40-46)

„Ich will - werde rein!“ (Mk 1,41)

Liebe Schwestern und Brüder,

Mit diesen Worten hat Jesus den Leprakranken geheilt. Lepra war eine der gefürchtetsten Krankheiten, wie wir in der ersten Lesung gehört haben (I). Der Herr Jesus aber vermag den Leprakranken zu heilen und dadurch in die Gemeinschaft zurückzuholen (II). Im Auftrag Jesu und in der Kraft des Heiligen Geistes setzt die Kirche diese Heilung fort, vor allem bei der geistlichen Lepra, der Sünde (III). Öffnen wir unsere Herzen für die Gnade des Heiligen Geistes, damit er unsere Überlegungen hin zum eben verkündeten Wort Gottes leite.

1. „Unrein! Unrein!“ (Lev 13,45).

Diese Worte beeindrucken auch uns, wenn wir sie im Buch Levitikus lesen. In den Kapiteln 13 und 14 werden die Verhaltensweisen gegenüber denen, die an Lepra erkranken, überliefert. Lepra bezeichnet verschiedene Erkrankungen der Haut und wird aus religiöser Sicht betrachtet, um die Gemeinschaft vor Ansteckung zu schützen. Die den Körper befallende Lepra zog daher die Trennung der kranken Person von der Gemeinschaft nach sich, denn der Kranke musste alleine leben und sich „außerhalb des Lagers aufhalten“ (Lev 13,46) und mit dem Ruf „Unrein!“ die anderen warnen, nicht in seine Nähe zu kommen.

Liebe Brüder und Schwestern, dies ist eine Gelegenheit, daran zu erinnern, dass es auch heute noch in 143 Ländern weltweit die Leprakrankheit gibt, obwohl die meisten Fälle in zwölf Ländern Afrikas und Asiens registriert werden. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation gibt es jedes Jahr 250.000 neue Fälle von Lepraerkrankungen. Hauptursachen hierfür sind Armut und das Fehlen von Gesundheitsversorgung, mangelnde Hygiene und schlechte Infrastruktur. Entgegen der landläufigen Meinung ist es keine sehr ansteckende Krankheit, die über die Atemwege übertragen wird. Heute ist Lepra dank der Entwicklung in der Medizin heilbar. Schon seit Jahrzehnten ist die Katholische Kirche in der Behandlung der kranken Brüder und Schwestern nicht zuletzt durch weltweit 610 eigene Leprakrankenhäuser führend. Von den Heiligen, die ihr Leben der Pflege von Aussätzigen gewidmet haben, sind Pater Damian de Veuster als Apostel der Aussätzigen bekannt, aber auch die Heilige Marianne Cope, die sich 35 Jahre lang mit ihren Mitschwestern auf der Insel Molokai für die Kranken aufgeopfert hat.

2. „Ich will - werde rein!“ (Mk 1,41)

Wenn wir uns die strengen Vorschriften im Buch Levitikus bewusst machen, können wir das Verhalten Jesu gegenüber dem Leprakranken besser einschätzen, der sich ihm näherte und ihn anflehte: „Wenn du willst, kannst du mich rein machen“ (Mk 1,40). Jesus reagiert sofort. Er „hatte Mitleid mit ihm; er streckte die Hand aus, berührte ihn und sagte: Ich will - werde rein!“ (Mk 1,41). Jesus hatte Mitleid mit den Hilfsbedürftigen, was sich auch bei diesem Leprakranken zeigte, indem er furchtlos gegen die alttestamentlichen Vorschriften verstieß. Denn jeder, der einen Aussätzigen, der unrein war, berührte, wurde selbst unrein. Mit Jesus Christus wird dieses Verhältnis umgekehrt: Der Aussätzige infiziert Jesus nicht, sondern der Herr heilt den Leprakranken. Jesus kannte die Vorschriften und Gesetze gut und forderte den Geheilten daher auf, sich dem Priester zu zeigen, der seine Heilung bestätigen und das vorgeschriebene Reinigungsopfer festlegen musste. Außerdem gebot ihm Jesus, die Nachricht seiner Heilung nicht zu verbreiten, denn er wollte nicht als Wunderheiler gelten, was nur einige falsche Vorstellungen über den Messias, die es bei den Leuten gab, stärken würde. Doch der Geheilte war so glücklich, dass er genau das Gegenteil tat und seine Heilung überall verkündete. Hierdurch wurde die Mission Jesu erschwert, „sodass sich Jesus in keiner Stadt mehr zeigen konnte; er hielt sich nur noch an einsamen Orten auf. Dennoch kamen die Leute von überallher zu ihm“ (Mk 1,45).

3. „Tut alles zur Verherrlichung Gottes“ (1 Kor 10,31).

Zu diesem Verhalten fordert der Heilige Paulus die Christen in jedem Augenblick ihres Lebens auf. Mehr noch, er ermahnt sie, seinem Beispiel zu folgen, wie er jenem des Herrn Jesus gefolgt ist: „Nehmt mich zum Vorbild, wie ich Christus zum Vorbild nehme“ (1 Kor 11,1).

Die Kirche kümmert sich auch weiterhin nach dem Vorbild Jesu um die Leprakranken. Das weist außerdem darauf hin, dass die Lepra auch ein Symbol für andere Krankheiten ist, die nicht nur den Körper, sondern auch den Geist befallen. In unserer Zeit hat Covid19 ähnliche Eigenschaften. Das Virus greift den Körper an, der bei einem schweren Verlauf, nicht nur durch Medikamente, sondern auch durch Beatmungsgeräte unterstützt werden muss, wenn die Lunge angegriffen ist und der Kranke nicht mehr frei atmen kann. Neben den körperlichen Leiden verursacht die Krankheit auch geistliche Nöte, vor allem durch die Isolation von anderen Menschen, sogar von den engsten Angehörigen. Die Distanzierung wird zur Norm, um Ansteckungen zu vermeiden. Den Schwerkranken in den Krankenhäusern wird die Einsamkeit zur zusätzlichen Last. Sie bleiben in den schwierigsten Augenblicken ihres Lebens ohne den Trost ihrer Lieben, der Familie und Freunde. In vielen Fällen gleichen Ärzte und Pflegepersonal diesen Mangel aus. Wir dürfen auch die Priester und die Frauen und Männer in der Krankenhausseelsorge nicht vergessen, die versuchen, diesen Menschen nahe zu bleiben und sie beim Übergang von diesem zum ewigen Leben zu begleiten, wo wir für immer mit dem Herrn Jesus sein werden. Er ist uns immer nahe, wenn wir ihn im Gebet anrufen. Auch den Todkranken bleibt er nahe und heißt sie in Seinem Reich des Lichtes, des Friedens und des Lebens willkommen.

Lepra ist auch ein Symbol für die Sünde. In diesem Sinn müssen wir alle erkennen, dass wir Sünder sind und von der geistlichen Lepra geheilt werden müssen. Auch bei dieser Heilung ist Jesus Christus gegenwärtig und handelt. So vergibt beispielsweise der Priester im Sakrament der Versöhnung im Namen des Herrn Jesus die Sünden des reuigen Büßers, wenn er die Absolutionsformel spricht: „Ich spreche dich los von deinen Sünden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Eine solche geistliche Heilung hat auch erhebliche Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit. Nicht zuletzt aus diesem Grund sollten wir das Bußsakrament nicht unterschätzen, was leider heute oft geschieht. Allen, die ihn bitten: „Wenn du willst, kannst du mich rein machen“ (Mk 1,40), ist der Herr Jesus auch heute bereit, die Worte des Lebens im Beichtstuhl zu sagen: „Ich will – werde rein!“ (Mk 1,41).

Liebe Brüder und Schwestern, lasst uns vertrauensvoll unseren Zustand als sündige Menschen anerkennen, und bitten wir den Herrn Jesus um Heilung, denn er vermag als einziger auch uns zu versichern: „Hab Vertrauen, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben“ (Mt 9,2). Wenn uns vergeben ist, das heißt, wenn wir geistlich geheilt sind, können wir bereitwilliger unseren Beitrag zur Versorgung anderer Kranker leisten, die unter Lepra oder dem Corona-Virus leiden, und vor allem zu ihrer sozialen und kirchlichen Eingliederung beitragen.

Diese christliche Berufung aller Getauften vertrauen wir der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, der Mutter der Kirche und Heil der Kranken. Sie möge vom allmächtigen Gott das Heil für Leib und Seele erflehen, damit auch wir dem Nächsten dienen können und alles zur Verherrlichung Gottes tun. Amen.

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