Predigt von Nuntius Eterovic am 7. Ostersonntag

Apostolische Nuntiatur, 12. Mai 2024

(Apg 1,15-17.20ac-26; Ps 103; 1 Joh 4,11-16; Joh 17,11b-19)

„Dass sie eins seien wie wir“ (Joh 17,11).

Liebe Schwestern und Brüder!

An diesem siebten Ostersonntag, der zwischen dem Hochfest von Christi Himmelfahrt und dem Kommen des Heiligen Geistes an Pfingsten liegt, ermuntert uns das Wort Gottes, sich mit dem Gebet des Herrn Jesus um die Einheit seiner Jünger, das heißt der Christenheit zu vereinen. Öffnen wir uns der Gnade des Heiligen Geistes, damit wir die Lehre Jesu Christi nicht nur gut verstehen, sondern sie in die Praxis umsetzen, damit wir uns bei der Mühe um die Einheit der Kirche überzeugend hervortun.

„Dass sie eins seien wie wir“ (Joh 17,11).

Vor dem letzten Abendmahl und vor dem Ostergeheimnis seines Leidens und Sterbens und seiner Auferstehung, hat sich der Herr Jesus im sogenannten Hohepriesterlichen Gebet an Gott seinen Vater gewandt. Ein wichtiges Thema dabei zielt auf die Einheit seiner Jünger. Die einfachen von Jesus an Gottvater gerichteten Worte sind inhaltsschwer: „Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, dass sie eins seien wie wir“ (Joh 17,11). Solange der Herr in ihrer Mitte war, garantierte Er ihre Einheit, denn „ich erhielt sie in deinem Namen, den du mir gegeben hat, und ich habe sie bewahrt“ (Joh 17,12). Jetzt, wo seine Stunde und damit das Drama des Todes gekommen war, um ihn endgültig zu besiegen, muss er sich von seinen Jüngern trennen. Daher vertraut er sie dem Vater an, dem die Jünger Jesu ja schon gehörten. Durch ihren Meister haben sie gelernt, Gott „Abba“, Vater zu nennen. Es genügt, an das Gebet schlechthin zu erinnern: „Unser Vater im Himmel“ (Mt 6,9-13). Jesus, der eingeborene Sohn des Vaters hat den Jüngern das Wort geoffenbart, das er von Seinem Vater bekommen hat: „Ich habe ihnen dein Wort gegeben“ (Joh 17,14). Und er versichert den Seinen: „Alles, was ich von meinem Vater gehört habe, habe ich euch kundgetan“ (Joh 15,15). Wir können in den Worten Jesu zwei Aspekte unterscheiden, die mit dem von ihm gewollten und geförderten Ideal der Einheit zusammenhängen. Der erste ist die Freude, eins mit Gottvater zu sein, der die Quelle der wahren Freude ist: „Nun aber komme ich zu dir, und dies rede ich in der Welt, auf dass meine Freude in ihnen vollkommen sei“ (Joh 17,13). Der zweite Aspekt beschreibt die Schwierigkeiten der Jünger, denen sie in der Welt ausgesetzt sein werden, die Jesus selbst gegenüber feindlich war und es nunmehr auch zu seinen Jüngern sein wird. Die Feindschaft ergibt sich schon aus der Lehre Jesu und seines Evangeliums, das im Widerspruch zu den Werten der Welt im negativen Sinn steht. „Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hasst sie; denn sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin“ (Joh 17,14). Jesus weiß, dass seine Jünger weiterhin in der Welt leben müssen und in dieser ihre irdische Pilgerschaft zu bestehen haben, bevor sie den Himmel und das ewige Leben erreichen, weswegen er den Vater bittet: „Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen“ (Joh 17,15). Doch dies allein genügt nicht. Jesus bittet den Vater, er möge seine Jünger salben und vor allem in der Wahrheit heiligen (vgl. Joh 17,17). Diese Wahrheit ist die Offenbarung des Vaters, das Wort Gottes, das Jesus offenbart hat. Der Jünger Jesu also ist geheiligt und gesalbt, das Evangelium anzunehmen und Zeuge dessen dort zu werden, wo er lebt und arbeitet. Diese Wendung lässt uns an eine Aussage Jesu über den Geist als Geist der Wahrheit denken (vgl. Joh 16,13), der die Christen mit der Kraft der Heiligkeit salbt. Der Herr Jesus wurde in seinem Opfertod geheiligt. Im hohepriesterlichen Gebet sagt er: „Ich heilige mich selbst für sie, auf dass auch sie geheiligt seien in der Wahrheit“ (Joh 17,19). Im Alten Testament wurde das Opfer dargebracht und Gott geweiht, um die Vergebung der Sünden zu erlangen und in Gemeinschaft mit Ihm zu sein. In diesem Sinne zeigt sich Jesus als der gute Hirte, der sein Leben für seine Schafe hingibt (vgl. Joh 10,17-18). Wir Christen, die wir Christi Jünger sind, sind geheiligt im Wort Gottes und im Heiligen Geist.

Das Gebet der Einheit.

Liebe Schwestern und Brüder, auch wir vereinen uns mit dem Gebet Jesu Christi für die Einheit aller seiner Jünger. Leider sind die Christen zweitausend Jahre nach seiner Auferstehung und seinem Sieg über Sünde und Tod in verschiedene Kirchen und kirchliche Gemeinschaften zertrennt. Daher behält die ökumenische Bewegung, deren Wichtigkeit die Katholische Kirche mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wiederentdeckt hat, ihre Dringlichkeit und ihren unschätzbaren Wert. Die Einheit der Christen ist vor allem in unserer säkularisierten Welt von höchster Bedeutung. Sie beginnt mit einem ökumenischen Geist und dem Gebet für alle Christen, die sich mit dem Gebet des Herrn Jesus vereinen und vom Vater erflehen, „dass alle eins seien“ (Joh 17,11).

Die katholische Einheit.

Um vor anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften glaubhaft sein zu können, muss die Katholische Kirche ihre innere Einheit stärken. Die erste Lesung aus der Apostelgeschichte beschreibt die Wahl zum Ersatz von Judas Iskariot, der Jesus verraten hatte. Wie wir gehört haben, führt Petrus das Wort und bereitet die Wahl des Apostels Matthias vor. Denn er gibt unter anderem ein entscheidendes Kriterium zur Wahl an: „So muss nun einer von den Männern, die bei uns gewesen sind die ganze Zeit über, als der Herr Jesus unter uns ein und aus gegangen ist – seit seiner Taufe durch Johannes bis zu dem Tag, an dem er von uns genommen wurde –, mit uns Zeuge seiner Auferstehung werden“ (Apg 1,21-22).

Der Bischof von Rom im Dienst an der Einheit.

Auch in unseren Tagen hat Papst Franziskus als Nachfolger des heiligen Petrus eine wichtige Mission bei der Einheit der Kirche. Als Bischof von Rom und Hirte der Universalkirche ist er das Symbol und der Garant für die Einheit der Katholischen Kirche. Darüber hinaus setzt er sich sehr für die Förderung der Einheit aller Christen in den Kirchen und Gemeinschaften weltweit ein.

Das Fundament der christlichen Einheit.

Dank der göttlichen Gnade gibt es schon starke Bande der Einheit unter den Christen. Das Fundament ist die gültige Taufe im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Alle Christen verehren das Wort Gottes und lesen die Bibel. Alle Christen sind aufgefordert, das große Gebot der Liebe zu Gott und dem Nächsten zu leben (vgl. Mt 22,37-39). Die Liebe ist somit der Weg zur vollen Einheit, wohin der ökumenische Weg unterwegs ist. Hierzu mahnt uns der heilige Johannes: „Ihr Lieben, hat uns Gott so geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben. Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen“ (1 Joh 4,11-12). Durch die Liebe führt uns der Heilige Geist, der den ökumenischen Weg lenkt, in die volle Wahrheit (vgl. Joh 16,13). „Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns, dass er uns von seinem Geist gegeben hat“ (1 Joh 4,13). Der Schlüssel, der uns die Tür zu dieser Wahrheit zu öffnen vermag, ist der Glaube an Jesus Christus, den Menschen und Gott, der uns das Geheimnis des dreieinen Gottes bringt. Mit der Gnade des Heiligen Geistes machen sich alle Christen die Glaubensaussage des heiligen Johannes zu eigen: „Und wir haben gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als Heiland der Welt. Wer nun bekennt, dass Jesus Gottes Sohn ist, in dem bleibt Gott und er in Gott“ (1 Joh 1,14-15).

Auf die Fürsprache der seligen Jungfrau Maria, der Rosenkranzkönigin, bitten wir um die Gabe des Heiligen Geistes, um den ökumenischen Weg zur vollen und sichtbaren Einheit aller Christen fortzusetzen, indem wir unsere Gebete vereinen mit dem Gebet Jesu Christi im Heiligen Geist zur Ehre Gottes des Vaters. Amen.

 

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