Predigt von Nuntius Eterovic im Pontifikalamt zur Erhebung der Klosterkirche von Wechselburg zur Basilika minor
Berlin, 12. November 2018
(Jes 56,1-6-7; Ps 84; Eph 2,19-22; Lk 19,1-10)
„Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus bleiben.“ (Lk 19,5).
Exzellenz,
verehrte Benediktinermönche,
Mitbrüder im priesterlichen und diakonischen Dienst,
liebe Schwestern und Brüder!
Bei dieser festlichen Eucharistiefeier, wo wir an die Weihe der Stiftskirche von Wechselburg dankbar erinnern und diese Pfarr- und Klosterkirche Heilig Kreuz öffentlich zur Basilika minor erhoben wird, wendet sich der Herr Jesus an uns alle: „Komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus bleiben“ (Lk 19,5). Jesus Christus hat uns nämlich aus verschiedenen Teilen Deutschlands an diesem heiligen Ort versammelt, um mit uns zu sein, uns zu lehren, zur Umkehr aufzurufen und ihm auf dem Weg der Heiligkeit zu folgen. Jesus von Nazareth lädt dabei in besonderer Weise den Hochwürdigen Vater Abt Barnabas Bögle OSB und die Benediktinermönche unter Pater Prior Maurus Kraß OSB ein, die 1993 von der ehrwürdigen Abtei Ettal aus das Kloster von Wechselburg als Priorat neu belebten und mit ihrem Charisma von ora et labora auch die Verantwortung für die Seelsorge der ihnen anvertrauten Gläubigen übernommen haben. Der Herr ruft die Gläubigen der Diözese Dresden-Meißen unter der Führung ihres Bischofs, Seiner Exzellenz Mons. Heinrich Timmerevers zusammen. Und über den Oberhirten dieses Bistums hat der Heiland auch den Apostolischen Nuntius in der Bundesrepublik Deutschland eingeladen. Gerne habe ich diese Einladung angenommen, die mir erlaubt, Euch allen die herzlichen Grüße des Heiligen Vaters Franziskus, des Bischofs von Rom und Hirten der Universalkirche, zu übermitteln. Indem wir aufmerksam auf die Eingebung des Heiligen Geistes sind, hören wir auf das, was der Herr uns in diesem heiligen Haus vermitteln will. Mit Bezug auf das Wort Gottes, das verkündet worden ist, möchte ich kurz bei der Bedeutung verweilen, was die Kirche als Gemeinschaft und als Gebäude ist (I) und bei dem, was Basilika minor bedeutet (II) und will Euch den universalen Ruf zur Heiligkeit erneut ans Herz legen (III).
1. Die Gläubigen sind die Wohnung Gottes im Heiligen Geist.
Der heute gehörte Abschnitt aus dem Epheserbrief ist kurz, aber reich an Inhalt. Er bezieht sich auf die Natur der von Jesus Christus gewollten Kirche. Er ist ihr Haupt, ihr unsichtbares Fundament, jedoch wirklich, denn auf ihm ist der ganze Bau errichtet. Jesus Christus hat aus Juden und Heiden ein einziges Volk gemacht. „Denn er ist unser Friede. Er vereinigte die beiden Teile und riss die trennende Wand der Feindschaft in seinem Fleisch nieder“ (Eph 2,14). Daher sind im Herrn Jesus auch die Heiden „Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“ (Eph 2,19). Sie sind „auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut; der Eckstein ist Christus Jesus selbst“ (Eph 2,20). Der Aufbau der Kirche ist gut geordnet. Auf den Eckstein, der Christus ist, gründet sich das Fundament der Apostel und Propheten, worauf sich sodann alle Gläubigen stützen. Die Stabilität und Festigkeit des Aufbaus von Kirche kommt von dem gestorbenen und auferstandenen Christus, der inmitten seiner Jünger ist. Daher schreibt der Völkerapostel: „In ihm (in Christus) wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn“ (Eph 2,21). Er hat jeden Gläubigen verwandelt, damit er ein lebendiger Stein im Aufbau der Kirche wird: „Durch ihn werdet auch ihr zu einer Wohnung Gottes im Geist miterbaut“ (Eph 2,22). Auch der Heilige Petrus gebraucht eine ähnliche Sprache, die es uns erlaubt, die Beziehung zwischen Christus, dem lebendigen Stein, und uns, den lebendigen Steinen der Kirche, gut zu verstehen: „Kommt zu ihm, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist! Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen“ (1 Petr 2,4-5). Aus beiden Quellen können wir ableiten, daß die Kirche in erster Linie eine geistliche Wirklichkeit ist, eine durch Christus gerufene Gemeinschaft. Erst ab dem 3. Jahrhundert beginnt man, mit dem Begriff von Kirche auch die Gebäude zu bezeichnen, in denen sich die kirchliche Gemeinschaft zum Gebet und liturgischen Feier, vor allem der Eucharistie, versammelt.
2. Die Basilika minor.
Der Heilige Paulus hat aufgezeigt, daß die Christen „auf dem Fundament der Apostel und Propheten“ (Eph 2,20) auferbaut sind. Dieser Ausdruck hat eine weite Bedeutung und umfaßt alle Apostel und Propheten. Auf besondere Weise können wir dies aber auch auf den Heiligen Petrus, den Bischof von Rom und ersten Papst, anwenden und sodann auf seine Nachfolger. Denn tatsächlich bewahrt der Bischofssitz von Rom in erster Linie das Erbe des Apostels Petrus, dem der Herr die Leitung der Kirche anvertraut hat. „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen“ (Mt 16,18). Zu dieser wesentlichen Mission gesellt sich jene des Heiligen Paulus, der in Rom starb und dessen prophetisches und missionarisches Erbe von der Kirche von Rom bewahrt wird. Beide Apostel haben in Rom etwa in den Jahren 64-67 das Martyrium erlitten.
Die Zeremonie der Erhebung dieser schönen und geschichtlich bedeutsamen Kirche des Heiligen Kreuzes, die im spätromanischen Stil erbaut wurde, verbindet uns mit dem 265. Nachfolger des Heiligen Petrus, mit dem Heiligen Vater Franziskus. Allein er hat die Vollmacht, durch ein apostolisches Breve – eine päpstliche Anordnung eine Kirche zur Basilika minor zu erklären. Der Heilige Vater tut dies auf Antrag des Diözesanbischofs, um Kirchen, die eine wichtige Rolle spielen, auch in einer Region, auszuzeichnen. Dabei ist nicht allein die architektonische Schönheit oder geschichtliche Bedeutung ausschlaggebend, sondern vielmehr, daß sie lebendige Zentren des katholischen Glaubens sind, was sich in den vielfältigen pastoralen Aktivitäten und insbesondere in der Schönheit und Feierlichkeit der Liturgien spiegelt, deren Quelle und Höhepunkt die Eucharistie ist.
Es gibt daher eine besondere Beziehung zwischen einer Basilika minor und der Kirche von Rom. Dies wird durch folgende Symbole zum Ausdruck gebracht: An erster Stelle das Wappen des Papstes, das an sichtbarer Stelle angebracht wird. Daneben findet man in einer Basilika minor das Padiglione, einen gelb-rot gestreiften, kegelförmigen Seidenschirm, der ursprünglich bei Prozessionen mitgeführt wurde, um vor Regen und Sonne zu schützen. Man kann auch das Tintinnabulum gebrauchen, eine kleine Glocke für den Einsatz in der Liturgie. Diese Symbole werden im Lauf dieser Liturgie gesegnet, und wir danken der göttlichen Vorsehung für all das.
3. Der Aufruf zur Heiligkeit.
Im Licht des Gotteswortes, das bei der Erhebung Eurer Kloster- und Pfarrkirche zur Basilika minor verkündet worden ist, können wir folgende Botschaft erfassen, die der Herr Jesus an uns richtet.
- Die Begegnung mit Gott.
Eine Kirche, insbesondere eine Basilika, muss ein bevorzugter Ort der Begegnung des Menschen mit Gott sein. Ihre Architektur, der Altar im Zentrum und der hervorgehobene Ort des Tabernakels, die Schönheit des Gebetes und des Gesangs, die Wichtigkeit einer dem Evangelium treuen Verkündigung, die nahe an den Empfindungen der Menschen ist, das alles ist ausgerichtet, die Begegnung des zeitgenössischen Menschen mit dem dreieinen Gott zu erleichtern. Diese Bestimmung wird in unserer säkularisierten Gesellschaft besonders wichtig, wo es viele Brüder und Schwestern gibt, die sich als religionslos bezeichnen. In diesem Kontext ist die beste Weise, das Evangelium als eine gute Botschaft zu verkünden, das Zeugnis eines in sich stimmigen christlichen Lebens.
- Die Begegnung mit dem Nächsten.
Die Kirche ist ein Gebäude, aber sie ist vor allem eine Gemeinschaft der Gläubigen, der lebendigen Steine, versammelt vom Herrn Jesus. Sie kommen zum Gebet zusammen, zur Feier der heiligen Geheimnisse, die von Werken der Caritas zugunsten der Armen begleitet werden. Im Zentrum der Kirche, der Gemeinschaft und des Gebäudes, findet sich Jesus Christus. Er hört nicht auf, sich bei den vielen mit Namen Zachäus unserer Tage einzuladen, denn er möchte zu ihnen kommen und in ihren Häusern wohnen. Jesus ruft alle Menschen. Die Kirche ist universal, für alle Nationen, alle Sprachen und Völker offen. Wir haben in der ersten Lesung gehört, daß schon der Prophet Jesaja prophezeit hat: „Mein Haus wird ein Haus des Gebetes für alle Völker genannt werden“ (Jes 56,7). In Zeiten von Migration wird diese universale Botschaft immer herausfordernder, woran Papst Franziskus oft erinnert.
- Die Umkehr zu einem heiligen Leben.
Der Völkerapostel unterstreicht, daß die Christen durch den Heiligen Geist auferbaut werden zu einer Wohnung Gottes (vgl. 1 Kor 3,16). Die Bedingung, ein Kind Gottes zu sein (vgl. 1 Joh 3,1), besteht darin, daß die Christen sich engagiert auf den Weg der Heiligkeit machen. Der Herr Jesus fordert uns auf: „Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist“ (Mt 5,48). Zachäus, „der oberste Zollpächter“ (Lk 19,2), ist Jesus begegnet und hat sich bekehrt. Die Hälfte seines Vermögens gab er den Armen. Er öffnete sein Herz für die Gnade Gottes und hat zugelassen, daß das Heil in sein Haus gekommen ist (vgl. Lk 19,9). Kein Sünder braucht vor dem Herrn Angst zu haben, vor seiner Barmherzigkeit, „denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist“ (Lk 19,10). Der auferstandene Herr schenkt uns die Gabe des Heiligen Geistes in Fülle, damit wir die Heiligkeit erlangen können, jene unverzichtbare Mitte des christlichen Lebens.
Liebe Brüder und Schwestern, die Erhebung der Stiftskirche des Heiligen Kreuzes von Wechselburg zur Basilika minor wird zu einem dauerhaften Aufruf zu Eurer christlichen Berufung in der Katholischen Kirche. Gott, der Vater, Sohn und Heilige Geist möge über Eurer kirchlichen Gemeinschaft auf die Fürsprache der seligen Jungfrau Maria, der Mutter der Kirche, und aller Eurer heiligen Schutzpatrone reiche geistliche Früchte ausgießen. Alle Eure Mitglieder mögen authentische Zeugen Jesu Christi werden und eifrige Missionare seines Evangeliums des Heils, indem Ihr Euer Leben der Liebe Gottes und zum Nächsten weiht, vor allem zu den Menschen, die der geistlichen und materiellen Hilfe bedürfen. Amen.